Kann das Leben mit dem Klimawandel Schritt halten?
Die Natur findet geniale Lösungen durch einen iterativen Prozess nach dem Prinzip Versuch und Irrtum – die sogenannte natürliche Selektion. Die Evolutionsgenetik hat solche Prozesse für das vergangene Jahrhundert untersucht. Heute zwingt der Klimawandel Pflanzen und Tiere dazu, sich an neue Bedingungen anzupassen, doch es gibt noch einiges über ihre Fähigkeiten hierzu in Erfahrung zu bringen.
Interdisziplinäre Maßnahme
Inspiriert von der biologischen Evolution, haben Informatikerinnen und Informatiker eine künstliche Selektion zur Verbesserung von Computerprogrammen genutzt. Hieraus ist das Gebiet der evolutionären Informatik(öffnet in neuem Fenster) hervorgegangen, das mehr oder weniger unabhängig von der Modellierung in der Biologie ist. Im Fokus des EU-finanzierten Projekts RACE, das am Institute of Science and Technology Austria(öffnet in neuem Fenster) veranstaltet wurde, stand die Vereinigung dieser verschiedenen Disziplinen. Zunächst musste die RACE-Projektforscherin Barbora Trubenová Methoden, die gemeinhin in der Informatik verwendet werden, auf die biologische Terminologie übertragen. „Es gibt viele Äquivalente zwischen beiden [Gebieten], und die richtige Übertragung ermöglicht die Verwendung von Methoden, die in der evolutionären Informatik entwickelt und allgemein zum Einsatz kommen, um Fragen der Evolutionsbiologie zu analysieren“, erklärt sie. „Umgekehrt können Methoden aus der Populationsgenetik als Grundlage für die evolutionäre Informatik genutzt werden.“ Im Anschluss an diese Grundlagenarbeit erstellten Trubenová und ihre Kolleginnen und Kollegen an der Universität Birmingham(öffnet in neuem Fenster), Vereinigtes Königreich, und dem Hasso-Plattner-Institut(öffnet in neuem Fenster) in Potsdam, Deutschland, ein komplexes Modell, um besser zu verstehen, wie Organismen auf Umweltveränderungen reagieren.
Spezialisierung gegen Überleben
Das Problem stellt eine Herausforderung dar: Die virtuellen Organismen von Trubenová wiesen mehrere Gene auf, die ihrer Anpassungsfähigkeit zu- oder abträglich sein konnten und somit das Überleben der Organismen unter verschiedenen Umweltbedingungen beeinflussen. Das Ergebnis hängt von der Wechselwirkung zwischen der Populationsgröße, der Stärke des Selektionsdrucks und der Häufigkeit von Umweltveränderungen ab. „Wir zeigten, dass häufig wechselnde Umweltbedingungen zwar die Anpassung hindern, unter bestimmten Umständen die Population aber vor dem Aussterben bewahren können“, bemerkt Trubenová. „Dies geschieht, wenn häufige Umweltveränderungen eine Überspezialisierung verhindern, was dazu führt, dass Populationen von Generalisten in einem breiten Spektrum von Bedingungen überleben, wenn auch nicht gedeihen.“ Die Forschung von Trubenová wurde mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) durchgeführt. Sie meint, dies hätte ihr die Teilnahme an Konferenzen und die Verbreitung ihrer Ergebnisse ermöglicht. „Ich begrüßte diese Freiheit, meine eigene Chefin zu sein, mein eigenes Projekt zu gestalten und zu machen, was ich machen wollte“, erklärt sie.
Evolution für Schulen
Über diese Zeit führte Trubenová auch Verbreitungsmaßnahmen durch. Dies beinhaltete unter anderem den Start eines Evolutionsbiologiewettbewerbs für Schülerinnen und Schüler an Sekundarschulen in ihrem Heimatland, der Slowakei. „Dort wird die Evolution an Sekundarschulen nicht groß unterrichtet, sodass wir diese Lehre ergänzen wollten“, sagt sie. Das Projekt läuft mittlerweile in seinem vierten Jahr. Trubenová arbeitet derzeit an der ETH in der Schweiz(öffnet in neuem Fenster), um die Evolution der Antibiotikaresistenz in Biofilmen zu studieren. Sie sagt, dass es wenig Kommunikation zwischen den Fachgebieten gegeben hätte, als sie 2017 mit ihrer Arbeit im Bereich der evolutionären Informatik für die Biologie begann, dies aber nun anders sei. „Es gab keine polygenen Modelle zur Anpassung in einer veränderten Umwelt. Wir mussten selbst in Zusammenarbeit mit Informatikerinnen und Informatikern Modelle einrichten“, merkt sie an. „Als ich begann, gab es keine Studien dieser Art, jetzt gibt es recht viele. Das Thema ist nunmehr gefragt.“
Schlüsselbegriffe
RACE, Evolution, natürlich, Selektion, Informatik, Modell, genetisch, mathematisch, Zusammenarbeit