Neuer Laser für minimalinvasive Hirnchirurgie
Operative Eingriffe sind aus der medizinischen Praxis nicht mehr wegzudenken, trotzdem sind Operationen am Gehirn und Rückenmark noch immer heikel, sodass intensiv an alternativen minimalinvasiven Verfahren geforscht wird. Für diese Zwecke entwickelten europäische Forscher nun einen speziellen Laser, der sich in der minimalinvasiven Hirnchirurgie einsetzen lässt. Der Laser, das Ergebnis eines interdisziplinären EU-Projektes, an dem Partner aus sieben europäischen Ländern mitwirkten, ist ein kompaktes Festkörperlasersystem, das Gehirngewebe mit einer bisher unerreichten Präzision schneiden kann. Entwickelt wurde er im Rahmen des Projekts MISURG (Mid-infrared solid-state laser systems for minimally invasive surgery), das mit knapp 2,8 Mio. EUR unter dem Themenbereich "Informations- und Kommunikationstechnologie" (IKT) des Siebten Rahmenprogramms (RP7) gefördert wurde. Die Idee zu dem Laser geht auf ein Experiment aus dem Jahr 1999 zurück: An der Vanderbilt University in Nashville (TN), Vereinigte Staaten, entfernten Wissenschaftler einen Gehirntumor mit einem Freie-Elektronen-Laser bei einer Wellenlänge von 6,45 Mikrometern. Diese Wellenlänge im mittleren infraroten Spektralbereich war zuvor in vielen vorläufigen Versuchen mit weichem Gewebe als die geeignetste für solche Operationen identifiziert worden. Dass die Methode dennoch nicht in die Operationssäle Einzug hielt, hat einen einfachen Grund: Freie-Elektronen-Laser sind enorm große und teure Beschleuniger-basierte Strahlungsquellen, die in keine Klinik passen würden. 2008 war MIRSURG mit dem Ziel angetreten, einen Laser für minimalinvasive chirurgische Eingriffe zu entwickeln, der bei einer Wellenlänge von 6,45 Mikron mit hoher Einzelpulsenergie und mittlerer Leistung arbeitet. Damit sollte die Lücke bei dioden-gepumpten Festkörperlasern im mittleren infraroten Spektralbereich um 6,45 Mikrometer geschlossen werden. "Kompakte und zuverlässige Festkörperlaser für diese Wellenlänge im mittleren infraroten Bereich gab es bislang überhaupt nicht", sagt Dr. Valentin Petrov, Koordinator des Konsortiums am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI). Auf dem kürzlichen MIRSURG-Abschlusstreffen in Saint-Louis, Frankreich, präsentierte das Projektteam nun einen ziemlich kompakten "all-solid-state" Prototypen, der auf eine Tischplatte passt. Die gewünschte Wellenlänge von 6,45 Mikrometern erzeugten die Forscher durch nichtlineare Frequenzkonversion. Dabei wird ein Laserstrahl bei etwa 2 Mikrometern Wellenlänge über nichtlineare optische Kristalle ins mittlere Infrarot umgewandelt. Der neue Laser generiert nun kurze Lichtimpulse bei genau 6,45 Mikrometern und einer Wiederholrate von 100 bis 200 Hertz (Hz), was die geplante mittlere Leistung von mehr als 1 Watt gewährleistet. Der Laser verursacht im Gewebe weniger Schäden als herkömmliche Laser, weil die Energie des Laserlichts sowohl durch Wasser als auch nichtwässrige Komponenten (Proteine) absorbiert wird. Die Eindringtiefe beträgt bei dieser Wellenlänge wenige Mikrometer, was etwa der Größe von Zellen entspricht. Mit den bislang in der Chirurgie verwendeten Lasern waren solch präzise Schnitte nicht möglich. Die MIRSURG-Projektpartner wollen den neuen Laser weiteroptimieren und seine Eigenschaften für das Schneiden von weichem Gewebe besser charakterisieren sowie, eventuell in einem Folgeprojekt, echte chirurgische Eingriffe mit einem Festkörperlasersystem bei 6,45 Mikrometern demonstrieren. "Ich hoffe, dass solche Laser irgendwann in jedem spezialisierten Operationssaal stehen werden", sagt Petrov.Weitere Informationen sind abrufbar unter: MIRSURG-Projekt: http://www.mirsurg.eu Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI): http://www.mbi-berlin.de/de/organization/divisions/c/index.html
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Deutschland, Vereinigte Staaten