Forscher entwickeln Zellkreislaufmodell der Säugetiere
Bei ein- und mehrzelligen Organismen spielt der Zellteilungsprozess eine wichtige Rolle, und zwar vor allem dann, wenn es darum geht, befruchtete Eizellen in reife Organismen zu verwandeln. Doch wird der Zellzyklus nicht richtig gesteuert, kann dies zu Tumorwachstum und Krebsbildung führen. Im Rahmen ihrer Forschungen zu diesem Thema haben Forscher von der Université Libre de Bruxelles (ULB) in Belgien jetzt ein Modell zur Dynamik des Säugetierzellzyklus entwickelt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht. Sie sollen das Bewusstsein für die Rolle des Zellzyklus in der Pathologie und für das normale Funktionieren lebender Organismen schärfen. Die Forschung gehört zum EU-finanzierten Projekt BIOSIM ("Biosimulation - a new tool in drug development"), das mit 11 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wurde. BIOSIM wird von der Technischen Universität Dänemarks koordiniert und seine Partner kommen aus Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden, der Slowakei, Schweden und dem Vereinigten Königreich. Daten aus den vergangenen 20 Jahren lassen darauf schließen, dass der Zellzyklus von einem Proteinnetzwerk aus Zyklin-abhängigen Kinasen (cyclin-dependent kinases, Cdks) gesteuert wird, so die Forscher. "Der Fortschritt des Zellzyklus wird durch die aufeinanderfolgende, vorübergehende Aktivierung einer Familie von Cdks gesteuert, durch die eine geordnete Aufeinanderfolge der Zellzyklusphasen möglich ist, obwohl sich gewisse Zykline und Cdks zu überlappen scheinen", schreiben die Autoren der Studie. "Die Cdk-Proteine sind nur dann aktiv, wenn sie einen Komplex mit ihrem zugehörigen Zyklin bilden." Die Forscher der ULB gingen jedoch davon aus, dass es aufgrund der Komplexität des Regulierungsprozesses des Cdk-Netzes und seiner schwierig vorauszusagenden Entwicklung möglich sei, die von den Forschern so lange gesuchten Antworten mithilfe von Computersimulationen der idealen Verhaltensmodelle zu finden. Claude Gérard, Doktorand an der ULB, entwickelte ein sehr detailliertes Modell, das die Dynamik des Zellzyklus bei Säugetieren zu erkennen gibt. "Das Modell umfasst vier Cdk-Module, die über die reversible Phosphorylierung, Cdk-Inhibitoren und die Synthese oder den Abbau von Proteinen reguliert werden", zeigte die Forschung. "Wachstumsfaktoren lösen den Übergang von einem ruhenden, stabilen Zustand zu selbsttragenden Oszillationen im Cdk-Netz aus. Diese Oszillationen entsprechen der repetitiven, zeitweiligen Aktivierung von Zyklin D/Cdk4-6 in G1, Zyklin E/Cdk2 am G1/S-Übergang, Zyklin A/Cdk2 in S und am S/G2-Übergang und Zyklin B/Cdk1 am G2/M-Übergang." Das Team hebt hervor, auf welche Weise das Modell dies bei Eintreten von über dem Schwellenwert liegenden Wachstumsfaktoren voraussagt. Die regulierenden Interaktionen innerhalb des Cdk-Netzes können plötzliche dauerhafte Oszillationen hervorrufen, die der gesteuerten und wiederholten Aktivierung der verschiedenen Zyklin/Cdk-Komplexe während des Zyklusprozesses entsprechen. "Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass die aufeinanderfolgende Aktivierung der Cdk-Module im Cdk-Netzwerk durch zeitweilige Selbstorganisation erreicht wird, die dem globalen, periodischen Ablauf des Zellzyklus bei Säugetieren entspricht", so die Autoren.
Länder
Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Ungarn, Niederlande, Schweden, Slowakei, Vereinigtes Königreich