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Interview

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Neues World Wide Web für Roboter

Bis heute muss jeder neu gebaute Roboter programmiert werden oder einen eigenen Lernprozess durchlaufen, der bei Null beginnt. Neue Roboter sind wie Neugeborene, die ihre Erbauer brauchen, die ihnen alles beibringen, oder nach und nach selber lernen. Das könnte sich jedoch dem...

Bis heute muss jeder neu gebaute Roboter programmiert werden oder einen eigenen Lernprozess durchlaufen, der bei Null beginnt. Neue Roboter sind wie Neugeborene, die ihre Erbauer brauchen, die ihnen alles beibringen, oder nach und nach selber lernen. Das könnte sich jedoch demnächst komplett ändern. Dank ROBOEARTH werden Roboter schon bald in der Lage sein, ihr Wissen nahezu sofort mit ihren Kollegen zu teilen, anstelle in einer Luftblase zu "leben". Jedem, der 2004 den erfolgreichen Kinofilm "I, Robot" sah, wird das Konzept, das hinter dem sich neu abzeichnenden Gebiet der "Cloud-Robotik" (Cloud Robotics) steckt, wage vertraut vorkommen. Genau wie in dem Film geht es um die Einbeziehung der existierenden Roboter in eine alternative Version des World Wide Web, in dem sie Informationen über neu Gelerntes oder Probleme teilen können. Im Gegensatz zu der düsteren und bedrohlichen Handlung des Films, wird dieses Feld der Wissenschaft dem Sektor von Nutzen sein. Das Projekt soll die Entwicklungszeit verkürzen, so dass sämtliches Roboterwissen ohne weiteres erhalten bleibt, anstatt zu verschwinden, wenn der es speichernde Roboter veraltet ist. Das ROBOEARTH1-Projekt leistet Pionierarbeit auf dem Gebiet der Cloud-Robotik. Das 2009 an den Start gegangene Vierjahresprojekt verfolgte das Ziel, ein Netzwerk und Datenbankrepositorium von gigantischen Ausmaßen zu erstellen, in dem sämtliche Roboter Informationen über ihr Verhalten und ihre Umwelt speichern und mit anderen teilen könnten. Daten dieser Art können Softwarebausteine, Navigationskarten, Aufgabenwissen wie Handlungsanweisungen und Manipulationsstrategien sowie Objekterkennungsmodelle beinhalten. Mit dem Einsatz dieses Systems bei allen Robotern könnte der Sektor zukünftig Situationen umgehen, in denen Roboter nicht in der Lage sind, unvorhersehbare Umgebungen zu verstehen und dementsprechend zu handeln. Es wären dann Szenarien an der Tagesordnung, in denen jeder Roboter auf einfache Weise seinen Weg zur Lösung neuer Probleme findet, indem er auf das Wissen seiner Kollegen zugreift. In einem exklusiven Interview mit dem Magazin research*eu results gibt Dr. Markus Waibel Aufschluss über die Projektergebnisse und deren Bedeutung für die Weiterentwicklung der Robotik. Worin bestehen die wichtigsten Ziele des Projekts? Ziele von ROBOEARTH sind zum einen der Beweis, dass der Anschluss an ein vernetztes Informationsrepositorium den Lern- und Anpassungsprozess, der Robotiksysteme zur Lösung komplexer Aufgaben befähigt, in erheblichem Maße beschleunigt, sowie zu zeigen, dass ein mit einem derartigen Wissensspeicher verbundenes System in der Lage sein wird, selbstständig nützliche Aufgaben auszuführen, die zum Zeitpunkt des Entwurfs nicht ausdrücklich geplant waren. Was ist neu bzw. innovativ an dem Projekt und der Art und Weise, wie es sich diesem Thema widmet? Die heute üblichen Roboter nutzen nicht das Internet. So ist jeder Roboter eine Insel für sich. ROBOEARTH ist Vorreiter der Cloud-Robotik. Die Idee besteht darin, dass man sich im Roboterbereich die gewaltigen Vorteile der konvergenten Infrastruktur und gemeinsam genutzter Dienste (Shared Services) erschließen will, ähnlich wie PCs