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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Europäische Forscher entschlüsseln Signatur für Immuntoleranz bei Patienten mit Nierentransplantationen

Meist müssen Patienten mit Nierentransplantaten hohe Dosen an Immunsuppressiva einnehmen, damit ihr Körper das fremde Organ nicht abstößt. Warum einige Patienten auch ohne diese Medikamente überleben, hat ein EU-finanziertes Forscherteam nun entdeckt. Das auf fünf Jahre angele...

Meist müssen Patienten mit Nierentransplantaten hohe Dosen an Immunsuppressiva einnehmen, damit ihr Körper das fremde Organ nicht abstößt. Warum einige Patienten auch ohne diese Medikamente überleben, hat ein EU-finanziertes Forscherteam nun entdeckt. Das auf fünf Jahre angelegte Projekt RISET (Reprogramming the immune system for establishment of tolerance) wurde mit 12,46 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert. Es soll medizinische Fortschritte in die Praxis umsetzen und deren industrielle Entwicklung vorbereiten. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im Fachblatt "Journal of Clinical Investigation" veröffentlicht. Durch Nierentransplantationen kann jährlich das Leben Tausender Menschen gerettet werden. Leider haben die Medikamente, die die Abstoßungsreaktionen des Immunsystems verhindern, oft toxische Nebenwirkungen und können Infektionen oder gar Tumoren begünstigen. "Immer wieder jedoch fallen Patienten aus diesem Raster heraus, indem sie nach einer Nierentransplantation eine natürliche Immuntoleranz entwickeln", so Dr. Maria Hernandez-Fuentes, Forscherin am King's College London, Vereinigtes Königreich, und Mitglied des RISET-Konsortiums. "Dies wird normalerweise nur dann ersichtlich, wenn die Patienten aus bestimmten Gründen ihre Medikamente absetzen und das Organ trotzdem nicht abgestoßen wird." Bei Patienten mit Lebertransplantationen tritt eine solche Immuntoleranz relativ häufig, bei Nierentransplantationen hingegen eher selten auf. Mehrere EU-weite Forschungseinrichtungen haben dies zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht und untersuchten an 11 Patienten, wie diese Immuntoleranz entsteht. Das RISET-Konsortium, bestehend aus 26 Partnern aus 9 europäischen Ländern, darunter Belgien, die Tschechische Republik und Italien, verglich die Gruppe der 11 Patienten mit anderen Patientengruppen: die zweite Gruppe nahm weiterhin Immunsuppressiva ein, die dritte Gruppe zeigte trotz Immunsuppressiva Abstoßungsreaktionen, die vierte Gruppe war eine gesunde Kontrollgruppe. In ausführlichen Labortests suchten die Forscher nach Merkmalen, durch die sich die erste Gruppe von den anderen unterschied, und entdeckten eine so genannte "Toleranzsignatur", d.h. eine Reihe immunologischer Biomarker im Blut der Patienten. Bei immuntoleranten Patienten war z.B. die Anzahl der B-Zellen im peripheren Blut und der natürlichen Killerzellen (Lymphozyten bzw. weiße Blutzellen, die den Körper vor Infektionen schützen) erhöht. Darüber hinaus besaßen sie weniger aktivierte CD4-positive T-Helferzellen (cluster of differentiation 4 co-receptor), auf der die Immunabwehr des Körpers maßgeblich beruht, und häufig fehlten auch donorspezifische Antikörper. Bemerkenswert dabei ist, dass diese Biomarker auch in einer ähnlichen Patientengruppe in den Vereinigten Staaten entdeckt wurden. Die Ergebnisse könnten wesentlich dazu beitragen, die Lebensqualität Tausender von Patienten mit Nierentransplantaten zu verbessern, die lebenslang auf Immunsuppressiva angewiesen sind und unter den Nebenwirkungen zu leiden haben. Das Projekt RISET konzentrierte sich auf die Validierung der Forschungsergebnisse in der Praxis und deren Übertragung vom Laborversuch in den klinischen Alltag. Auf diese Weise könnten Ärzte Therapien anbieten, die besser auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind. Und sobald Screening-Tests für diese Biomarker zur Verfügung stehen, kann vorhergesagt werden, welche Patienten ohne Immunsuppressiva auskommen und/ oder die Dosis ohne Gefahr reduzieren können. Bis dahin aber raten Dr. Rachel Hilton, Koautorin der am Guy's Hospital in London durchgeführten Studie Patienten mit Nierentransplantationen strengstens davon ab, "aufgrund der neuen Forschungsergebnisse eigenmächtig die Medikation abzusetzen." Allerdings sind die Forscher des RISET-Projekts überzeugt, dass sich diese Ergebnisse dazu eignen, Immuntoleranz nach Nierentransplantationen zu induzieren, und gehen davon aus, dass das Immunsystem umprogrammiert werden kann, um diese spezielle Toleranz zu entwickeln.

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