Wie Gene das Immunsystem austricksen
Ein internationales Forscherteam hat ein Protein entdeckt, das einer Gruppe von Herpesviren das Abschalten einer Virenbarriere ermöglicht. Die im Journal of Cell Biology veröffentlichten Erkenntnisse erklären, wie Viren dem Immunsystem des menschlichen Körpers erfolgreich entkommen. Die britischen, niederländischen und amerikanischen Forscher fanden heraus, dass das Zytomegalovirus (ein verbreitetes Herpesvirus, das Geburtsfehler oder Gesichtsherpes verursachen kann) ein Protein mit der Bezeichnung Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse I (MHC I) auswählt und unwirksam macht. Menschen, die sich nicht gut fühlen, hilft MHC I durch das Einfangen von Virenproteinfragmenten und präsentiert sie dann den zytotoxischen T-Zellen (T-Killer-Zellen). Diese zytotoxischen T-Zellen töten mit Viren bzw. anderen Erregern infizierte oder geschädigte bzw. funktionsgestörte Zellen ab. Den Forschern zufolge täuschen die zwei Zytomegalovirusgene US2 und US11 die Zellen so, dass sie das MHC-I-Protein inaktivieren, indem es im Prozess der sogenannten "Ubiquitinierung" an Ubiquitin gebunden wird. Ubiquitin ist ein wichtiges Protein, das anderen Proteinen den "Todesstoß" versetzt. "Die US2- und US11-Genprodukte des humanen Zytomegalovirus sorgen dafür, dass die Viren entkommen, indem sie den Stoffwechselweg für den mit dem endoplasmischen Retikulum (ER) verbundenen Abbau (ERAD) entführen", wie es in der Studie heißt. Wenn das passiert, zerstören die Zytomegalovirusgene MHC I im Proteasom (einem großen Proteinkomlex), dessen Hauptfunktion in der Reduzierung unbenötigter oder beschädigter Proteine besteht. Weiter wird in der Studie berichtet: "US2 und US11 starten eine Dislokation des neu translozierten MHC I aus dem ER zum Zytosol für proteasomvermittelten Abbau und verringern so die Zelloberfläche an MHC I." Die MHC-I-Ubiquitinierung beginnt, wenn die Zytomegalovirusgene das Zellprotein mit der Bezeichnung E3-Ligase hinzuwählen. Leitautorin Helen R. Stagg vom Cambridge-Institut für Medizinische Forschung an der Universität Cambridge im Vereinigten Königreich screente zusammen mit ihren Kollegen durch einzelnen Abbau mit RNAi (RNA- oder Ribonukleinsäureinterferenz) 373 Ligasen. RNAi ist ein System in lebenden Zellen, das kontrollieren hilft, welche Gene aktiv sind und wie aktiv sie sind. Die Forscher machten einen Knockdown der Ligase TRC8, was beim Schützen von MHC I half. Das Team stellte fest, dass von den 373 gescreenten Ligasen nur TRC8 mit dem Knockdown (einem durch siRNA vermittelten Prozess) einen bedeutenden Unterschied bei der "Rettung" von MHC I ausmachte. MHC I kann seine Funktion erfüllen, wenn diese Mutantenversion von TRC8 Ubiquitinierung einschränkt. Man weiß nicht viel über die Funktionsweise des Proteins, aber Forscher haben erkannt, dass MHC I bei einigen seltenen vererbbaren und sporadische Nierentumoren in mutierter Form vorliegt. Experten spekulieren, dass eines der normalen Targets von TRC8 Krebs begünstigt. "Die Beteiligung von TRC8 an vererbbaren und sporadischen Fällen von Hellzellen-Nierenkarzinomen ist interessant, insbesondere da TRC8 die zweite E3-Ligase ist (...) , die in die Ätiologie von Nierentumoren verwickelt ist", wie die Autoren schlussfolgern. "Da die Zerstörung von TRC8 für Nierenzellkarzinome anfällig macht, könnten erhöhte Konzentrationen an Proteinen, die normalerweise durch TRC8 abgebaut werden, an der Tumorentwicklung beteiligt sein, was den Nachweis physiologischer Substrate dieser neuen ERAD-E3-Ligase umso dringlicher macht."
Länder
Niederlande, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten