Kunstvolle Samenverteilung bei Pflanzen
Viele Pflanzen verteilen ihre Samen in höchst kunstvoller Art und Weise. Das haben deutsche Forscher am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam und der Technischen Universität Dresden in einer genauen Untersuchung des Öffnungsmechanismus herausgefunden. In ihrem Forschungsbericht im Fachblatt Nature Communications beschreiben sie, dass beispielsweise die Samenkapseln der Mittagsblume Delosperma nakurense bei Regen Deckel über ihren Samenkammern auffalten, ähnlich einer beweglichen Origamiblüte. Die Deckel klappen auf, weil sich die wabenartigen Zellstrukturen an der Innenseite mit Wasser voll saugen und so ihre Struktur verändern. Auf diese Weise verbessert die Pflanze, die in sehr trockenen Gegenden wächst, für ihre Samen die Chancen, aufzugehen. Die Forscher möchten nach diesem Vorbild nun Materialien entwickeln, die sich bewegen, wenn sie feucht werden oder wenn sich ihre Temperatur ändert. Das Forscherteam hat herausgefunden, dass sich die Deckel der Samenkapseln an einer Art Gelenk auffalten, wenn sie feucht werden. Umgekehrt schließen sie sich wieder, sobald sie trocknen. Da sich dabei auch die Krümmung der Klappen verändert, decken diese die Samenkammern bei Trockenheit dicht ab. Die Krümmung verhindert zudem, dass sich ein Verschluss unbeabsichtigt öffnet. "Es handelt sich also um einen koordinierten Faltmechanismus in zwei Richtungen, wie man ihn von beweglichen Origamis kennt", sagt Matthew Harrington, leitender Autor der Studie. Demnach verformen sich die fünf Deckel der Samenkapsel aufgrund ihrer raffinierten Struktur und einer geschickten Kombination der Eigenschaften verschiedener biologischer Materialien. Die Deckel besitzen eine dreieckige Form, sodass die Samenkapsel in geöffnetem Zustand an einen fünfzackigen Stern erinnert. Sie tragen ein stark quellbares Gewebe und zwar auf der Seite, die im geschlossenen Zustand nach unten und im offenen Zustand nach oben weist. Das Gewebe teilt sich in zwei Hälften und läuft auf den offenen Deckeln - wenn die Kapsel also feucht ist - von innen nach außen. Die beiden Hälften schließen sich dann zu einem schmalen Grat. Bei Trockenheit trennt ein Spalt die beiden Hälften des Gewebes. In diesen Spalten befinden sich im trockenen Zustand die Trennwände der fünf Samenkammern, so dass die Kammern dicht verschlossen sind. Wenn der Deckel aufklappt, verformt er sich vor allem dort, wo er an der Kapsel ansetzt, was wie ein Gelenk wirkt. Wie sich der Verschluss öffnet, offenbarte den Forschern aber erst ein sehr genauer Blick auf die Struktur des quellbaren Gewebes. Dieses besteht nämlich aus oben offenen, mehr oder weniger sechseckigen Zellen, die eine Wabenstruktur bilden. Die Forschungsergebnisse könnten sich für künftige Projekte in vielen Fachbereichen einsetzen lassen. "Der Mechanismus ist für technische Anwendungen interessant, weil die Energie für die gerichtete Bewegung bereits im Material gespeichert ist", sagt Peter Fratzl. So möchten die Wissenschaftler dieses Konzept nun in eine Technik übertragen, die etwa in der Biomedizin oder der Architektur Anwendung finden könnte. Das Prinzip lässt sich zudem auf Materialien übertragen, die sich unterschiedlich stark ausdehnen oder zusammenziehen, wenn sich die Temperatur ändert. Eine Markise entfaltet sich dann irgendwann vielleicht von selbst über der Terrasse, wenn die Sonne ungemütlich heiß brennt.Für weitere Informationen: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung http://www.mpikg.mpg.de/english/cont_issues/news/index.php(öffnet in neuem Fenster)
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