Verbundstoffe-Testung für Flugzeugtriebwerke der nächsten Generation
Ob Betreiber oder Hersteller, die gesamte Luft- und Raumfahrtindustrie verfolgt die gleichen Ziele: Senkung des Kraftstoffverbrauchs, Reduzierung schädlicher Emissionen und Lärmminderung. Als Teil des Programms „Clean Sky – Sustainable and Green Engines“ (nachhaltige und umweltfreundliche Triebwerke) präsentiert der Open-Rotor-Demonstrator eine neue Konstruktion mit zwei gegenläufig rotierenden nicht ummantelten Bläsern. Der Open Rotor, der kommende Generationen von Schmalrumpf-Verkehrsflugzeugen antreiben soll, ist darauf ausgelegt, den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen um etwa 30 % im Vergleich zu aktuellen CFM56-Triebwerken zu senken. Das EU-finanzierte Projekt HEGEL wurde ins Leben gerufen, um den Entwurfsprozess dieser neuen aerostrukturellen Konfiguration zu unterstützen, indem fortschrittliche Bewertungskapazitäten und Verfahren für Verbundwerkstoffe zur Verfügung gestellt werden. „Insgesamt war es unser vorrangiges Ziel, fortschrittliche Testinstrumente zu entwickeln, sowohl virtuell als auch experimentell, um zu bewerten, inwieweit Schichtverbundwerkstoffe in der Lage sind, dynamischen und schwingungsbedingten Belastungen standzuhalten, deren Überschreitung zu Ermüdungsschäden an Bauteilen führen kann“, so Damaso De Bono, Koordinator von HEGEL.
Lärmbelästigung – ein Hauptanliegen
Eine große Herausforderung im Zusammenhang mit den Open-Rotor-Flugzeugtriebwerken sind die vom Antriebssystem erzeugten Lärmpegel. Dies ist hauptsächlich auf die rotierenden Schaufeln zurückzuführen, die offen sind und nicht durch das Bläsergehäuse und die Gondel „beruhigt“ werden (wie bei einem Mantelstromtriebwerk). „Eine Lösung für diese Herausforderung besteht darin, Triebwerke mit offenen Rotoren in einer Pusher-Konfiguration einzusetzen, bei der die Rotoren mit den Triebwerken am Rumpfende montiert sind. Eine solche Konfiguration erfordert erhebliche Änderungen an der derzeitigen Flugzeugkonstruktion sowie gründliche Tests der strukturellen Integrität“, erklärt De Bono. Forschende des niederländischen Nationalen Luft- und Raumfahrtlabors (NLR), einer der im HEGEL-Projekt involvierten Partner, entwickelten ein einzigartiges Schallquellen- und Verstärkungssystem, das in Testeinrichtungen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik auf Herz und Nieren geprüft wurde. „Das hochmoderne System bewertet die Reaktion von Strukturkomponenten und Materialien im Hinblick auf unterschiedliche Schalldrücke und die damit verbundenen Vibrationen, die typischerweise in Triebwerksumgebungen auftreten, wie z. B. beim gegenläufigen offenen Rotor“, führt De Bono an. „Durch Laborversuche könnten teure, groß angelegte Studien zumindest in den frühen Phasen des Entwurfsprozesses von Strukturbauteilen umgangen werden.“ Die Hardware besteht aus acht Lautsprechern, die mit einer entsprechenden Anzahl von Röhren verbunden sind, welche die Schallwellen leiten. Alle Lautsprecher sind symmetrisch angeordnet und in einem akustisch und thermisch isolierten Gehäusekasten befestigt. Eine der Möglichkeiten für eine Testung der Schichtverbundwerkstoffe besteht in der Verwendung einer flachen Platte von 500 x 500 mm², welche die Öffnung bedeckt. Dazu wird das Schallsystem aktiviert, wodurch der Schalldruck auf die Platte trifft. Schalldruckpegel können je nach testspezifischen Anforderungen variieren.
Ein Rahmenwerk zur Vorhersage der Ermüdungslebensdauer
„Die derzeitigen numerischen und rechnerischen Instrumente zur Vorhersage einer Ermüdung bei hochzyklischen Beanspruchungen sind für Luft- und Raumfahrtanwendungen nicht vollständig validiert und berücksichtigen nur eine begrenzte Anzahl von Parametern“, meint De Bono. HEGEL erweitert die bestehenden Methoden zur Vorhersage der Ermüdung durch die Einbeziehung zusätzlicher Umweltparameter (z. B. Temperatur, Feuchtigkeit) und abhängiger Faktoren, die bei hohen Frequenzen (z. B. Eigenerwärmungseffekte) während der hochzyklischen Ermüdung auftreten. Die neu entwickelten Prognoseinstrumente befassen sich mit der Untersuchung der Ermüdung bei hochzyklischer Beanspruchung mittels einer semi-empirischen Methode, die auf Masterkurven und Verschiebungsfaktoren sowie fortschrittlichen Finite-Elemente-Modellen beruht. „Unsere neuen Test- und Bewertungsinstrumente können die Wirksamkeit der Bewertung von Verbundwerkstoffen in Flugzeugteilen hinsichtlich der strukturellen Integrität während des Entwurfsprozesses erheblich verbessern“, schließt De Bono. Insgesamt stellen die Projektergebnisse einen wichtigen Schritt in Richtung der Entwicklung zukünftiger Flugzeugtriebwerke und ihrer Integration in neue Flugzeugkonstruktionen dar.
Schlüsselbegriffe
HEGEL, offener Rotor, Verbundwerkstoffe, Ermüdungsvorhersage, Schalldruck, gegenläufig rotierender offener Rotor, hochzyklische Beanspruchungsermüdung