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Aetionomy – Organising Mechanistic Knowledge about Neurodegenerative Diseases for the Improvement of Drug Development and Therapy

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Ein digitales Krankheitsklassifikationssystem für das moderne medizinische Zeitalter

Die Klassifikation von Krankheiten ist noch immer in der Vergangenheit gefangen. Das Projekt AETIONOMY (Organising Mechanistic Knowledge about Neurodegenerative Diseases for the Improvement of Drug Development and Therapy) der Initiative Innovative Arzneimittel führt das System jedoch ins 21. Jahrhundert.

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Krankheiten werden größtenteils noch immer anhand der Symptome der Patientinnen und Patienten klassifiziert – ein Vorgehen, das aus einer Zeit stammt, als die ärztliche Diagnose anhand von mündlichen Informationen und visuellen Hinweisen erfolgte. „Die Wurzeln unseres heutigen Klassifikationssystems für Krankheiten liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts“, sagt Professor Dr. Martin Hofmann-Apitius vom Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI, dem Projektkoordinator von AETIONOMY. „Wir handeln noch immer nach Prinzipien, die in eine Zeit zurückreichen, in der wir noch nicht einmal wussten, was ein ‚Gen‘ ist.“ Im Rahmen des von der EU und der Industrie geförderten Projekts AETIONOMY wurde daher eine „mechanismusbasierte Taxonomie von Krankheiten“ entwickelt, deren Fokus vor allem auf neurodegenerativen Erkrankungen liegt: Alzheimer und Parkinson. Das Konzept beruhte auf einer faszinierenden Idee: „Wenn wir Patienten anhand der Krankheitsmechanismen klassifizieren können, können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, ob ihnen ein Medikament helfen wird, das die einzelnen Mechanismen anspricht“, so Dr. Hofmann-Apitius. Ein Modell aus dem 21. Jahrhundert AETIONOMY erfasst Informationen zu neurodegenerativen Erkrankungen systematisch und stellt sie in einem berechenbaren Format dar: als grafisches Modell mit Ursachen und Auswirkungen, das sich mithilfe von Algorithmen analysieren lässt. Dabei werden molekulare Biomarker (z. B. Proteine) berücksichtigt, die die Funktion personalisierter Genome samt ihrer individuellen genetischen Variationen erkennen und verschiedene andere zugrunde liegende Merkmale einschließen, die erst in den letzten Jahren gemessen werden konnten: zum Beispiel durch zerebrale Bildgebung. „Die eigentliche Herausforderung auf diesem Gebiet ist jedoch, dass niemand weiß, welche Mechanismen für diese neurodegenerativen Erkrankungen verantwortlich sind,“ führt Dr. Hofmann-Apitius weiter aus. „Deshalb werden sie ‚idiopathisch‘ genannt – sie zeigen damit, dass ihre Ätiologie [die zugrunde liegenden Ursachen einer Krankheit] unbekannt sind.“ Dr. Hofmann-Apitius erklärt: „Die Herausforderung war groß. Das lag vor allem daran, dass die Partner aus der Pharmaindustrie, die den Aufruf starteten, die neue Taxonomie in einer klinischen Studie validiert sehen wollten, um ihr Stratifikations- und Klassifikationspotenzial zu demonstrieren.“ Nach Aussage von Dr. Hofmann-Apitius sollte durch das Projekt untersucht werden, ob sich Patienten-Untergruppen bei Alzheimer oder Parkinson anhand von Krankheitsmechanismen identifizieren lassen. „Die gute Nachricht: Wir konnten genau das demonstrieren,“ verrät er. Eine umfassendere Reaktion „Aufgrund des Projekts machen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Schritt zurück und überdenken Neurodegeneration noch einmal“, sagt Dr. Hofmann-Apitius. „Ich bin überzeugt, dass AETIONOMY den Weg für künftige Strategien bei der Entdeckung und Entwicklung von Wirkstoffen in der Forschung zu neurodegenerativen Erkrankungen geebnet hat.“ AETIONOMY hat den Grundstein für einen rechnerischen Ansatz gelegt, der nachfolgende experimentelle Arbeiten im Labor vorantreibt. Es ist jedoch ein langer Weg, bis bessere, effizientere und günstigere Medikamente auf der Grundlage der im Projekt gewonnenen Erkenntnisse und erarbeiteten Prinzipien entwickelt werden. Das Projektteam entwickelte außerdem die Idee einer „virtuellen Patientenkohorte“: synthetische Datensätze, die eine neue Möglichkeit zur Weitergabe von Patientendaten bieten, ohne dass reale Personen auf der Erde in ihrer Privatsphäre eingeschränkt werden. Das Team gewann außerdem neue Einblicke in fehlgefaltete Proteine als möglicher neuer Mechanismus für die „Verbreitung“ von Krankheiten im menschlichen Gehirn. Dr. Hofmann-Apitius erläutert: „Das AETIONOMY-Konzept war für viele experimentell tätige klinische Forscher und Biologen ziemlich revolutionär und etwas ungewöhnlich. . Außerdem gab es viele konkurrierende Vorstellungen davon, wie eine mechanismusbasierte Taxonomie gestaltet werden könnte und sollte“. „Wir mussten sogar die Strategie ändern, aber am Ende hat das Projekt – und damit das gesamte Konsortium einschließlich aller Partner – sein Versprechen gehalten“, so sein Fazit.

Schlüsselbegriffe

AETIONOMY, Parkinson, Alzheimer, Erkrankung, Klassifikation, Aktualisierung, Mechanismen, Ursachen, Neuroimaging, Genetik

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