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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Neue EU-Initiative zu Superrechnern für die Gesellschaftsforschung

Eine der größten Herausforderungen für die Bürger Europas heutzutage besteht darin, soziale Mechanismen und die sie beinflussenden Veränderungen zu verstehen - vom Umgang mit finanziellen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bis zur Bewältigung des Klimawandels und anderen Umwe...

Eine der größten Herausforderungen für die Bürger Europas heutzutage besteht darin, soziale Mechanismen und die sie beinflussenden Veränderungen zu verstehen - vom Umgang mit finanziellen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bis zur Bewältigung des Klimawandels und anderen Umweltkrisen. Dieser Herausforderung stellt sich nun FUTURICT ("Future information and communication technologies (ICT) knowledge accelerator"). Diese Initiative wird vom Flaggschiff-Programm der Europäischen Kommission gefördert, das große, visionäre Forschungsinitiativen zur Bestimmung der Rolle von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der Gesellschaft unterstützen soll. Das Flaggschiff-Programm erhielt Fördermittel in Höhe von 1 Mrd. EUR. Im Rahmen von FUTURICT werden Wissenschaftler mit dem "Living Earth Simulator" die größten Supercomputer nutzen, um das Leben auf unserem Planeten zu simulieren. Schwerpunkte werden auf den Gesellschaften, Finanzsystemen und Volkswirtschaften unserer Welt liegen. Mithilfe von Supercomputern können Wissenschaftler komplexe sozioökonomische Probleme untersuchen. Während sie bisher hauptsächlich von Ingenieuren, Physikern und Biologen eingesetzt wurden, treten diese modernen Maschinen endlich auch in der Welt der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Erscheinung. Man nutzt sie nun auch aufgrund ihrer Fähigkeiten, wirtschaftliche und gesellschaftliche Analysen durchzuführen, und insbesondere für die Erforschung grundlegender menschlicher Prozesse. Verkehrsingenieur Professor Kay Axhausen von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) in der Schweiz benutzt Supercomputer beispielsweise für die Simulation der Verkehrsaktivitäten der Schweizer Bürger, um Staus vorherzusagen und zu verringern. In einer weiteren Studie untersuchen Forscher vom Kompetenzzentrum für sozioökonomische Krisen CCSS (Coping with Crises in Complex Socio-Economic Systems) der ETH Zürich Finanzdaten, um unter anderem Anfälligkeiten in komplexen Netzwerken und Risikoblasen an Aktien- und Immobilienmärkten zu enthüllen. Lars-Erik Cederman vom CCSS untersucht währenddessen mithilfe sehr großer Computermodelle den Ursprung globaler Konflikte. Der Forscher richtet außerdem eine umfangreiche Datenbank ein, um die geografischen Zusammenhänge zwischen ziviler Gewalt und Kriegen in krisengeschüttelten Ländern wie dem Irak zu sammeln. Am CCSS werden darüber hinaus Simulationen benutzt, um zu bestimmen, wie sozialer Zusammenhalt und Zusammenarbeit zu zentralen Bestandteilen unseres Lebens wurden. Die Forscher fanden dort allerdings eine alarmierend starke Anfälligkeit in der "Schale der Zivilisation". Ihre Simulationen haben in einer Vielzahl von Geschehnissen gemeinsame Muster hinter den Zusammenbrüchen aufgezeigt. Das CCSS ist mehrheitlich am Brutus-Cluster der ETH Zürich beteiligt, ein Supercomputer-Verbund, der im Ranking der schnellsten Rechner weltweit Rang 88 und in Europa Rang 10 einnimmt. Das FUTURICT-Projekt wird am Ende die Erkenntnisse und Beobachtungen von Experten zusammenführen, um die gesamte Welt zu simulieren. Die beteiligten Partner werden Daten zu gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Abläufen in einem nie dagewesenen Ausmaß sammeln und sortieren. Der Ethikausschuss von FUTURICT wird dafür sorgen, dass die gewonnenen Daten geschützt sind und nicht missbraucht werden können. Außerdem werden die Partner zwar statistische Zusammenhänge bei der Zusammenarbeit zwischen den Menschen feststellen, sie werden aber kein individuelles Verhalten beschreiben oder verfolgen. FUTURICT fördert auch die Integration von Forschungseinrichtungen aus der EU und aus dem Ausland, Verknüpfungen zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und Interessensgruppen aus Hochschule, Wirtschaft, Regierungen und den öffentlichen Medien, und Wirtschaft, zwischen Wissenschaftlern und Laien, sowie zwischen Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Herkunft, Geschlecht, Religion und Alter. Das FUTURICT-Konsortium will für wirtschaftliche und politische Entscheidungsträger Krisenobservatorien und Entscheidungshilfesysteme schaffen und in Betrieb nehmen. "Solche Beobachtungsstellen würden Warnzeichen für verschiedenste Probleme frühzeitig erkennen, unter anderem für große Staus, finanzielle Instabilitäten, die Verbreitung von Krankheiten, Veränderungen der Umwelt, Engpässe von Ressourcen und soziale Konflikte", erklärte Dirk Helbing von der ETH Zürich, einer zentralen Vertreter der FUTURICT-Initiative. "Das FUTURICT-Flaggschiff wird interaktive und vielseitige Werkzeuge für die Modellierung, Erforschung und Systementwicklung schaffen, die die beste Kombination menschlicher und künstlicher Intelligenz nutzen", schreiben die FUTURICT-Projektpartner. "Experten werden zwischen Variablen, Parametern, Modellvarianten, Simulationsszenarien, zu untersuchenden Hypothesen und Systemdesigns wählen können, die von diesem halb-automatischen Werkzeug vorgeschlagen werden (dem "Wissensbeschleuniger" (knowledge accelerator)). Es wird Kreativität fördern und die Grenzen der Vorstellungskraft erweitern."

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