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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Entschlüsselung von Parasitenerbgut lässt auf neue Medikamente hoffen

Das Erbgut zweier Parasiten, die die kräftezehrende Tropenkrankheit Schistosomiasis (auch unter dem Namen Bilharziose bekannt) auslösen, ist entschlüsselt worden. Die Ergebnisse wurden in zwei Artikeln im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Neben der Entdeckung neuer möglicher ...

Das Erbgut zweier Parasiten, die die kräftezehrende Tropenkrankheit Schistosomiasis (auch unter dem Namen Bilharziose bekannt) auslösen, ist entschlüsselt worden. Die Ergebnisse wurden in zwei Artikeln im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Neben der Entdeckung neuer möglicher Wirkstoff-Targets haben die Forscher auch eine Reihe bereits vorhandener Medikamente benannt, die erfolgreich zur Bekämpfung der Krankheit eingesetzt werden könnten. Schistosomiasis wird durch winzig kleine Parasitenwürmer ausgelöst, die einen Teil ihres Lebenszyklus im menschlichen Körper und einen anderen in Süßwasserschnecken verbringen. Die Larven dieses Parasiten werden von den Schnecken ins Wasser freigesetzt. Wenn nun Menschen durch dieses Wasser waten oder darin baden, graben sich die Würmer in die Haut und gelangen so in die Blutgefäße. Sobald die Weibchen vollständig entwickelt sind, legen sie ihre Eier in die Darmwand ab, die anschließend über den Stuhl aus dem Körper ausgeschieden werden. Gelangen sie in von ihren Schneckenwirten bewohnte Gewässer, beginnt ein neuer Lebenszyklus. Zu den Symptomen der Infektion zählen Anämie, Durchfall, innere Blutungen und Organschäden. Mehr als 200 Millionen Menschen in 76 Ländern sind von dieser wenig beachteten Tropenkrankheit betroffen, die allein in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara 200.000 Todesfälle pro Jahr zu verzeichnen hat. Derzeit werden die Patienten mit dem Medikament Praziquantel behandelt. Das ist zwar billig und wirkt, hat aber den Nachteil, dass es einer späteren Neuinfizierung nicht vorbeugen kann. Auch werden Bedenken dahingehend geäußert, dass die Parasiten eines Tages eine Resistenz gegen den Wirkstoff entwickeln könnten, sodass Forscher um Alternativen bemüht sind. Bei diesen beiden aktuellen Studien lag der Schwerpunkt zum einen auf dem Erreger Schistosoma mansoni, der in Afrika, in Teilen den Nahen Ostens, in Brasilien, Venezuela und auf einigen Westindischen Inseln vorkommt, und zum anderen auf Schistosoma japonicum, der in Südchina, auf den Philippinen und in Teilen Indonesiens verbreitet ist. Aus einer Analyse des Erbguts wird deutlich, wie gut sich der Wurm an seine Lebensweise angepasst hat. Es wurden viele Gene für Enzyme gefunden, die Proteine aufspalten können. Dadurch ist es dem Wurm möglich, sich durch die Haut und anderes Gewebe seines Wirts zu graben. Zudem verfügt er über eine raffinierte Sensorik, mit der er Chemikalien, Licht und Temperatur im Wasser und in seinen Wirten auswerten kann. "Mit der Entschlüsselung seines Erbguts beginnt eine neue Ära in der Erforschung der Schistosomiasis", freut sich der Leitautor der S.-mansoni-Studie Dr. Matthew Berriman vom Wellcome Trust Sanger Institute im Vereinigten Königreich. "Auf dieser Grundlage können wir die Aspekte der komplexen Biologie des Parasiten besser verstehen. Gleichzeitig haben wir aber auch einen Trägerstoff, um unverzüglich neue Wirkstoff-Targets für die Behandlung der Krankheit zu finden." Die Forscher hoffen, dass ihnen der Genomvergleich dieser eng miteinander verwandten Parasiten mehr Informationen zu ihrer Biologie liefert und dass auf dieser Basis letztlich neue Medikamente entwickelt werden können. Das S.-mansoni-Team fand 120 Parasitenenzyme, die den Stoffwechsel des Erregers beeinträchtigen würden, falls sie durch Medikamente blockiert werden. Darüber hinaus konnten sie auch eine Reihe bereits vorhandener Medikamente benennen, die erfolgreich zur Bekämpfung von Schistosomiasis eingesetzt werden könnten. "Diese Liste ist zwar ein guter Ausgangspunkt, aber es ist natürlich noch weitere Forschungsarbeit nötig, um herauszufinden, ob eine der Verbindungen für die Behandlung von Schistosomiasis in Frage kommen könnte", gibt Dr. Martin John Rogers vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) in den USA zu bedenken. Die Ergebnisse der Studie haben auch zu einem besseren Verständnis der Evolution einfacher Lebewesen beigetragen. "Pärchenegel wie S. mansoni sind Plattwürmer, deren Biologie bisher nur wenig erforscht worden ist", erklärt Dr. Berriman. "Dank der Entschlüsselung ihres Erbguts können wir mehr Informationen zur Evolution dieser einfachen Lebewesen sammeln. Ihre Körperstruktur weist Merkmale auf, die sämtlichen Tieren gemeinsam sind - ob Fischen oder Menschen." Das wichtigste Ziel bei dem neuen Forschungsprojekt war jedoch das Auffinden neuer Wirkstoff-Targets. "Weltweit sind Millionen von Menschen in tropischen Ländern chronisch mit Schistosoma-Parasiten infiziert, die ihnen das Leben erschweren und bisweilen auch zum Tod führen", berichtet NIAID-Leiter Anthony Fauci. "Es werden dringend neue Medikamente und andere Hilfen benötigt, um die Folgen einer Krankheit zu mildern, die für eine verringerte Lebensqualität und eine langsamere wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich ist."

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