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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Wie der Echte Mehltau das pflanzliche Immunsystem außer Kraft setzt

Echter Mehltau gehört zu den schwerwiegendsten Pflanzenkrankheiten überhaupt und wird durch verschiedene Pilzarten verursacht, die auf den Pflanzen leicht erkennbar sind. Ein deutsches Forscherteam untersuchte, wie sich Echter Mehltau in Gerste entwickelt. Nicht nur gewähren d...

Echter Mehltau gehört zu den schwerwiegendsten Pflanzenkrankheiten überhaupt und wird durch verschiedene Pilzarten verursacht, die auf den Pflanzen leicht erkennbar sind. Ein deutsches Forscherteam untersuchte, wie sich Echter Mehltau in Gerste entwickelt. Nicht nur gewähren die Zellen des Getreides ihm Einlass in die Pflanze, sondern versorgen den Krankheitserreger auch noch mit Nährstoffen. Die in der Fachzeitschrift "The Plant Cell" veröffentlichten Ergebnisse liefern Aufschluss über beteiligte Signalwege auf molekularer Ebene, über die der Pilz das schafft - und wie sich die Gerste dagegen wehrt. Auch Pflanzen haben ein Immunsystem, das sie vor Krankheitserregern schützt, so die Forscher. Die Früherkennung von Erregern und anschließende Abwehrreaktionen, vor allem an der Pflanzenzellwand, wirken als Schutzschild und sichern damit das Überleben der Pflanze. Doch auch die Erreger von Pflanzenkrankheiten haben ihre Waffen: Einige sind in der Lage, die zellwandassoziierte Abwehrreaktion der Pflanzen zu unterdrücken. "Ein besonders raffinierter Angreifer, der Echte Mehltaupilz, kann Zellen sogar so umprogrammieren, dass sie Architektur und Stoffwechsel zu Gunsten des Pilzes anpassen“, erläutert Prof. Ralph Hückelhoven, Lehrstuhl für Phytopathologie der Technischen Universität München (TUM) in Deutschland. "Dann unterstützt die Pflanze das Einwachsen des eigentlich schädlichen Mehltaupilzes in lebende Pflanzenzellen aktiv und versorgt ihn sogar mit Nährstoffen." Wie der Mehltau die Pflanze derartig manipulieren kann und welche pflanzlichen Komponenten daran beteiligt sind, war allerdings noch weitgehend ein Rätsel, das nun von den TUM-Forschern näher untersucht wurde. Hückelhovens Forscherteam identifizierte kürzlich zwei Proteine in der Gerste, die sich der Echte Mehltaupilz bei seiner "feindlichen Übernahme" lebender Pflanzenzellen zunutze macht. Die beiden Eiweißstoffe steuern eigentlich gemeinsam Entwicklungsprozesse in der Pflanzenzelle - bei der Gerste sind sie zum Beispiel für das Wachstum von Wurzelhaaren verantwortlich. Das eine Protein, RACB genannt, ist ein molekularer Schalter, der in Pflanzen eine strukturelle und stoffwechselbezogene Antwort ihrer Zellen einleitet, sobald Signale von außen eingehen. Zum Beispiel ist es an der Oberflächenvergrößerung der Pflanzenzelle bei Wachstumsprozessen beteiligt. Das andere Protein, MAGAP1 genannt, fungiert als sein Gegenspieler und kann so diese Aktivitäten der Zelle verhindern oder lokal begrenzen. Die Forscher konnten beobachten, wie das RACB-Protein den Pilz beim Einwachsen in die Pflanze unterstützt. Die Grundfunktion des Proteins, die Vergrößerung der Pflanzenzellmembran, wird zum Einfallstor: Denn RACB fördert die Vergrößerung der Zelloberfläche beim Eindringen des Mehltaupilzes, so dass die Pflanzenzelle hierbei intakt bleibt und der Pilz weiter unterstützt wird. Hückelhovens Team konnte zeigen: Fehlt das Protein, ist die Pflanze weniger anfällig gegen den Echten Mehltau. Hückelhoven erklärt: "Der Schadpilz profitiert also von diesem Protein der Gerste. RACB erleichtert es dem Echten Mehltau, seine Ernährungsorgane in die attackierte Zelle einzustülpen, um die Kontrolle über die Gerstenzelle zu übernehmen." Die Forscher vermuten, dass der Pilz schon quasi per Fernsteuerung von außen die Kontrolle über die pflanzeneigene Signalkette übernimmt, um dem Pilz die Tür zu den Nährstoffquellen der Pflanze zu öffnen. Die TUM-Forscher konnten aber auch zeigen, dass die Gerste diesem Trick nicht wehrlos ausgeliefert ist - MAGAP1 kann die Attacke von außen wirksam verhindern. Dieses Gegenspieler-Protein sitzt normalerweise am Zytoskelett der Pflanzenzelle, einem dynamischen Geflecht aus Eiweißfasern, das u.a. für die Zellwandverstärkung zur Verhinderung einer Pilz-Invasion zuständig ist. Bei einer Attacke wandert MAGAP1 jedoch an die Membran der Zelloberfläche, wo es den Anfälligkeitsfaktor RACB abschaltet. Das verhindert dann die vom Pilz benötigte Oberflächenvergrößerung der Zelle und schlägt dem Echten Mehltau die Tür vor der Nase zu. Prof. Hückelhoven ist überzeugt, dass die Ergebnisse künftige Forschungen maßgeblich beeinflussen werden: "Vom genauen Verständnis der Krankheitsursachen erhoffen wir uns mittelfristig innovative Ansätze zur Gesunderhaltung von Kulturpflanzen über die Stärkung der natürlichen Immunität."Für weitere Informationen: The Plant Cell: http://www.plantcell.org/ Technische Universität München (TUM): http://portal.mytum.de/welcome/

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