davon profitiert haben, dass sie mit dem Internet verbunden wurden. ROBOEARTH ist ein World Wide Web für Roboter: ein riesiges Netzwerk und ein gigantisches Datenbankrepositorium, in dem Roboter Informationen austauschen und über ihr Verhalten und ihre Umwelt voneinander lernen können. Überdies gestattet es ROBOEARTH den Robotern, Berechnungen in die ROBOEARTH-Cloud Engine (Rapyuta) auszulagern, wodurch die Roboter den Vorteil der raschen Zunahme der Datenübertragungsraten ausnutzen können, um Aufgaben ohne harte Echtzeitanforderungen abzugeben. Das ist besonders für mobile Roboter von Interesse, bei denen On-Board-Berechnungen einen zusätzlichen Energiebedarf nach sich ziehen, der die Betriebsdauer verringern, die Mobilität des Roboters einschränken sowie die Kosten erhöhen kann. Was hat Sie anfangs dazu veranlasst, auf diesem Gebiet zu forschen? Heute sind Roboter meist in sehr stark kontrollierte und vorausberechenbare Umgebungen wie etwa Fertigungsanlagen verbannt, haben allerdings schon einige bedeutende Vorstöße in die menschliche Einflusssphäre unternommen. Die Welt des Menschen ist jedoch einfach zu nuanciert und zu kompliziert, um in einen begrenzten Satz von Spezifikationen zusammengefasst werden zu können. Bislang haben Roboter isoliert voneinander gearbeitet. Werden sie ausgemustert, geht alles verloren, was sie jemals gelernt haben. Noch beunruhigender für Forschende ist jedoch die Frage: Warum überhaupt lösen tausende Systeme immer und immer wieder die gleichen grundlegenden Probleme? Auf welche Probleme sind Sie gestoßen und wie haben Sie sie gelöst? Eines der Probleme, die wir mit ROBOEARTH angehen wollen, ist die Frage, wie Roboter mit unterschiedlicher Hard-und Software Wissen teilen und vom wechselseitigen Lernen profitieren können. Um diese Herausforderung zu meistern, teilten wir das Problem in zwei Teile auf. Als hochwertig eingestuftes Wissen wird in ROBOEARTH in einer XML-basierten Sprache abgespeichert, die unabhängig von speziellen Hardware- oder Softwareanforderungen ist. Sie stellt über eine spezifische Schnittstelle, eine sogenannte Hardwareabstraktionsschicht (Hardware Abstraction Layer), die Verbindung mit spezifischen Robotern her. Beispielsweise werden Roboterhandlungen als hochrangige allgemeine Aktionsanweisungen gespeichert, die in untergeordnete roboterspezifische Bewegungsprimitiven umgewandelt werden können. Welche konkreten Ergebnisse haben die Forschungsarbeiten bisher gebracht? Das Projekt hat sechs Demonstratoren erstellt, die eindrucksvoll zeigen, auf welche Weise ROBOEARTH die Roboterleistung, das Lernen und die Autonomie verbessern kann. Dabei werden Getränke in einem Krankenhaus serviert oder auch cloudbasierte Abbildungen unter Einsatz eines sehr kostengünstigen Roboters (ca. 300 USD) erstellt, der mit einer Kamera und einem WLAN-Dongle ausgestattet ist. Welche Erwartungen haben Sie in Bezug auf die wichtigsten Ergebnisse dieses Projekts? Hauptresultat war die Geburt eines völlig neuen Forschungsgebiets. Als wir starteten, war die "Cloud-Robotik" noch unbekannt. Nun ist es ein sich schnell entwickelndes Gebiet der Robotik, das die Aufmerksamkeit der Hauptakteure von großen Universitäten weltweit und Unternehmen wie Google erregt hat. Roboter werden auf diese Weise von den leistungsstarken Rechen-, Speicher- und Kommunikationsressourcen der modernen Datenzentren profitieren können. Außerdem fallen Gemeinkosten für Wartung und Aktualisierungen weg. Und die Abhängigkeit von kundenspezifischer Middleware wird reduziert.Weitere Informationen sind abrufbar unter: ROBOEARTH http://www.roboearth.org Projektdatenblatt