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Studie belegt: Verwesung ist verantwortlich für Deformationen von Fossilien

Ein zweiköpfiges Forscherteam aus Deutschland und der Schweiz hat entdeckt, dass die Verwesung der Dinosaurierleichen die merkwürdigen Deformationen der versteinerten Dinosaurier verursacht. Dieses Ergebnis widerspricht der Überzeugung der meisten Forscher, nämlich das die ver...

Ein zweiköpfiges Forscherteam aus Deutschland und der Schweiz hat entdeckt, dass die Verwesung der Dinosaurierleichen die merkwürdigen Deformationen der versteinerten Dinosaurier verursacht. Dieses Ergebnis widerspricht der Überzeugung der meisten Forscher, nämlich das die verbogene Haltung Folge von Starrkrämpfen ist. Die nahezu vollständigen und gelenkigen Saurierskelette mit langen Hals und Schwanz zeigen in der Regel eine Körperhaltung, bei der Kopf und Hals über den Rücken des Tiers gebogen sind. Fachleute nennen diese Körperhaltung "Archaeopteryx". Paläontologen haben diese Körperhaltung über 150 Jahre lang erforscht. Manche nannten sie entweder "opisthotonische Haltung" oder "Fahrrad-Pose", von der Experten sagen, sie wäre "erdrückender". Ursache der opisthotoische Haltung ist Vitaminmangel, eine Vergiftung oder eine Schädigung des Kleinhirns. Das Kleinhirn ist die Region im Gehirn, das die Feinmotorik steuert. Der Schwerkraft entgegenwirkende Muskeln, die für die aufrechte Haltung von Kopf und Schwanz zuständig sind, befinden sich im Kleinhirn. Eine Funktionsstörung im Kleinhirn führt zu einer Verkrampfung der Haltemuskulatur und folglich zum Kippen von Kopf und Schwanz sowie zur Kontraktion der Glieder. Vor rund 100 Jahren hielten die Wissenschaftler dieses Syndrom, das verschiedene versteinerte Wirbeltiere betraf, für einen Ausdruck des Todeskampfes. Obwohl diese Theorie damals durchaus Anhänger sammeln konnte, wurde sie von Forschern später widerlegt. Im Jahre 2007 kam die "Opisthotonustheorie" wieder auf. In dieser jüngsten Studie befassten sich der deutsche und der Schweizer Forscher erneut mit dieser Theorie und untersuchten den berühmten zweibeinigen Dinosaurier Compsognathus longipes aus dem Solnhofen-Archipel in Deutschland. Experten auf dem Gebiet sind sich einig, dass dieser Dinosaurier sein Wassergrab in einer tropischen Lagune gefunden hatte. "Für uns war der kritische Punkt des neu erörterten Szenarios zum Erhalts einer opisthotonischen Haltung eines Fossils die Notwendigkeit, dass die an Land lebenden Wirbeltiere ohne wesentlichen Transport unmittelbar nach ihrem Tod eingeschlossen worden sein mussten", erklärt Achim Reisdorf, Sedimentologe am Institut für Geologie und Paläontologie an der Universität Basel in der Schweiz. "Nichts anderes jedoch ist der Übergang vom Land ins Wasser und das darauf folgende Eintauchen in das Wasser um nur ein paar Dezimeter oder Meter." Die beiden Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass die Verbiegung des Rückens erst während der Zersetzung der Leiche eintrat. Zum Beweis dieser Theorie tauchten die Forscher gerupfte Hühnerhälse und -brüste in Wasser. Im Wasser krümmten sich die Hälse um mehr als 90 Grad rückwärts. Im Laufe der unter Wasser stattfindenden Zersetzung nahm die Krümmung immer stärker zu. Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes Band, das die Wirbel vom Hals bis zum Schwanz oberseitig miteinander verbindet. Dieses Band, das sogenannte "Ligamentum elasticum", ist sowohl bei lebenden, als auch bei toten Hühnern vorgespannt. "Veterinäre haben häufig mit kranken oder sterbenden Tieren zu tun, bei denen in vielen Fällen die opisthotonische Haltung sichtbar ist", erläutert Michael Wuttke, Paläontologe an der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz in Deutschland. "Wirbeltierpaläontologen jedoch, die Rückschlüsse auf die Umwelt ziehen möchten, in der die Tiere verendet sind und schlussendlich eingeschlossen wurden, müssen auch die Prozesse und biomechanische Beschränkungen post mortem berücksichtigen." Das Team erklärt: "Ein starkes Ligamentum elasticum war für Dinosaurier mit langen Hälsen und Schwänzen von großer Bedeutung. Das Band half ihnen, bei ihrer Lebensweise an Land Energie zu sparen. Nach ihrem Tod und nach ihrem Eintauchen in das Wasser war die entlang der Wirbel gespeicherte Energie stark genug, um die Wirbelsäule zu biegen, umso mehr, als mehr und mehr Muskeln und anderes Weichgewebe zersetzt wurde. Ein besonderes Highlight ist, dass diese einzelnen Schritte der Krümmung auch beim Compsongnathus belegt werden können. Demzufolge bestimmen nicht Todeskämpfe, sondern allein biomechanische Gesetze die bizarre Haltung der Dinosaurierskelette in ihrem Wassergrab."Weitere Informationen erhalten Sie hier: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: http://www.gdke-rlp.de/ Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments: http://www.springer.com/earth+sciences+and+geography/geology/journal/12549

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