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Inhalt archiviert am 2024-04-19

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Fortschrittliches digitales Instrument unterstützt Entscheidungen bei Epilepsiechirurgie

Forschende des Human Brain Project haben ein computergestütztes Instrument entwickelt, um bei Personen mit Epilepsie die betroffenen Hirnregionen genauer zu lokalisieren. Jetzt setzt das Team eine neue Forschungsinfrastruktur namens EBRAINS ein, um die Genauigkeit des Instruments zu erhöhen.

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Es gibt kein Heilmittel für Epilepsie, eine Krankheit, von der weltweit etwa 50 Millionen Menschen betroffen sind. Laut Einschätzungen der Weltgesundheitsorganisation könnten bis zu 70 % der Menschen mit Epilepsie ein Leben ohne Krampfanfälle führen, sofern sie angemessen diagnostiziert und mit Medikamenten versorgt werden. Eine Alternative für die Menschen, die nicht auf Medikamente anspringen, ist tiefe Hirnstimulation, bei der Elektroden im Gehirn implantiert werden. Eine andere Alternative ist die operative Entfernung der betroffenen Hirnregionen – also der Bereiche, in denen der Krampfherd sitzt. „Der Erfolg dieser chirurgischen Eingriffe hängt davon ab, wie genau diese Regionen lokalisiert werden. Doch in der klinischen Praxis ist dies meist sehr schwierig und die durchschnittliche Erfolgsbilanz der Operation liegt bei nur etwa 60 %“, erklärt Dr. Viktor Jirsa von der Universität Aix-Marseille in einer Pressemitteilung, die auf der Website „EurekAlert!“ veröffentlicht wurde. „Jegliche Verbesserung würde vielen Menschen enorm weiterhelfen.“ Diese Verbesserung kommt in Form eines computergestützten Instruments mit der Bezeichnung The Virtual Brain (TVB), mit dem die Krampfanfallsaktivität in Patientengehirnen simuliert wird. Das ursprünglich von Dr. Jirsa und seinem Team entwickelte Instrument könnte bei der genaueren Lokalisierung der betroffenen Hirnregionen helfen und somit zu erfolgreicheren chirurgischen Eingriffen beitragen. Die Forschenden führen derzeit eine klinische Studie durch, um die Nützlichkeit der mit dem TVB erstellten personalisierten Netzwerkmodelle des Gehirns bei der Epilepsieoperationsplanung einzuschätzen.

Einsatz neuer digitaler Forschungsinfrastruktur

Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts HBP SGA3 (das letzte der vier Arbeitspläne des Forschungsprojekts Human Brain Project (HBP)) setzt das Team jetzt die neue Forschungsinfrastruktur EBRAINS ein, um die Genauigkeit des TVB mit Gehirnatlasdaten mit hoher Auflösung zu verbessern. Laut Dr. Jirsa ist nur EBRAINS zu „dieser massiven Datenmenge und Auflösung“ fähig. Er fährt weiter fort: „Hier werden Hirndatenressourcen für das Hochleistungsrechnen und Informatikinstrumente kompatibel gemacht und integriert. EBRAINS ermöglicht die Anwendung von Deep Learning und anderen Methoden, um die Konfiguration zu finden, die am besten zu den Aufzeichnungen der Hirndynamiken der behandelten Person selbst passt. Das ist ein wichtiger Schritt bei der Lokalisierung der betroffenen Region mit größerer Genauigkeit.“ Die Funktionen der EBRAINS-Infrastruktur werden in einem auf YouTube verfügbaren Video vorgestellt. Der Geschäftsführer von EBRAINS und Generaldirektor des Human Brain Project Paweł Świeboda beschreibt das TVB-Instrument von Dr. Jirsa als „einen der vielen bahnbrechenden Erfolge, die aus dem topaktuellen wissenschaftlichen Fachwissen des Human Brain Project und der modernen Forschungsinfrastruktur EBRAINS hervorgingen“. Er berichtet über seine Zukunftspläne: „Wir wollen in Zukunft mehr durch EBRAINS erreichte Fortschritte der Hirngesundheit teilen. Währenddessen laden wir Forschende unterschiedlicher Bereiche wie der Neurowissenschaft, dem Neuroengineering oder der Neurotechnologie, um nur ein paar zu nennen, dazu ein, herauszufinden, wie die EBRAINS-Plattform auch ihre Forschung voranbringen kann.“ Als eines der größten Forschungsprojekte der Welt bringt das Human Brain Project Forschende und Ingenieursfachkräfte von über 140 Universitäten, Lehrkrankenhäusern und Forschungszentren aus ganz Europa zusammen. „Der multidisziplinäre Ansatz des Human Brain Project, der neurowissenschaftliche Erkenntnisse durch die Analyse von Big Data und Neurobildgebungsstudien schafft und durch Hirnmodellierung und moderne Datenverarbeitung unterstützt wird, ist eine enorm wirkungsvolle Möglichkeit, die Hirnforschung voranzubringen und betroffenen Personen sowie der Gesellschaft Innovation zu bringen“, meint Institutsdirektorin und wissenschaftliche Leiterin des Human Brain Project Katrin Amunts. Das Dreijahresprojekt HBP SGA3 (Human Brain Project Specific Grant Agreement 3) läuft bis März 2023. Weitere Informationen: Projektwebsite Human Brain Project

Schlüsselbegriffe

HBP SGA3, Human Brain Project, The Virtual Brain, EBRAINS, Gehirn, Epilepsie

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