Kommission liberalisiert Markt für Satellitenkommunikation
Die Europäische Kommission hat eine Richtlinie über die Liberalisierung des Marktes für Satellitenkommunikationsgeräte und -dienste in der Europäischen Union angenommen. Die Liberalisierung der Satellitenmärkte war vom Europäischen Parlament und vom Rat massiv unterstützt worden. Letzterer bezeichnete die Einführung des Wettbewerbs auf den Satellitenmärkten als Hauptziel der Telekommunikationspolitik der EU. Die Richtlinie, mit der die Errichtung und der Betrieb von Satellitennetzen und zugehörigen Parabolantennen in der Union liberalisiert werden, erfaßt insbesondere die neuentwickelten sehr kleinen Satellitenempfangsantennen (very small aperture satellite terminals - VSAT) und größere Parabolantennen für die Nachrichtenübertragung und andere Kommunikationsgeschäfte über Satelliten. Die Richtlinie ist auch im Zusammenhang mit der Mobilkommunikation von besonderer Bedeutung. Die Benutzer werden voraussichtlich zum größten Teil aus dem Handels-, Vertriebs- und Finanzsektor kommen. Darüber hinaus besteht in vielen vergleichbaren Sektoren der EU ein Bedarf an zuverlässigen und voll abgesicherten europaweiten Diensten, die derzeit von nur wenigen Unternehmen angeboten werden können. Mit der Liberalisierung der Satellitenkommunikationsnetze in der Union wird eine wichtige Voraussetzung für die Einführung transeuropäischer Netze auf diesem Gebiet geschaffen. Damit beginnt eine völlig neue Phase für die Entwicklung des europäischen Satellitenmarkts. Dank der Liberalisierung dürfte sich der Umfang der Satellitenkommunikation noch vor dem Jahr 2000 um das Zehnfache erhöhen. Untersuchungen zufolge werden bis dahin unionsweit 80.000 VSAT-Parabolantennen in Betrieb sein. Bisher waren sowohl Benutzer als auch Dienstanbieter durch die gesetzlichen Bestimmungen eingeschränkt, wohingegen der Satellitenmarkt in den USA durch die Politik des "offenen Weltraums" schon seit den frühen achtziger Jahren stark stimuliert worden ist. Die Größe und Struktur des europäischen Satellitenkommunikationsmarktes und die rasche Entwicklung von transeuropäischen Netzen hängen in entscheidendem Maße vom Umfang der Liberalisierung ab. Daher ist die neue Richtlinie auch ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur europäischen Informationsgesellschaft, die die Kommission in ihrer Antwort auf den diesbezüglichen Bericht einer von Kommissionsmitglied Bangemann geleiteten Gruppe führender Industrieller umrissen hat. Folgende Vorteile der neuen Satelliten-Richtlinie für den betreffenden Markt sind zu nennen: - Senkung der Kosten für den Einsatz und Betrieb von Satellitennetzen, die sich in niedrigeren Preisen für die Verbraucher niederschlägt. Wettbewerb und Liberalisierung führen zu geringeren Gebühren für die Endgeräte-Zulassung (die in einem einmaligen Verfahren erteilt wird) und den Zugang zur Raumsegmentkapazität; - transeuropäische Netze: Die harmonisierten Vorschriften erleichtern die Errichtung europaweiter Satellitennetze, die häufig als entscheidende Voraussetzung für das Marktwachstum genannt werden. Dies ist für die Entwicklung transeuropäischer Kommunikationsnetze von größter Bedeutung; - rasche Verbreitung von Multimedia-Anwendungen und Zugang zu den Datenautobahnen der Informationsgesellschaft, insbesondere in weniger entwickelten oder abgelegeneren Gebieten; - Aufhebung der Verbote im Bereich von Diensten und Vernetzungen; - Vereinfachung von Verfahren wie Lizenzerteilung, Registrierung und Errichtung von Anlagen; - größeres Vertrauen der Benutzer, Betreiber und Investoren in Satellitenlösungen in Europa. Mit der von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 90 EG-Vertrag erlassenen Richtlinie wird die Richtlinie von 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste geändert. Artikel 90 sieht die Anwendung der Wettbewerbsregeln in Sektoren vor, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren. "Richtlinien auf der Grundlage von Artikel 90 sind ein wirksames Instrument für die Anwendung des Wettbewerbsrechts in solchen Sektoren, da sie den Marktteilnehmern eine gewisse Investitionssicherheit bieten und den Verwaltungsaufwand verringern", erklärte Kommissionsmitglied Van Miert. "Allerdings ist dieses Instrument mit Bedacht und nur unter bestimmten Voraussetzungen einzusetzen". Die Richtlinie tritt sofort in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben innerhalb von neun Monaten nach ihrer Veröffentlichung die Durchführungsmaßnahmen mitzuteilen. Die Kommission wird den Mitgliedstaaten, deren Bodennetze noch nicht ausgereift sind, jedoch gegebenenfalls gestatten, die uneingeschränkte Anwendung der Richtlinie auf den 1. Januar 1996 zu verschieben. Die Satelliten-Richtlinie wurde von der Kommission im Anschluß an die Ratsentschließung über die Liberalisierung von Satellitendiensten vorgelegt, nachdem der Gerichtshof im Herbst 1992 das Kommissionskonzept für den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen bestätigt hatte. Nach der vorläufigen Annahme der Richtlinie durch die Kommission im Dezember 1993 hat die Kommission sich eingehend mit dem Europäischen Parlament und dem Rat beraten. Zusammen mit der bereits verabschiedeten Richtlinie über Satellitengeräte und einem derzeit geprüften Richtlinienvorschlag über Lizenzen für Satellitendienste bildet die neue Richtlinie ein Bündel von Maßnahmen, das die Entwicklung des europäischen Satellitensektors beschleunigen soll.