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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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EU-Forscher täuschen Gehirn echte Gliedmaßen vor

In Schweden ist es EU-finanzierten Wissenschaftlern gelungen, Patienten, deren obere Gliedmaße amputiert wurde, ein Gefühl für ihre Handprothese zu geben, indem ihr Gehirn "getäuscht" wird. Diese Ergebnisse stellen einen großen Durchbruch auf dem Gebiet der Neuroprothesen dar,...

In Schweden ist es EU-finanzierten Wissenschaftlern gelungen, Patienten, deren obere Gliedmaße amputiert wurde, ein Gefühl für ihre Handprothese zu geben, indem ihr Gehirn "getäuscht" wird. Diese Ergebnisse stellen einen großen Durchbruch auf dem Gebiet der Neuroprothesen dar, und die Entwicklung einer "intelligenten", berührungsempfindlichen Handprothese rückt nun noch einen Schritt näher. Diese Studie wurde im Fachmagazin Brain veröffentlicht. Die Forschungsarbeiten wurden vom SmartHand-Projekt ("Smart bio-adaptive hand prosthesis") finanziert, das 1,8 Millionen Euro über das Sechste Rahmenprogramm (RP6) der EU und zusätzlich Fördermittel vom Europäischen Forschungsrat erhält. Die SmartHand-Forscher versuchen, die Errungenschaften in der Nanobiowissenschaft, der kognitiven Neurowissenschaft sowie den Informationstechnologien in die Entwicklung einer intelligenten Handprothese, die sämtliche Grundfunktionen einer echten Hand aufweist, einfließen zu lassen. Menschen mit Amputationen verspüren oft nicht nur Phantomschmerzen. Häufig leiden sie auch unter Depressionen, einem verzerrten Selbstbild sowie einer Sozialphobie. Laut SmartHand-Auftrag würde die Herstellung einer funktionsfähigen künstlichen Hand, die als Teil des eigenen Körpers empfunden wird, zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Denn damit könnte der Patient sein positives Selbstbild und sein Vertrauen in die soziale Akzeptanz wiedererlangen. Die Forscher untersuchten 18 Personen, deren Hände bis zum Handgelenk bzw. auch weiter bis zum Ellenbogen amputiert waren und die ihre Prothesen regelmäßig benutzten. Die Testpersonen wurden zu "Phantomschmerzen" und anderen Gefühlen in ihrer fehlenden Gliedmaße befragt. Auch stellte man ihnen die Frage, ob sie meinten, ihre Finger oder ein anderer Teil ihrer Hand würde berührt, wenn sie ihren Stumpf an verschiedenen Stellen anfassten. Nach dieser Auswertung wurde mit ihnen die sogenannte "Gummihand-Illusion" durchgeführt. Bei der Gummihand-Illusion wird der Stumpf des amputierten Arms berührt, ohne dass die Testperson diesen sieht, und gleichzeitig wird vor den Augen der Testperson die Gummihand berührt. Dieses Experiment bringt das Gehirn dazu, widersprüchliche visuelle sowie Kontakt- und Positionsinformationen zu interpretieren, was zu einer Wahrnehmungsänderung führt. Die Probanden hatten mit unterschiedlicher Intensität die Vorstellung, die Berührung würde nicht vom Stumpf, sondern von der Prothese kommen. Die Wissenschaftler waren angenehm überrascht, denn an nicht-amputierten Probanden muss das Experiment sehr genau durchgeführt werden, damit die Illusion erzeugt werden kann. "Bei nicht-amputierten Personen ist es für die Illusion ausschlaggebend, den Reiz an der Gummihand genau an der gleichen Stelle zu setzen wie an der richtigen Hand", heißt es in ihrem Bericht. "Wie konnte also bei Patienten mit Amputation einer oberen Gliedmaße diese Illusion erzeugt werden, wenn sie nicht einmal eine Hand haben, an der ein Reiz gesetzt werden kann?" Die Untersuchungsergebnisse werfen grundlegende Fragen dazu auf, wie das Gehirn zwischen eigenen Körperteilen und Objekten der Außenwelt unterscheidet. Die erfolgreiche Illusion wurde dadurch bestätigt, wie die Testpersonen dieses Erlebnis beschrieben und wie sie geneigt waren, auf die Hand zu zeigen, wenn sie den Reiz lokalisieren sollten, aber auch durch physiologische Reaktionstests wie eventuelles Schwitzen, wenn eine Nadel in die Gummihand gestochen wurde. Einige Testpersonen empfanden die Gummihand als ihre eigene. Interessanterweise konnten die Forscher beobachten, dass die Illusion umso größer war, je weniger Zeit seit der Amputation vergangen war. Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die Herstellung von Handprothesen, die von ihren Trägern gespürt werden können und als Teil des eigenen Körpers empfunden werden. "Wir konzentrieren uns jetzt auf die Möglichkeiten zur Entwicklung einer Handprothese, die Berührungen erkennen und an dem Stumpf, an dem sie angebracht ist, einen Reiz setzen kann", erklärt Dr. Henrik Ehrsson vom Karolinska Institutet in Schweden. "Wenn auf diese Weise Prothesen hergestellt werden können, die durch Täuschen des Gehirns Reize weiterleiten können, dann sind wir auf dem besten Wege zu besseren und praktischeren Handprothesen als den heutigen."

Länder

Schweden

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