Leichte Fahrzeugteile auf pflanzlicher Basis könnten eine äußerst umweltfreundliche Automobilindustrie unterstützen
Die Automobilindustrie hat wichtige Schritte zur Reduktion des Fahrzeuggewichts unternommen, indem der schwere Stahl durch Kunststoffe und Verbundstoffe ersetzt wurde. Gängige Kunststoffe sind relativ allgegenwärtig, doch kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe – Materialien mit höherer Festigkeit, die auch für tragende Bauteile genutzt werden können – sind noch ziemlich kostspielig und werden vor allem in hochwertigen Sportwagen und Rennautos verwendet. Das EU-finanzierte Projekt GreenLight hat eine Verarbeitungsmethode zur Herstellung von Carbonfaserstoff aus Lignin, einem kostengünstigen Nebenerzeugnis aus der Halbstoff- und Papierindustrie, entwickelt. Dieser bringt viele Vorteile für die Halbstoff- und Papierindustrie, die Automobilindustrie und die Umwelt mit sich.
Marginalisierung fossiler Brennstoffe in mehr als einer Weise
Der Carbonfaserstoff-Markt soll von etwa 5 Mrd. USD im Jahr 2019 auf mehr als 13 Mrd. USD im Jahr 2029 ansteigen, wobei die Automobilindustrie im Hinblick auf die Wertschöpfung der industrielle Endverbraucher mit dem schnellsten Wachstum sein wird. Etwa 90 % der Carbonfaserstoffe werden derzeit aus dem synthetischen Vorläufer Polyacrylnitril (PAN hergestellt). PAN basiert auf fossilen Brennstoffen und die Carbonfaserstoff-Produktion aus dem Material gestaltet sich schwierig und kostspielig. Eine umweltfreundliche Alternative würde die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern. Projektkoordinatorin Ewellyn Capanema erklärt dies näher: „Kosteneffiziente biobasierte Carbonfaserstoffe würden eine stärkere Verdrängung von Stahl durch Carbonfaser-Verbundstoffe in Fahrzeugen ermöglichen. Dies würde das Gewicht und den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugbestands senken, die Emissionen erheblich mindern.“ Kraft-Lignin ist ein kohlenstoffreiches Biopolymer, das im Zuge des Kraft-Aufschlussverfahrens produziert wird, bei dem Holz in Holzpulpe umgewandelt wird. Es kann aus der „Schwarzlauge“ (dem Nebenerzeugnis nach der Gewinnung der Zellulosefasern) der Zellstofffabrik in fester Form isoliert werden. Im Gegensatz zu PAN kann Lignin über Schmelzspinnen oder Schmelzextrusion verarbeitet werden – Verfahren, die einfacher und günstiger sind als die PAN-Verarbeitung über Lösungsspinnen, das außerdem den Einsatz, das Entfernen und das Rückgewinnen von organischen Lösungsmitteln erfordert. Es gab allerdings keine Methoden für das Schmelzspinnen, um Lignin im großen Maßstab in Carbonfaserstoffe umzuwandeln.
Das Spinnrad zum Drehen bringen
Das Team hat ein Patent für das neuartige Lignin-Spinnverfahren beantragt, das ein durchgehendes Spinnen und Spulen mit automatischem Spulenwechsel ermöglicht. „GreenLight hat jetzt ein stetiges Multifilamentspinnen (etwa 1000 Filamente) von Nadelholz-Lignin demonstriert, das aus dem Kraft-Verfahren erzeugt wurde. Die daraus hervorgehenden Fasern haben die bis dato höchsten verzeichneten Zugdehnungseigenschaften für reine, mittels Schmelzspinnen gewonnene Carbonfaserstoffe auf Lignin-Basis und der Umwandlungsprozess ist schneller als der bisherige. Ausgehend von den mechanischen und Oberflächeneigenschaften könnten Carbonfaserstoffe auf Lignin-Basis zur Herstellung von Kurzfaser-Verbundstoffen verwendet werden, die geringere Produktionskosten und breite Anwendungsmöglichkeiten bieten“, erklärt Capanema.
Fahrzeugteile auf pflanzlicher Basis könnten zum Greifen nah sein
Kraft-Lignin macht etwa 85 % der globalen Lignin-Herstellung aus und die GreenLight-Technologie kann diese schnell und kosteneffektiv in Carbonfaserstoffe auf Lignin-Basis umwandeln. Da der Markt für Carbonfaserstoffe sich im kommenden Jahrzehnt fast verdreifachen soll, könnte für die Forst- sowie Halbstoff- und Papierindustrien ein wesentlicher neuer Lignin-Markt entstehen. Die vorteilhaften Ergebnisse der technisch-wirtschaftlichen und Lebenszkylusbewertungen von GreenLight belegen die finanziellen und ökologischen Vorteile von Carbonfaserstoffen auf Lignin-Basis. Da sich das GreenLight-Konsortium der Kommerzialisierung zuwendet, könnten Carbonfaser-Verbundstoffe auf pflanzlicher Basis zur Verwendung in den leichten Fahrzeugen von morgen mit kleinem CO2-Fußabdruck zum Greifen nah sein.
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