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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Laserkühlung von Halbleiter-Membranen öffnet Tor für Quantencomputer

Durch innovative Kombination von zwei Forschungsfeldern - Quantenphysik und Nanophysik - haben dänische Forscher mithilfe einer EU-Finanzierung eine neue Methode zur Laserkühlung von Halbleitermembranen entdeckt. Halbleiter sind ein unverzichtbarer Bestandteil in vielen elektr...

Durch innovative Kombination von zwei Forschungsfeldern - Quantenphysik und Nanophysik - haben dänische Forscher mithilfe einer EU-Finanzierung eine neue Methode zur Laserkühlung von Halbleitermembranen entdeckt. Halbleiter sind ein unverzichtbarer Bestandteil in vielen elektronischen Geräten wie Solarzellen und Leuchtdioden (LEDs), und es ist wichtig in der Lage zu sein, diese Komponenten zu kühlen, um in der Zukunft Quantencomputer und hochempfindliche Sensoren entwickeln zu können. Jedoch, obwohl es sich um ein Kühlverfahren handelt, wird bei dieser Technik, zunächst einmal genau das Gegenteil bewirkt, nämlich die Erwärmung des Materials. In seinem Artikel in der Zeitschrift Nature Physics erklärt das Team vom Niels-Bohr-Institut an der Universität Kopenhagen in Dänemark, wie es den Einsatz von Lasern entwickelt hat, die in der Lage sind, die Membranfluktuationen auf minus 269 Grad Celsius zu kühlen. Die Studie wurde mit 4.700.000 EUR im Rahmen des Projekts Q-ESSENCE ("Quantum interfaces, sensors and communication based on entanglement") unter dem Themenbereich "IKT" (Informations- und Kommunikationstechnologien) des Siebten Rahmenprogramms der EU (RP7) gefördert. Leitautor der Studie, Koji Usami, erklärt: "Im Experiment ist es uns gelungen, eine neue und effiziente Kühlung eines festen Materials unter Verwendung von Lasern zu erreichen. Wir haben eine Halbleitermembran mit einer Dicke von 160 Nanometern und einer bisher unerreichten Fläche von 1 mal 1 Millimeter hergestellt. In den Experimenten lassen wir die Membran mit dem Laserlicht so interagieren, dass ihre mechanischen Bewegungen das Licht, das auf diese trifft, beeinflusst. Wir haben die Physik sorgfältig überprüft und entdeckt, dass eine bestimmte Schwingungsart der Membran sich von Raumtemperatur bis auf minus 269 Grad Celsius herabkühlt. Dies war ein Ergebnis des komplexen und faszinierenden Wechselspiels zwischen der Membranbewegung, den Eigenschaften des Halbleiters und der optischen Resonanz." Das dänische Team arbeitet seit langem an der Perfektionierung der Technik der Laserkühlung von Atomen. Ihm war es bereits gelungen Gaswolken von Cäsium-Atomen bis knapp auf den absoluten Nullpunkt, bei minus 273 Grad Celsius, mit fokussierten Lasern abzukühlen. Außerdem gelang die Verschränkung zwischen zwei atomaren Systemen. Dies geschieht, wenn der atomare Spin sich verschränkt und die beiden Gaswolken auf Grund der Quantenmechanik eine Verbindung untereinander herstellen. Mit Hilfe quantenoptischer Techniken maßen sie die Quantenfluktuationen des atomaren Spins. "Wir wollten bereits seit einiger Zeit untersuchen, wie weit man die Grenzen der Quantenmechanik erweitern kann - gilt sie auch für makroskopische Materialien? Es würden sich völlig neue Möglichkeiten für die sogenannte Optomechanik eröffnen, der Interaktion zwischen optischer Strahlung, also Licht, und einer mechanischen Bewegung", erklärt ein anderer Autor der Studie, Professor Eugene Polzik. Doch bevor die Forscher sehen konnten, ob ihre Theorien in der Praxis funktionieren, mussten sie prüfen, ob sich das ihnen zur Verfügung stehende Material auch eignete. Alles begann im Jahr 2009, als ein Mitglied des Forschungsteams, Peter Lodahl, einen Vortrag am Niels-Bohr-Institut hielt: er präsentierte eine besondere photonische Kristallmembran aus dem Halbleitermaterial Gallium-Arsenid (GaAs). Nach der Vorlesung dachte Professor Polzik sofort, dass diese Nanomembran viele vorteilhafte optische und elektronische Eigenschaften haben könnte. Er schlug vor, diese Membran für optomechanische Experimente zu verwenden, und nach einem Jahr des Experimentierens mit verschiedenen Dimensionen war dem Team die Herstellung einer passenden Membran gelungen. Die Forscher stellten eine Nanomembran her, die nur 160 Nanometer dick war und eine Fläche von mehr als 1 Quadratmillimeter hatte. Im Experiment beleuchteten sie die Nanomembran in einer Vakuumkammer mit Laserlicht. Als das Laserlicht auf die Halbleiter-Membran traf, wurde ein Teil des Lichts reflektiert, und dieses Licht wurde anschließend wieder über einen Spiegel zurückreflektiert, sodass es sich in diesem Raum hin und her bewegte und so einen optischen Resonator bildete. Ein Teil des Lichts wurde durch die Membran absorbiert und setzte Elektronen frei. Die Elektronen zerfielen, wodurch sich die Membran erhitzte und eine thermische Ausdehnung verursachte. Auf diese Weise veränderte sich der Abstand zwischen der Membran und dem Spiegel ständig in Form einer Fluktuation. Koji Usami erklärt weiter: "Wird der Abstand zwischen der Membran und dem Spiegel verändert, entsteht ein komplexes und faszinierendes Wechselspiel zwischen der Bewegung der Membran, den Eigenschaften des Halbleiters und den optischen Resonanzen, und man kann das System so steuern, dass die Temperatur der Membranschwankungen abgekühlt wird. Im Zentrum dieser Entdeckung steht damit ein neuer optomechanischer Mechanismus. Paradox daran ist, dass, obwohl die Membran insgesamt immer ein wenig wärmer wird, die Membran bei einer bestimmten Schwingung abkühlt und diese Kühlung kann mit Laser-Licht gesteuert werden. Das bedeutet: Kühlung durch Erwärmung! Uns ist es gelungen, die Membranfluktuationen auf minus 269 Grad Celsius herunter zu kühlen." Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung von Kühl-Komponenten für Quantencomputer führen. Ein Quantencomputer ist ein Rechner, der quantenmechanische Phänomene wie Superposition und Verschränkung direkt nutzt, um Datenoperationen auszuführen. Die wichtigsten Ziele des Q-ESSENCE-Projekts sind die Entwicklung von Quanten-Schnittstellen, das Mapping von Quanteninformation zwischen verschiedenen Quantensystemen mit hoher Wiedergabetreue, die Generierung von Quantenverschränkung in neuen Maßstäben und Entfernungen als eine Ressource zur Durchführung von Quanteninformationenaufgaben und die Entwicklung von mehrteiligen Verschränkungen in bestimmten Topologien elementarer Systeme. Dieses Projekt unterstützt auch Forscher aus Australien, Österreich, Deutschland, Italien, Polen, Slowakei, Spanien, der Schweiz, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich. Da es bis 2013 laufen wird, wird es Möglichkeiten in der Quanten-Informationstechnologie schaffen, die zu realistischen und vollständigen Plänen zur Ausführung von IKT-Aufgaben entwickelt werden können.Weitere Informationen erhalten Sie hier: Niels-Bohr-Institut: http://www.nbi.ku.dk/english/

Länder

Dänemark