Neuartiges Mikroskop liefert hochauflösende 3D-Bilder intakter Zellen
Deutschen und US-amerikanischen Wissenschaftlern ist das scheinbar Unmögliche gelungen: sie haben ein hochmodernes Mikroskop entwickelt, das sofort ein dreidimensionales (3D) Bild von intakten Zellen liefert, ohne dass diese für die Untersuchung chemisch fixiert, eingefärbt oder zerschnitten werden müssen. Mit dem in der Fachzeitschrift Nature Methods vorgestellten Gerät könnten bestehende technologische Lücken ausgefüllt werden, es könnte sich sowohl in den medizinischen Wissenschaften als auch in der Strukturbiologie als nützlich erweisen. Die Wissenschaftler vom Institut für Weiche Materie und Funktionale Materialien am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) in Deutschland und dem in den USA ansässigen National Cancer Institute untersuchten ganze, tiefgefrorene Zellen in ihrer natürlichen Umgebung. Den Forschern zufolge werden die hochaufgelösten 3D-Bilder der gesamten Zelle in einem Schritt geliefert. Die Vorteile gegenüber der Elektronenmikroskopie liegen beispielsweise darin, dass die 3D-Bilder intakte Zellen zeigen und darüber hinaus auch viel schneller vorliegen, denn bisher konnte es Wochen dauern, bis ein Forscher ein 3D-Bild von nur einer Zelle vor sich hatte. Das neue Mikroskop schlägt auch die Fluoreszenzmikroskopie, mit der Forscher ausschließlich mit Farbe markierte Strukturen sehen können. Die Wissenschaftler nutzten ihren Angaben zufolge den natürlichen Kontrast zwischen organischer Materie und Wasser, um alle Zellstrukturen abzubilden. Dafür bildeten sie Zellbestandteile eines Adenokarzinoms bei Mäusen dreidimensional ab. Selbst kleinste Details der Zellen, etwa die Kernporen in der Zellkernhülle, die Doppelmembran des Zellkerns, innere Ausstülpungen der Mitochondrien, Membrankanäle im Zellkern und Einschlüsse in Zellorganellen wie Lysosomen, wurden sichtbar. Mit Röntgenstrahlung konnte die Ultrastruktur von Zellen bis auf 30 Nanometer genau abgebildet werden (zehn Nanometer entsprechen ungefähr einem Zehntausendstel der Stärke eines menschlichen Haares). Ultrastruktur nennt man die Detailstruktur einer biologischen Probe, die mit einem optischen Mikroskop nicht sichtbar ist. Das Team verwendete teilkohärentes Licht, um die winzigen Strukturen der tiefgefrorenen Objektstrukturen zu erleuchten und die hohe 3D-Auflösung zu erreichen. Erzeugt wurde dieses von BESSY II, der Synchrotronquelle des HZB. Zu dieser Methode erklärten die Forscher, dass zwei Wellen teilkohärent sind, wenn ihre relative Phase zufälligen Schwankungen unterliegt, die nicht ausreichen, um eine vollständig inkohärente Welle zu erzeugen. Kombiniert mit einer hochauflösenden Optik konnten sie dann die Feinstrukturen der Zellen mit einem bisher unerreicht hohen Kontrast darstellen. "Wir haben ein Transmissionsmikroskop mit weicher Röntgenstrahlung gebaut, das sich verbesserte Nanofabrikationstechniken zunutze macht. Dadurch können Röntgenobjektive mit höherer Auflösung und kleineren Randbereichen hergestellt werden", schreiben die Autoren in ihrem Artikel. "Wir haben dieses hochauflösende Objektiv mit teilkohärentem Licht kombiniert, anstatt ein weniger hoch auflösendes Objektiv mit quasi inkohärentem Licht zu verwenden, wie in vorangegangenen Aufbauten. Während Teilkohärenz im Vergleich zur Inkohärenz eine geringere maximale Auflösung bietet, liefert sie einen viel größeren Kontrast bei mittleren bis höheren räumlichen Frequenzen. Somit sollte man mit der Kombination aus Teilkohärenz und einer höher auflösenden Optik im Endergebnis einen besseren Kontrast erhalten. ' Den Forschern zufolge werden diese neuesten Entwicklungen der Medizin wichtige Einblicke in innerzelluläre Prozesse liefern, beispielsweise zu der Frage, wie Viren oder Nanopartikel in Zellen oder in den Zellkern eindringen. Aus allgemeiner Sicht stellen sie der Strukturbiologie ein Werkzeug zur Verfügung, um so unser Wissen über die Zellstruktur zu verbessern.
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Deutschland, Vereinigte Staaten