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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Schädlinge zwingen Pflanzen zur genetischen Vielfalt

Es gibt eine Möglichkeit, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu reduzieren, und zwar, indem maßgeschneidertes Saatgut entwickelt wird, das gegen lokal vorherrschende Schädlinge resistent ist. Auf diese Lösung kamen Ökologen der Universität Zürich in der Schweiz...

Es gibt eine Möglichkeit, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu reduzieren, und zwar, indem maßgeschneidertes Saatgut entwickelt wird, das gegen lokal vorherrschende Schädlinge resistent ist. Auf diese Lösung kamen Ökologen der Universität Zürich in der Schweiz, die in streng kontrollierten Versuchen bzw. Beobachtungen natürlicher Pflanzenpopulationen zeigten, dass Schädlinge ihre Wirtspflanze zur genetischen Vielfalt zwingen. Pflanzen der gleichen Art produzieren dabei spezifische Abwehrstoffe, die gegen die jeweils vorherrschende Schädlingsart wirken. Eine ständige Veränderung lokaler Schädlingspopulationen wäre demnach ein Garant dafür, dass Pflanzen über größere geographische Regionen hinweg anpassungsfähig bleiben. Die Ökologen Tobias Züst und Lindsay Turnbull von der Universität Zürich demonstrierten gemeinsam mit Kollegen aus Kalifornien und dem Vereinigten Königreich, wie wichtig auf lokaler Ebene Variabilität bei Insektenpopulationen ist. Pflanzenfressende Insekten wie Blattläuse beeinträchtigen zwar die einzelne Pflanze in ihrer Entwicklung und können erhebliche agrarwirtschaftliche Verluste verursachen, für die genetische Vielfalt innerhalb der Pflanzenart sind sie jedoch ungemein wichtig. Ihre Versuche führten die Forscher an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) durch. Gemäß Züst wird damit die seit 40 Jahren gehegte Vermutung, dass Schädlinge die Selektion der von ihnen befallenen Pflanzenarten stark beeinflussen, erstmals experimentell bestätigt. Die kostspieligen Abwehrmechanismen werden von der Pflanze allerdings innerhalb weniger Generationen aufgegeben, falls der Befall durch den jeweiligen Schädling ausbleibt. Die Ackerschmalwand verfügt, wie viele andere Pflanzenarten auch, über ein umfangreiches Arsenal an chemischen Abwehrstoffen. Die Schädlinge wiederum entwickeln nach einigen Generationen Toleranzen gegenüber gewissen chemischen Komponenten dieser Stoffe oder können diese verstoffwechseln. Je nach Häufigkeit der Schädlingsarten in den einzelnen Regionen muss die Pflanze ihren Abwehrcocktail also speziell auf die Bekämpfung des Fressfeindes vor Ort abstimmen. Die Forscher untersuchten in einem ersten Schritt die Verbreitung unterschiedlicher chemischer Abwehrstoffe in natürlichen Populationen von Arabidopsis thaliana innerhalb Europas und verglichen diese mit der räumlichen Verbreitung zweier wichtiger Schädlinge, der Kohl- und der Senfblattlaus. "Für die natürliche Variation bei der Bildung von Abwehrmechanismen werden unterschiedliche Gene aktiviert, und diese Variation wird durch die variable geographische Zusammensetzung der Blattlauspopulationen aufrechterhalten." erklärt Züst. "Genetische Variation ist das Rohmaterial der Evolution. Nur durch diese Vielfalt können sich Populationen an ihre Umwelt anpassen, etwa an veränderte klimatische Bedingungen oder Umweltzerstörung." In den Kontrollpflanzen, die nicht mit Blattläusen zu kämpfen hatten, gingen diese schädlingsresistenten Genotypen wieder verloren. Laut Lindsay Turnbull sind Abwehrmechanismen für die Pflanze kostspielig und gehen oft zulasten des Wachstums: "Innerartliche genetische Vielfalt wird nur so lange aufrechterhalten, wie sie der Pflanze einen Nutzen bringt, etwa den Schutz vor Schädlingen. Von Generation zu Generation ließ die jeweilige Verteidigungsstrategie dann nach. In der Kontrollgruppe verschwanden diese erfolglosen Genotypen, weil die aufwändige Abwehr der Pflanze keine Vorteile mehr brachten." Die innerartliche genetische Vielfalt vieler Pflanzen ist heute durch den vom Menschen ausgeübten Selektionsdruck vielerorts gefährdet. So werden Nutzpflanzen unter Preisgabe der natürlichen Abwehrmechanismen auf schnelles Wachstum und maximalen Ertrag getrimmt, was den Einsatz von Pestiziden unumgänglich macht. Die neu gewonnenen Erkenntnisse könnten nun genutzt werden, um maßgeschneidertes Saatgut zu entwickeln, das gegen lokal dominierende Schädlinge resistent ist. Auf diese Weise könnte der Einsatz von Pestiziden stark eingeschränkt werden.Weitere Informationen sind abrufbar unter: Universität Zürich: http://www.uzh.ch/index.html European Biosafety Association: http://www.ebsaweb.eu/

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Schweiz

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