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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Studie zur Wirkungsweise von Paracetamol ebnet Weg für nebenwirkungsfreie Schmerzmittel

Ein Forscherteam enthüllte die Wirkungsweise eines der gängigsten Schmerzmittel, damit künftig Medikamente mit gleicher Wirkung, aber weniger Nebenwirkungen entwickelt werden können. Die im Fachblatt Nature Communications von Forschern aus Frankreich, Schweden und dem Verein...

Ein Forscherteam enthüllte die Wirkungsweise eines der gängigsten Schmerzmittel, damit künftig Medikamente mit gleicher Wirkung, aber weniger Nebenwirkungen entwickelt werden können. Die im Fachblatt Nature Communications von Forschern aus Frankreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich vorgestellte Studie erklärt das Wirkprinzip von Paracetamol, einem der weltweit am häufigsten eingesetzten Schmerzmittel. Obwohl der 1890 entdeckte Wirkstoff bereits seit 1950 rezeptfrei erhältlich ist, war seine eigentliche therapeutische Wirkungsweise bislang unbekannt. In einer bahnbrechenden neuen Studie ermittelte das Forscherteam das Protein TRPA1 als wichtigstes Molekül auf der Oberfläche von Nervenzellen, das als Rezeptor für das sehr wirkungsvolle Paracetamol fungiert. Einer der Studienautoren, Dr. David Andersson vom King's College London erläutert: "Diese Entdeckung ist regelrecht spektakulär, denn sie lüftet das Geheimnis eines der erfolgreichsten Medikamente, was die Entwicklung ähnlicher Schmerzmittel in ganz neue Bahnen lenken kann. Paracetamol ist das Schmerzmittel Nr. 1 bei Erkältungssymptomen, Schmerzen und Fieber, beim Überschreiten der empfohlenen Dosis können jedoch tödliche Komplikationen die Folge sein. Da wir nun die zugrunde liegenden Mechanismen kennen, können wir nach Molekülen suchen, die auf dieselbe Art und Weise wirken, aber weniger toxisch sind und bei einer Überdosierung keine schweren Komplikationen nach sich ziehen." Neuere Studien haben gezeigt, dass eine regelmäßige Überdosierung von Paracetamol das Risiko eines tödlichen Ausgangs deutlich erhöht. Es wird nicht nur als Monopräparat, sondern auch als Kombinationspräparat beispielsweise zur Behandlung von Erkältungskrankheiten eingesetzt. Das Team führte an Mäusen, denen Paracetamol verabreicht wurde, den so genannten Hot-Plate-Test durch, d.h. das Schmerzempfinden der Tiere wurde beim Berühren einer heißen Platte beobachtet. Hierfür wurden die Sekunden gezählt, bis die Maus ihre Pfote von der heißen Platte wegzieht. Da dies unter Paracetamol-Wirkung länger dauerte, ist bewiesen, dass der Wirkstoff unempfindlicher gegen Hitzeschmerz macht. Anschließend wurde an genetisch veränderten Mäusen überprüft, was passiert, wenn das Protein TRPA1 fehlt: im gleichen Versuch zeigte Paracetamol keine schmerzlindernde Wirkung. Damit war der Nachweis erbracht, dass die Wirkungsweise der Substanz auf der Rezeptorfunktion des Proteins beruht. Professor Bevan, ebenfalls Studienautor am King's College London, erklärt hierzu: "Uns haben die Ergebnisse überrascht, denn vorige Studien legten nahe, dass TRPA1 auch Ursache von Schmerzen, Husten und Überempfindlichkeitsreaktionen ist - es ist ja der Rezeptor für gängige Reizstoffe wie Zwiebelsaft, Senf- oder Tränengas. Unsere Entdeckung zeigt erstmals, dass eigentlich das Gegenteil der Fall ist - mit dem Protein haben wir einen neuartigen Wirkmechanismus eines Schmerzmittels entdeckt." Dem Team zufolge wird durch die Einnahme von Paracetamol auch das gesundheitsschädliche Abbauprodukt NAPQI gebildet, das bei einer Überdosis Rückenmarks- oder Leberschäden hervorrufen kann. Daraus lässt sich ableiten, dass es auch andere Substanzen geben muss, die die Schmerzweiterleitung im Rückenmark unterbrechen, sodass nach diesem Wirkprinzip künftig sicherere Medikamente entwickelt werden könnten. Gelingt es dem Team, weitere schmerzstillende Substanzen mit Paracetamol-ähnlicher Wirkungsweise zu finden, die denselben Signalweg TRPA1 nutzen und die Schmerzübertragung ans Gehirn unterbrechen, könnten nebenwirkungsfreie Wirkstoffe entwickelt werden, bei denen zudem keine Gefahr der Überdosierung besteht. Die Veröffentlichung der Studie gibt den Startschuss für Versuche mit TRPA1 als neuem Ansatz für schmerzstillende Medikamente, wie Dr. David Andersson erklärt: "Bislang wurden eine ganze Reihe von Wirkstoffansätzen identifiziert. Da beim Menschen Paracetamol aber besonders gut wirkt, können wir auf dieser Basis nach effektiveren Molekülen für den gleichen Signalweg suchen, die aber weniger riskant sind."Weitere Informationen erhalten Sie hier: King's College London: http://www.kcl.ac.uk/index.aspx

Länder

Frankreich, Schweden, Vereinigtes Königreich

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