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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Studie zeigt: Weitere Forschungen zum Zusammenhang zwischen Handys und Hirntumoren notwendig

"Es muss weiter geforscht werden" lautet die Schlussfolgerung der bisher größten Studie zu den möglichen Zusammenhängen zwischen Handynutzung und einem möglichen Krebsrisiko. Die INTERPHONE-Studie ("International case control studies of cancer in relation to mobile telephone u...

"Es muss weiter geforscht werden" lautet die Schlussfolgerung der bisher größten Studie zu den möglichen Zusammenhängen zwischen Handynutzung und einem möglichen Krebsrisiko. Die INTERPHONE-Studie ("International case control studies of cancer in relation to mobile telephone use") wurde von der EU mitfinanziert und erhielt 3,85 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Lebensqualität und Management lebender Ressourcen" des Fünften Rahmenprogramms (RP5) der EU. Die Ergebnisse sind jetzt im Fachblatt International Journal of Epidemiology nachzulesen. Seit ihrem Beginn im Jahr 2000 untersuchte die INTERPHONE-Studie in 13 Ländern weltweit die Handynutzung bei mehr als 5.000 Patienten mit Hirntumoren. Insgesamt nahmen 2.765 Patienten mit Gliom- und 2.425 Patienten mit Meningeomtumoren teil. Gliomtumore haben ihren Ursprung in den Glialzellen, die Nervenzellen umgeben und unterstützen, während Meningeome die Hirnhäute (Meningen) befallen, die sich schützend um das Gehirn und das Rückenmark legen. Als Vergleichsgruppe wurden 7.000 gesunde Menschen (in Alter, Geschlecht und Herkunft den Krebspatienten entsprechend) über ihre Nutzung von Mobiltelefonen befragt. Trotz des enormen Ausmaßes der Studie waren die Ergebnisse der Studie nicht eindeutig. "INTERPHONE findet keine Zeichen für ein erhöhtes Meningeomrisiko bei Handynutzern", heißt es in dem Artikel. Für Gliomtumore gab es Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko bei den Personen mit der stärksten Handynutzung. "Trotzdem waren die Hinweise auf ein erhöhtes Gliomrisiko bei den stärksten Handynutzern nicht eindeutig, da der Anstieg auf eine oder mehrere [...] mögliche Fehlerquellen zurückzuführen sein könnte", merken die Forscher an. Beispielsweise wirken sich Hirntumore auf das Gedächtnis aus und Patienten könnten "eher motiviert sein, sich an einen publizierten möglichen Risikofaktor für ihre Krankheit zu erinnern und diesen anzugeben." "Die INTERPHONE-Daten erlauben nicht den Schluss, dass es ein erhöhtes Risiko gibt" sagte Dr. Christopher Wild, Direktor des Internationalen Krebsforschungszentrums (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), das die INTERPHONE-Studie koordinierte. "Allerdings zeigen Beobachtungen bei den Nutzern mit der höchsten Nutzungszeit und bei den sich seit Beginn der Studie verändernden Nutzungsgewohnheiten, dass der Zusammenhang zwischen dem Telefonieren mit Handys und Hirntumoren weitere Untersuchungen verdient." In einem Editorial schreiben Rodolfo Aracci vom italienischen Nationalen Forschungsrat und Jonathan Samet von der University of Southern California in den Vereinigten Staaten, dass "die meisten Menschen, die auf die Ergebnisse der INTERPHONE-Studie gewartet haben, von ihren gemischten Erkenntnissen enttäuscht sein werden". Allerdings weisen sie darauf hin, dass Handys sich erst Mitte der 1990er stark verbreitet haben, die meisten Krebsfälle in der Studie aber zwischen 2000 und 2004 diagnostiziert wurden. Viele Patienten aus der Studie benutzten Handys daher seit weniger als 10 Jahren. "Keines der heute bekannten Karzinogene, beispielsweise Tabak, konnten in den ersten 10 Jahren mit Bestimmtheit als das Krebsrisiko erhöhende Faktoren eingestuft werden", stellen Dr. Aracci und Dr. Samet fest. Darüber hinaus treten Hirntumoren im Zusammenhang mit ionisierenden Strahlen allgemein 10 bis 20 Jahre nach der ersten Belastung auf. Eine schwerwiegende Einschränkung von INTERPHONE ist das Problem der Selektions- und Informationsverzerrung. Aracci und Samet schlagen vor, das diese Verzerrungen minimiert werden könnten, indem man " Kohorten von Handynutzern, bei denen die Nutzung über Firmendokumentation nachgewiesen wird, nachverfolgt und die Ergebnisse mithilfe des Vergleichs mit Krebsregistern überprüft." Ihre Schlussfolgerung lautet: "Die häufig gehörte Forderung, wir bräuchten weitere Forschungen, trifft in diesem Fall zu: ohne weitere Forschungen wird die öffentliche Frage nach der Akzeptabilität eines Krebsrisikos durch Mobiltelefone unbeantwortet bleiben." Der Projektkoordinatorin von INTERPHONE, Professorin Elisabeth Cardis vom Forschungszentrum für Umweltepidemiologie (CREAL) in Barcelona, zufolge "wird die INTERPHONE-Studie mit zusätzlichen Analysen von Handynutzung und Tumoren an Hörnerv und Ohrspeicheldrüse fortfahren." Die Forschungsgruppe arbeitet bereits an einem neuen Projekt, um der Tatsache, dass die Nutzung von Handys seit Beginn der INTERPHONE-Studie besonders bei Kindern und jungen Leuten dramatisch zugenommen hat, Rechnung zu tragen. "Aufgrund der Besorgnis über die rasch zunehmende Verbreitung von Mobiltelefonen unter jungen Menschen - die von der INTERPHONE-Studie nicht berücksichtigt wurden - koordiniert CREAL bereits ein neues Projekt: MOBI-KIDS, finanziert von der Europäischen Union, wird sich mit dem Risiko für Hirntumoren durch das mobile Telefonieren bei Kindern und Jugendlichen befassen", sagte Professorin Cardis. MOBI-KIDS ("Risk of brain cancer from exposure to radiofrequency fields in childhood and adolescence") erhielt 3,5 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Umwelt" des Siebten Rahmenprogramms (RP7).

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