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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Pestizide bedrohen europäische Flüsse - muss die Risikoliste aktualisiert werden?

Ein Forscherteam hat in einer neuen EU-finanzierten Studie eine Reihe gefährlicher Pestizide aufgelistet, die die Ökosysteme der Flüsse bedrohen und die ihrer Ansicht nach auf die Liste der Chemikalien gesetzt werden sollten, die laut EU-Wasserrahmenrichtlinie als risikobehaft...

Ein Forscherteam hat in einer neuen EU-finanzierten Studie eine Reihe gefährlicher Pestizide aufgelistet, die die Ökosysteme der Flüsse bedrohen und die ihrer Ansicht nach auf die Liste der Chemikalien gesetzt werden sollten, die laut EU-Wasserrahmenrichtlinie als risikobehaftet klassifiziert sind. Diese Erkenntnisse des Forscherteams aus Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich und der Slowakei basieren auf einer Analyse von 500 organischen Substanzen aus vier der größten europäischen Flüsse und wurden in der Fachzeitschrift Science of the Total Environment veröffentlicht. Die Kontamination durch organische Chemikalien ist überall in Europa ein Problem. 38% dieser Chemikalien sind in Konzentrationen vorhanden, die für die in diesen Flüssen lebenden Organismen verheerend sein könnten. Die Arbeit wurde von der Europäischen Kommission mit 8,4 Mio. EUR aus dem Projekt MODELKEY ("Models for Assessing and Forecasting the Impact of Environmental Key Pollutants on Marine and Freshwater Ecosystems and Biodiversity") sowie mit 10 Mio. EUR aus dem Projekt OSIRIS ("Optimized strategies for Risk assessment of chemicals based on Intelligent testing") unterstützt, beide Teil des Themenbereichs "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms der EU (RP6). Im Rahmen des MODELKEY-Projekts wurde eine Datenbank mit fünf Millionen Einträgen physiochemischer Daten entwickelt. Die Studie konzentrierte sich auf organische Schadstoffe aus über 750.000 Wasseranalysen aus der Elbe (Tschechische Republik/Deutschland), der Donau (die durch 10 benachbarte europäische Länder fließt), der Schelde (Belgien) und des Llobregat (Spanien). Erstmals hat eine Studie ein solches System zur Klassifizierung organischer Schadstoffe auf der Grundlage von Bewertungskriterien und Handlungsbedarf entwickelt. Ziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist die Erreichung eines guten ökologischen und chemischen Zustandes sowohl der Oberflächengewässer, als auch des Grundwassers bis zum Jahre 2015. Dieser chemische Zustand wird auf Grundlage einer Liste mit 33 sogenannten "prioritären Schadstoffen" bewertet. Da es auf dem Markt jedoch über 14 Millionen Chemikalien gibt und mehr als 100.000 davon im industriellen Maßstab produziert werden, muss ihre Überwachung auf ein überschaubares Maß gebracht werden und so arbeiten die Wissenschaftler intensiv daran, herauszufinden, welche Schadstoffe die größte Gefahr darstellen. Diese Art der Forschung ist für die permanente Aktualisierung der Richtlinie unumgänglich. Der Großteil der Substanzen, die gegenwärtig ein Problem darstellen, steht nicht auf der Liste; andererseits werden nach wie vor Chemikalien überwacht, die schon seit längerer Zeit verboten sind und nicht mehr verwendet werden. In ihrer Studie klassifizierten die Wissenschaftler insgesamt 73 Komponenten als potentiell prioritäre Schadstoffe; rund zwei Drittel davon sind Pestizide. Pestizide werden in der Landwirtschaft zum Schutz des Anbaus vor Krankheiten und Schädlingen sowie zur Unkrautbekämpfung verwendet. Die problematischsten Pestizide sind Diazinon, welches in Österreich und Deutschland bereits verboten ist, sowie Azoxystrobin und Terbuthylazin, die in Mitteleuropa noch erlaubt sind. "Beide Pestizide stehen nicht auf der Liste der 33 prioritären Schadstoffe, die die Behörden EU-weit kontrollieren müssen", erklärt der leitende Autor der Studie Dr. Peter Carsten von der Ohe vom Helmholz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Deutschland. "Terbuthylazin ist strukturell sehr ähnlich den beiden prioritären Stoffen Simazin und Atrazin, die längst nicht mehr zugelassen sind. Dies ist ein Beispiel wie kleine Änderungen der chemischen Struktur zu einer scheinbaren Verbesserung des chemischen Zustands führen, ohne dass die Gefährdung für aquatische Ökosysteme tatsächlich abnimmt." Eine der am häufigsten registrierten Verbindungen ist Diethylhexylphthalat (DEHP), ein chemischer Weichmacher, der die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen kann und ab 2015 in der EU verboten ist. Ein weiterer, ebenfalls oft in der Datenbank auftauchender und fortpflanzungsschädigender Weichmacher ist Bisphenol A (BPA). Das Team betont ferner, dass diese Ergebnisse trotz Defizite den Erfolg der EU-Wasserrahmenrichtlinie zeigen, da ein Drittel der Schadstoffe, die vor ein paar Jahren durch die EU als prioritär eingestuft worden waren, in den untersuchten Flüssen kein Risiko mehr darstellen. Insofern muss die Liste zwar regelmäßig aktualisiert werden, die Tatsache jedoch, dass einige Pestizide von der Risikoliste gestrichen werden können, belegt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.Weitere Informationen finden Sie unter: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ): http://www.ufz.de/index.php?de=11382

Länder

Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Slowakei

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