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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Wie Bakterien sich spontan an Umweltveränderungen anpassen können

Eine internationale Forschergruppe hat zum ersten Mal eine "Bet-Hedging" genannte Entwicklungsstrategie unter Laborbedingungen beobachtet. Mit dem Begriff "Bet-Hedging" wird die Art und Weise bezeichnet, wie Organismen das Überleben der eigenen Spezies unter sich rasch verände...

Eine internationale Forschergruppe hat zum ersten Mal eine "Bet-Hedging" genannte Entwicklungsstrategie unter Laborbedingungen beobachtet. Mit dem Begriff "Bet-Hedging" wird die Art und Weise bezeichnet, wie Organismen das Überleben der eigenen Spezies unter sich rasch verändernden Umweltbedingungen sichern. Dazu bilden sie Nachkommen, die unter unterschiedlichen Lebensbedingungen überleben können. Die ist wahrscheinlich eine der frühsten evolutionären Anpassungstechniken. Die aus Deutschland, den Niederlanden und Neuseeland stammenden Forscher veröffentlichten ihre Beobachtungen zum "Bet-Hedging" der Bakterienart Pseudomonas fluorescens im Fachjournal Nature. Bei ihren Experimenten setzten die Wissenschaftler die Pseudomonasstämme unterschiedlichen Nährmedien aus. Die Variante, die sich gegen die andere Variante in dem einen Nährmedium durchsetzte, wurde anschließend dem anderen Nährmedium, bei dem die vorher nützliche Mutation nicht mehr von Vorteil war, ausgesetzt und umgekehrt. Dadurch entstanden neue Mutationen und damit auch neue Varianten, um diesen Nachteil auszugleichen. Die Forscher fanden heraus, dass die Bakterien Stämme mit derselben genetischen Ausstattung bildeten, die in beiden Nährmedien immer zwei verschiedene Varianten erzeugten. Diese Bet-Hedging-Pseudomonaden waren anderen Genotypen, die sich nur durch Mutation anpassten, überlegen. Während evolutionäre Veränderungen, bei denen die Träger vorteilhafter Mutationen sich gegen Träger mit weniger nützlichen Eigenschaften durchsetzen, in der Regel mehrere Generationen benötigen, wird beim Bet-Hedging eine Generation von Nachkommen erzeugt, die genetisch identisch sind. Jedoch sind einige der Nachkommen ideal an die aktuelle Umgebung angepasst. Andere eignen sich für völlig andere Bedingungen, sodass auch sie im Fall drastischer Umgebungsveränderungen überleben würden. Das Phänomen wurde in verschiedenen Organismen beobachtet, sowohl bei Bakterien als auch im Pflanzen- und Tierreich. Bakterielle Krankheitserreger zum Beispiel weisen verschiedene Zelloberflächen auf, wie etwa glatt gegenüber rau, wodurch sie das Risiko, vom Immunsystem entdeckt zu werden, streuen. "Unsere Experimente belegen, dass Risikostreuung eine sehr erfolgreiche Anpassung an sich rasch ändernde Umweltbedingungen ist", sagte Dr. Christian Kost vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Deutschland. "Denn wenn ein und derselbe Genotyp gleichzeitig mehrere Varianten hervorbringt, kann er schneller auf starke Änderungen der Lebensbedingungen reagieren." Die Studie kommt zu dem Schluss: "Schaut man sich die molekularen Details an, erkennt man, wie die Evolution am zentralen Stoffwechsel gebastelt hat, um eine Strategie zu entwicklen, deren Evolution - so könnte man meinen - Zehntausende Generationen gedauert haben könnte. Die schnelle und reproduzierbare Entwicklung von Bet-Hedging während unseres Experiments lässt darauf schließen, dass diese zu den frühesten Lösungen der Evolution für das Leben in veränderlichen Umgebungen gehörte. Vielleicht ging sie sogar der Entwicklung von Genregulierungsmechanismen, die auf Umweltveränderungen reagierten, voraus." Pseudomonas fluorescens, ein Bakterium mit einem extrem flexiblen Stoffwechsel, ist im Boden und im Wasser zu Hause. Manche Stämme des Pseudomonas fluorescens schützen Pflanzen gegen Parasiten und sind auch in anderen Einsatzgebieten des biologischen Pflanzenschutzes anzutreffen. In Kultur erzeugt das Bakterium ein Antibiotikum. Pseudomonas fluorescens wird außerdem in der Joghurtherstellung aus Milch verwendet. Die Zellen teilen sich alle 52 Minuten, wodurch sie sich für das Studium der Evolution im Reagenzglas besonders eignen.

Länder

Deutschland, Niederlande, Neuseeland

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