CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Nachrichten
Inhalt archiviert am 2023-03-07

Article available in the following languages:

Geheimnis der Verbreitung schädlicher Pilzsporen enthüllt

Forscher in den Vereinigten Staaten fanden heraus, wie Pilze es schaffen, den Luftwiderstand zu umgehen, um ihren Sporen die Ausbreitung zu erleichtern. Sie sind überzeugt, dass die Entdeckung neue Methoden zur Bekämpfung von Pilzen wie Sclerotinia hervorbringen könnte, der vo...

Forscher in den Vereinigten Staaten fanden heraus, wie Pilze es schaffen, den Luftwiderstand zu umgehen, um ihren Sporen die Ausbreitung zu erleichtern. Sie sind überzeugt, dass die Entdeckung neue Methoden zur Bekämpfung von Pilzen wie Sclerotinia hervorbringen könnte, der von Sonnenblumen bis Sojabohnen viele Pflanzenarten befallen kann und US-amerikanischen Landwirten jährlich Kosten in Milliardenhöhe verursacht. Mit 18.000 EUR wurde die Studie zum Teil durch ein Marie-Curie-Stipendium unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) finanziert, ihre Ergebnisse sind nun im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) nachzulesen. Hochgeschwindigkeitskameras ermöglichten Biologen und Mathematikern der University of California, Berkeley, und der Universitäten Harvard und Cornell, die Geschwindigkeit der ausgestoßenen Sporen zu messen. Sie beobachteten, wie Sclerotinia Hunderttausende Sporen auf einmal in einer federförmigen Formation entlässt, dadurch den Luftwiderstand fast völlig umgeht und gleichzeitig noch seinen eigenen Wind für die Sporenreise produziert. Damit schaffen es manche Sporen rund zwanzigmal weiter als eine Spore, die auf sich allein gestellt ist. Zwar erreichen die Sporen von Sclerotinia eine Geschwindigkeit von etwa 8,4 Metern pro Sekunde, mit einer Länge von zehn Mikrometern sind sie aber so klein, dass sie durch den Luftwiderstand nach nur drei Millimetern ausgebremst werden. Werden Tausende Sporen jedoch zum selben Zeitpunkt abgeschossen, können manche Sporen mehr als hundert Millimeter weit reisen. "Bei der Tour de France können die Fahrer durch Windschattenfahren im Hauptfeld den Luftwiderstand um 40% senken", so Marcus Roper, Koautor der Studie und Postdoktorand an der Mathematischen Fakultät der UC Berkeley. "Die Ascosporen von Sclerotinia bilden ein perfektes Fahrerfeld, reduzieren den Luftwiderstand auf null und formen einen Luftstrom, der sie noch weiter trägt." Dr. Roper und Dr. Agnese Seminara, ebenfalls Koautorin der Studie und Postdoktorandin in theoretischer Physik an der Harvard's School of Engineering and Applied Sciences, gelang es, mit Standardgleichungen der Hydrodynamik ein präzises Modell der Bewegungen der Sporenwolke zu erstellen. Sie demonstrierten, dass Tausende zum selben Zeitpunkt abgeschossene Sporen schnell jeglichen Luftwiderstand eliminieren, so dass die Sporen fast einen Zentimeter weit fliegen können. Währenddessen greift auch der von der Sporenwolke erzeugte Wind und bringt sie auf eine Geschwindigkeit von immerhin noch 60 Zentimetern pro Sekunde. Ihre Aufwärtsbewegung werde dann nur noch von der Schwerkraft gestoppt, so Dr. Roper. Die "hydrodynamische Kooperation" erlaube es den Pilzen am Boden, ihre Sporen in Blüten oder offene Wunden von Pflanzen zu tragen, um sich von dort aus zügig auf die ganze Pflanze auszubreiten und sie zu töten, wie er vermerkt. Große Neugier weckte auch die Frage, wie derart viele Sporen gleichzeitig entlassen werden können. In Versuchen mit koprophilen Pilzen der Gattung Ascobolus, die auf Pferdedung gedeihen, filmten die Forscher mit Hochgeschwindigkeitskameras die 2 mm großen, becherförmigen Fruchtkörper, die Zehntausende von Sporensäcken mit je 8 Sporen enthalten. Zwar scheint es Zufall zu sein, welcher der Sporensäcke als erster seinen Inhalt entlässt, nachdem aber ein oder zwei geplatzt sind, folgt eine Welle von Auswürfen, die sich binnen kürzester Zeit ringförmig ausbreitet. Da dies innerhalb von einem Zehntel einer Sekunde passiert, scheinen die Auswürfe gleichzeitig stattzufinden. "Die Federformation entsteht aus der Abfolge bogenförmiger Auswürfe", erklärt Dr. Roper. Nachdem sie dies in ihr mathematisches Modell integriert hatten, erkannten Dr. Roper und Dr. Seminara, dass es sich bei der kooperativen Entladung um eine hocheffektive Methode des Pilzes handelt, seine Sporen weit ins Feld zu schicken. Demnächst wollen sie herausfinden, was den Sporenauswurf auslöst, und ob und wie die einzelnen Sporen untereinander konkurrieren, um weiter herausgeschossen zu werden als ihre Kameraden. Anne Pringle, Assistenzprofessorin für organische und evolutionäre Biologie an der Universität Harvard, äußert sich zu den Ergebnissen folgendermaßen: "Sie könnten die Entwicklung von Methoden zu Bekämpfung der Ausbreitung von Pilzkrankheiten wesentlich vorantreiben, immerhin kostet Sclerotinia allein den US-amerikanischen Landwirten jährlich 1 Mrd. USD [730 Mio. EUR], die hauptsächlich durch die Bekämpfung der Pilzkrankheit und durch Ernteverluste entsteht."

Länder

Vereinigte Staaten

Verwandte Artikel