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Bakterielle Injektionsnadelstruktur entschlüsselt

Wissenschaftler aus Deutschland und den USA haben die Struktur bakterieller Injektionsnadeln im atomaren Detail entschlüsselt. Die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Ergebnisse der Studie könnten den Wissenschaftlern dabei helfen, Medikamente maßzuschneidern und ...

Wissenschaftler aus Deutschland und den USA haben die Struktur bakterieller Injektionsnadeln im atomaren Detail entschlüsselt. Die in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Ergebnisse der Studie könnten den Wissenschaftlern dabei helfen, Medikamente maßzuschneidern und Strategien zu entwickeln, die den Infektionsprozess gezielt verhindern. Von Bakterien ausgelöste Krankheiten sind gefährlich, da sie ihren Wirt mit einem Injektionsapparat infizieren. Die Studie wurde teilweise vom Projekt BIO-NMR (Nuclear magnetic resonance (NMR) for structural biology) finanziert, das nahezu 9 Mio. EUR im Rahmen des Themenbereichs Forschungsinfrastrukturen des Siebten EU-Rahmenprogramms (RP7) erhielt. Unter Leitung des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie in Deutschland erklären die Forscher, dass Bakterien über nadelartige Strukturen molekulare Wirkstoffe in ihre Wirtszellen spritzen und damit deren Immunabwehr überlisten. Mit ihrer Arbeit konnten sie die Struktur dieses Injektionsapparats entschlüsseln. Sie fanden heraus, dass hunderte winzige hohle Nadeln aus der Bakterienmembran herausragen - ein tückisches Werkzeug, das die Erreger von Pest oder Cholera so gefährlich macht. Diese Miniatur-Spritzen bilden zusammen mit der in die Membran eingebetteten Basis das sogenannte Typ III-Sekretionssystem - einen Injektionsapparat, mit dem die Erreger molekulare Wirkstoffe in das Innere ihrer Wirtszellen einschleusen. Den Forschern zufolge manipulieren die Substanzen dort wichtige Stoffwechselvorgänge und setzen die Immunabwehr der infizierten Zellen außer Gefecht. Das hat fatale Folgen, da sich der Erreger nun ungehindert im Organismus ausbreiten kann und alles umgeht, was sich ihm in den Weg stellt. Bisher ist es Forschern lediglich gelungen, Medikamente zu verschreiben, mit denen die Infektion bekämpft werden kann. Einzelnen Bakterienstämmen allerdings gelingt es immer wieder, Resistenzen gegenüber Antibiotika zu bilden. Spezifischere Medikamente zu entwickeln ist daher ein wichtiges Ziel vieler Forschungsgruppen weltweit. Niemandem ist es bisher gelungen, die genaue Struktur der 60 bis 80 Nanometer (Millionstel Millimeter) langen und rund acht Nanometer breiten Nadeln zu betrachten. Klassische Methoden wie die Röntgenkristallographie oder die Elektronenmikroskopie versagten bisher oder ergaben falsche Modellstrukturen. Nicht kristallisier- und unlösbar widersetzte sich die Nadel allen Versuchen, ihren atomaren Aufbau zu entschlüsseln. Dieses Forschungsteam jedoch stellte die Nadel im Labor her und kombinierte Festkörper-NMR-Spektroskopie, Elektronenmikroskopie und Computermodellierung. Atom für Atom haben die Forscher die Struktur der Nadel entschlüsselt und ihren molekularen Aufbau erstmals im Ångström-Bereich sichtbar gemacht - das ist eine Auflösung von weniger als einem Zehntel eines millionstel Millimeters. "Methodisch sind wir einen großen Schritt vorangekommen, beim Herstellen der Proben ebenso wie bei der Festkörper-NMR-Spektroskopie", sagt Hauptautor Adam Lange der Abteilung NMR-basierte Strukturbiologie am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. „Nicht zuletzt konnten wir in der Abteilung NMR-basierte Strukturbiologie von Christian Griesinger an einem der derzeit leistungsfähigsten Festkörper-NMR-Spektrometer weltweit messen." Das Magnetfeld dieses 850- Megahertz-Spektrometers ist mit 20 Tesla rund 400 000-mal so stark wie das der Erde. "Der Bauplan der Nadeln barg für uns große Überraschungen", sagte Dr. Lange. Ihre Ergebnisse zeigten Gemeinsamkeiten in den Nadeln, aber Unterschiede an der Oberfläche. Die Bakterien könnten diese Unterschiede nutzen, um der Immunabwehr des Wirts zu entkommen. Veränderungen auf der Nadeloberfläche könnten es dem Immunsystem des Wirts erschweren, den Erreger wiederzuerkennen. Ihre Arbeiten eröffnen die Perspektive, das Injektionssystem zu blockieren und die Bakterien in Schach zu halten. "Unser neues Verfahren erlaubt es uns endlich, die Nadeln im Labor in größerer Menge herzustellen", erklärt Stefan Becker, ebenfalls aus der Abteilung NMR-basierte Strukturbiologie am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und Mitautor der Studie. "Unser Ziel ist es nun, Hochdurchsatzverfahren zu entwickeln, um nach neuen Wirkstoffen zu suchen, die die Nadelbildung verhindern." Experten vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und der University of Washington (USA) waren an dieser Studie beteiligt.Weitere Informationen sind abrufbar unter: Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie: http://www.mpibpc.mpg.de/start/index.php Nature: http://www.nature.com/

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Deutschland, Vereinigte Staaten