Neue Erkenntnisse über wichtigen Entwicklungsmechanismus
Wissenschaftler untersuchten, wie Zellen die Befehle bestimmter Signalmoleküle, Hedgehog genannt, verarbeiten. Dieser Signalweg spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und funktioniert in den verschiedensten Organismen ähnlich, sei es in Fliegen, Fischen, Mäusen oder Menschen. Defekte im Hedgehog-Mechanismus können zu bekannten angeborenen Fehlbildungen und bestimmten Krebserkrankungen führen. Die Ergebnisse der österreichischen und amerikanischen Forscher wurden nun in der Fachzeitschrift "Current Biology" veröffentlicht. Die embryonale Entwicklung wird durch eine ganze Reihe von Signalmolekülen gesteuert. Eines der Wichtigsten, das Hedgehog-Protein, steuert die Ausbildung von Gliedmaßen, Zentralnervensystem, Zähnen, Augen, Haaren, Lungen und Magen-Darm-Trakt. In Abhängigkeit von seiner Konzentration steuert das Hedgehog-Protein die Gestaltbildung des Organismus und bestimmt, welche Zellen sich beispielsweise zu einem Arm oder einem Auge differenzieren. "Nicht nur das Vorhandensein des Signals, sondern auch die Dosis, in der das Molekül im Gewebe verteilt ist, diktiert den Zellen ihre Aufgabe", erklärte Pia Aanstad vom Institut für Molekularbiologie an der Universität Innsbruck in Österreich. "Es ist die Hedgehog-Konzentration, die dafür sorgt, dass der Daumen der rechten Hand links und der Daumen der linken Hand rechts sitzt." Ist dieser Signalweg durch Mutationen verändert, kommt es in der frühen Entwicklung zu teilweise drastischen und embryonal letalen Fehlbildungen, sodass etwa statt zwei Augen nur ein zentrales Auge in der Mitte des Gesichts ausgebildet wird. Eine Hedgehog-Mutation ist auch der Auslöser für Holoprosencephalie, eine der häufigsten und gravierendsten entwicklungsbedingten Fehlbildungen im Bereich des Vorderhirns und des Gesichts. Defekte im Hedgehog-Signalweg verursachen außerdem die unkontrollierte Zellteilung bei bestimmten Krebserkrankungen. Die norwegische Forscherin Dr. Aanstad erforscht seit einigen Jahren den Hedgehog-Signalweg beim tropischen Zebrabärbling. Einige Jahre zuvor war sie auf einen Fisch mit einer Mutation im Smoothened-Protein (Smo) gestoßen. Das Smo-Protein sitzt in der Zellmembran und leitet das Hedgehog-Signal ins Zellinnere weiter. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Smo auf Zellfortsätzen, den sogenannten Zilien (kleinen Flimmerhärchen auf der Zelloberfläche), konzentriert ist. In dieser jüngsten Studie weisen die Forscher auf die wichtige Rolle eines Abschnitts des Smo-Proteins auf der Zellaußenseite hin. Bis dato wurde diesem Proteinabschnitt bei der Funktion von Smo in Vertebraten keine Bedeutung beigemessen. "In den neuen Mutanten konnten wir mittels hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie zeigen, dass eine kleine genetische Veränderung am extrazellulären Teil dieses Proteins die Lokalisierung in den Zilien blockiert und die Zellen dadurch zwar noch Hedgehog-Signale wahrnehmen können, aber die Konzentration falsch deuten", erklärte Pia Aanstad. "Dies muss als Beleg dafür gewertet werden, dass die Zellen für die Interpretation unterschiedlicher Hedgehog-Konzentrationen verschiedene molekulare Mechanismen nutzen."
Länder
Österreich, Vereinigte Staaten