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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Teilchenbeschleuniger LHC erzeugt Mini-Urknall

Am weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) hat man die Ziele für 2010 erreicht und eine neue Phase eingeläutet, in welcher die Wissenschaftler jene Art von Materie untersuchen wollen, die kurz nach dem Urknall existierte. In den vergangenen sieben Monat...

Am weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC (Large Hadron Collider) hat man die Ziele für 2010 erreicht und eine neue Phase eingeläutet, in welcher die Wissenschaftler jene Art von Materie untersuchen wollen, die kurz nach dem Urknall existierte. In den vergangenen sieben Monaten haben die Wissenschaftler am LHC des Genfer Forschungszentrums CERN (der europäischen Organisation für Kernforschung) Kollisionen zwischen Protonen - leichten Wasserstoffkernen - untersucht. Hauptziel war es, eine "Leuchtkraft" (ein Maß für die Kollisionsrate) von 10 hoch 32 Kollisionen pro Quadratzentimeter und Sekunde zu erreichen, was am 13. Oktober - zwei Wochen früher als geplant - realisiert werden konnte. Diese Protonenphase des Experiments endete am 4. November. Zu den in diesem Zeitraum erzielten Resultaten zählen auch die Bestätigung bestimmter Aspekte des Standardmodells der Teilchenphysik und Kräfte bei hohen Energien, erste Beobachtungen des Top-Quarks bei Proton-Proton-Kollisionen und die Grenzen, die für die Erzeugung neuer Teilchen wie "angeregter" Quarks gelten. "Hier zeigt sich, dass das Ziel, das wir uns für dieses Jahr gesetzt hatten, realistisch - aber auch anspruchsvoll - war. Es ist natürlich sehr erfreulich, es in einer so schönen Untersuchung bestätigt zu sehen. Es zeugt vom cleveren Entwurf der Maschine sowie von der harten Arbeit, die hier zum Erfolg geführt hat", kommentiert CERN-Generaldirektor Rolf Heuer. "Das kann nur Gutes für unsere Ziele für 2011 bedeuten." Der LHC hat bereits seine nächste Aktivitätsphase begonnen, bei der Bleiionen mit Energien auf Rekordniveau ineinanderrasen. Diese Kollisionen stellen den Versuch dar, die in den ersten Momenten der Existenz des Universums herrschenden Bedingungen nachzubilden. Die ersten Kollisionen zwischen Bleiionen haben bereits stattgefunden, sehr zur Freude der Wissenschaftler, die am ALICE-Experiment arbeiten, einem der vier Experimente, die am LHC laufen. "Wir sind begeistert von diesem Erfolg! Die Kollisionen erzeugten regelrechte Mini-Urknalle sowie die höchsten Temperaturen und größten Dichten, die jemals in einem Experiment erreicht worden sind", erläutert David Evans von der Universität Birmingham, Vereinigtes Königreich. "Dieser Prozess fand in einer sicheren, kontrollierten Umgebung statt, wobei unglaublich heiße und dichte subatomare Feuerbälle mit Temperaturen von über 10 Billionen Grad - eine Million Mal heißer als die Sonnenmitte - erzeugt wurden", fügt er hinzu. "Bei diesen Temperaturen schmelzen sogar Protonen und Neutronen, aus denen die Atomkerne bestehen. Es entsteht eine heiße, dichte Suppe aus Quarks und Gluonen - ein Quark-Gluon-Plasma." "Die Physiker hoffen, aus der Untersuchung dieses Plasmas mehr über die Starke Kraft zu lernen, eine der vier fundamentalen Naturkräfte. Die Starke Kraft - auch als starke Wechselwirkung bekannt - hält nicht nur die Atomkerne zusammen, sondern ist für 98% ihrer Masse verantwortlich. Ich freue mich darauf, ein winziges Stückchen von dem erforschen zu dürfen, woraus das Universum eine millionstel Sekunde nach dem Urknall bestand." Ein weiterer Erfolg für den LHC ist die Tatsache, dass das Worldwide LHC Computing Grid (WLCG) die in der Protonen-Betriebsphase des Experiments erzeugten immensen Datenmengen verkraftet. Das WLCG stützt sich auf die Rechenleistung von weltweit über 140 Computerzentren, die die Experimente am LHC unterstützen. Das System verarbeitet über eine Million Rechenaufgaben pro Tag; die Datenübertragungsraten haben 10 Gigabyte (das entspricht zwei kompletten Daten-DVDs) pro Sekunde erreicht. Die nun am LHC laufenden Bleiionen-Experimente werden neue Herausforderungen an das WLCG stellen, da sie noch stärkere Datenströme als die Proton-Proton-Kollisionen erzeugen werden. Tests haben demonstriert, dass das CERN-Datenspeichersystem diesen Datenströmen durchaus gewachsen sein sollte. Bis zum 6. Dezember sind nun Versuche mit Bleiionen geplant; dann soll der LHC zur Wartung heruntergefahren werden. Im Februar wird der Betrieb erneut mit Protonenkollisionen weiterlaufen.

Länder

Schweiz

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