Lichtaktivierte Platin-Komplexe in der Krebstherapie
Ein EU-finanziertes Forscherteam entwickelt derzeit einen interessanten Ansatz für eine Krebstherapie, bei der ein Platin-Komplex durch blaues Licht aktiviert wird. Die lichtaktivierten Platin-Therapeutika könnten nicht nur wirksamer als andere Medikamente dieser Art sein, sondern Krebszellen auch gezielter und mit weniger Nebenwirkungen eliminieren. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die britischen Forscher im Fachblatt Angewandte Chemie. Die EU finanzierte die Studie durch das Projekt PHOTORUACD (Novel photodissociable ruthenium-based anticancer drugs), das mit 178.000 EUR durch ein Marie-Curie-Stipendium für europäische Wissenschaftler in Europa (Intra-European Fellowship) aus dem Programm "Menschen" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert wurde. Auf dem Edelmetall Platin basierende Komplexe sind erprobte Antitumormittel, prominente Beispiele sind Cisplatin, Carboplatin und Oxaliplatin. Bei der sogenannten Photoaktivierung werden diese Platin-Komplexe durch Licht direkt am Ort des Geschehens - also in den Tumorzellen selbst - aktiviert, sodass umgebendes gesundes Gewebe und der Organismus geschont werden. Möglicherweise könnte die Therapie auch gezielt bei Zellen greifen, die gegen Medikamente resistent geworden sind, oder auch bei anderen Tumorarten. Bereits zuvor hatten die Forscher der Universität Warwick einen Platin-Komplex entwickelt, der durch UV-Strahlung (ultraviolettes Licht) aktiviert wird, deren Einsatz in der Krebstherapie aufgrund der kurzen Wellenlänge allerdings begrenzt sei, so die Forscher. In der jüngsten Studie beschreiben die Warwick-Forscher zusammen mit ihren Kollegen vom Ninewells Hospital in Dundee und der Universität Edinburgh einen neuartigen Platin-Komplex, der mit geringen Dosen von sichtbarem blauen oder grünen Licht aktiviert wird. Der Komplex mit der Bezeichnung trans,trans,trans-[Pt(N3)2(OH)2(py)2] ist stabil, einfach in der Handhabung und wasserlöslich, d.h. er löst sich im Körper auf und lässt sich nach der Therapie problemlos ausspülen. "Das Besondere: Unser neuer Komplex lässt sich nicht nur mit UV-Licht aktivieren, sondern auch mit geringen Dosen blauen oder grünen Lichts", berichtet Studienleiter Peter Sadler vom Institut für Chemie der Universität Warwick. "Bei der Lichtaktivierung entsteht eine hochwirksame cytotoxische Verbindung, die sich gegenüber einer ganzen Reihe getesteter Krebszelllinien als wesentlich wirksamer erwies als Cisplatin." Das Team geht davon aus, dass sich der neuartige Wirkstoff besonders zur Therapie von Tumoren und Krebsvorstufen bei dünnwandigen Organen wie Blase und Speiseröhre eignet. Bei Labortests an Speiseröhren-Krebszelllinien erwies sich der Komplex nach der Aktivierung als hochwirksam, sodass er nun auch an Eierstock- und Leberkrebszelllinien getestet wird. "Der Komplex weckt große Hoffnungen für die künftige Krebstherapie. Da die massive toxische Wirkung erst durch die Photoaktivierung entsteht, können Krebszellen sehr viel gezielter angegriffen werden", erklärt Professor Sadler. "Wir hoffen, dass eine Therapie mit lichtaktivierten Platin-Komplexen auch Krebsarten behandelbar macht, die bisher nicht auf eine Chemotherapie mit Platin-Verbindungen angesprochen haben", so Sadler. "Selbst Tumore, die gegen herkömmliche Platin-Therapeutika resistent geworden sind, könnten darauf ansprechen - wahrscheinlich sogar mit weniger Nebenwirkungen." Die Forscher bereiten die neue Therapie derzeit für die vorklinische Phase vor.
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Vereinigtes Königreich