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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Gammawellen liefern Erkenntnisse über Informationsverarbeitung im Gehirn

Eine Gruppe norwegischer und niederländischer Forscher hat einen Mechanismus entdeckt, mit dessen Hilfe das Gehirn zwischen verschiedenen Informationsarten differenzieren kann. Sie beschreiben im Fachmagazin Nature wie Gammawellen - eine besondere Hirnwellenart, von der man an...

Eine Gruppe norwegischer und niederländischer Forscher hat einen Mechanismus entdeckt, mit dessen Hilfe das Gehirn zwischen verschiedenen Informationsarten differenzieren kann. Sie beschreiben im Fachmagazin Nature wie Gammawellen - eine besondere Hirnwellenart, von der man annimmt, dass sie zur bewussten Wahrnehmung beiträgt - je nach Art der Information, die sie enthalten, auf verschiedenen Frequenzen aktiv sind. Die Forscher hatten Hirnwellen bei Ratten gemessen und konzentrierten sich dabei auf drei verschiedene Teile des Hippocampus, dem in großem Maße für das Langzeitgedächtnis und das räumliche Orientierungsvermögen zuständigen Hirnbereich. "Wir haben herausgefunden, dass es langsame und schnelle Gammawellen gibt, die aus verschiedenen Hirnbereichen kommen, so wie Radiosender auf verschiedenen Frequenzen senden", erklärte die Leitautorin der Studie Laura Colgin, Postdoktorandin am Kavli Institute for Systems Neuroscience und Centre for the Biology of Memory an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens. "Wenn Hirnzellen miteinander in Verbindung treten wollen, synchronisieren sie ihre Aktivität", erläuterte Colgin weiter. "Die Zellen stimmen ihre Wellenlänge regelrecht aufeinander ab. Wir untersuchten, wie Gammawellen konkret an der Kommunikation zwischen Zellgruppen im Hippocampus beteiligt sind. Was wir dabei entdeckten, könnte man als ein dem Funk ähnelndes System im Gehirn beschreiben. Die niedrigeren Frequenzen werden zur Erinnerungsübertragung vergangener Erlebnisse und die höheren Frequenzen zur Übermittlung von Vorgängen genutzt, dort wo man sich gerade befindet." Dieser Mechanismus ermöglicht die Kommunikation mit verteilten Zellgruppen, die relevante Informationen verarbeiten und dafür sorgen, dass verschiedene Arten von Informationen nicht durcheinandergeraten. Zellen haben zwar offensichtlich die Fähigkeit, schnell zu langsamen oder schnellen Wellen umzuschalten, doch können sie der Meinung der Forscher zufolge nicht beide gleichzeitig verarbeiten. "Man kann es mit dem Radiohören vergleichen, wenn man eine Frequenz einstellt, die zwischen zwei Sendern liegt. Dann kann man nichts verstehen. Es ist einfach nur Rauschen", erklärte Colgin. "Die eigenen aktuellen Wahrnehmungen eines Orts würden mit den eigenen Erinnerungen von dem Ort in der Vergangenheit verwechselt werden." Wenn verschiedene Arten von Gammawellen durcheinandergeraten, kann es zu Geistesstörungen und Anomalien kommen. "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob dieser Schalter nicht richtig funktioniert. Doch wir wissen, dass Gammawellen bei Schizophreniepatienten nicht normal sind", merkte die Leitautorin an. "Bei Schizophrenen ist die Wahrnehmung ihrer Umwelt verworren wie ein zwischen zwei Sendern eingestelltes Radio." Bisher hatten Forscher angenommen, dass die Informationsverarbeitung im Gehirn feststehenden Wegen folgen würde. Doch legt diese neue Studie nahe, dass das Gehirn wesentlich flexibler ist. "Unter den Tausenden in einer bestimmten Hirnzelle eingehenden Impulsen kann die Zelle die Verarbeitung einiger und die Ignorierung der übrigen auswählen, und die Auswahl der eingehenden Impulse ändert sich ständig", fasste der Leiter des Kavli Institute for Systems Neuroscience Dr. Edvard Moser zusammen. "Wir glauben, dass der Gammaschalter ein allgemeines Prinzip des Gehirns ist, das im gesamten Gehirn zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Regionen eingesetzt wird."

Länder

Niederlande, Norwegen

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