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Biofunctionalised Electroconducting Microfibres for the Treatment of Spinal Cord Injury

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Wie Bioelektronik bei Rückenmarksverletzungen neue Hoffnung weckt

Die Heilung neurologischer Schäden stellt leider immer noch ein ungelöstes klinisches Problem dar. Nun haben sich jedoch neuartige bioelektrische Gerüste als vielversprechende Ansätze zur Wiederherstellung von Funktionen erwiesen und ganz neue Möglichkeiten der Geweberekonstruktion aufgezeigt.

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Bioelektrische Gerüste sind Implantate, die zur Unterstützung der Wiederherstellung von Gewebe bestimmt sind. Da die von ihnen ausgehenden chemischen und elektrischen Reize die Zellregeneration erleichtern und die neuronale Aktivität anregen sowie eine Heilung fördern könnten, bergen sie ein enormes Potenzial in Bezug auf die Wiederherstellung geschädigter Nervensysteme. Diese Entdeckung könnte das Leben von Menschen mit Hirn- und Rückenmarksverletzungen verändern, die heute noch in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt sind. „Das Problem besteht jedoch darin, dass Implantate im Gehirn oder Rückenmark das Risiko zusätzlicher Nervenverletzungen bergen, die Entzündungen auslösen und die Funktionalität gefährden können“, erläutert Jorge Collazos-Castro, Koordinator des Projekts Neurofibres und Hauptforscher des Neural Repair and Biomaterials Laboratory am National Hospital for Paraplegics in Spanien. „Zudem sind die Struktur des menschlichen Nervensystems und die Pathologie neurologischer Verletzungen äußerst komplex. Probleme dieser Art wurden bisher häufig als unüberwindlich angesehen.“

Endlich Wirbelsäulenverletzungen heilen

Collazos-Castro hat seine medizinische Laufbahn dem Fortschritt auf dem Gebiet der Reparaturen am Nervensystem gewidmet. „Seit meiner Promotion ist mir klar, dass Wirkstoffe und Zelltransplantationen allein nicht ausreichen, um die neuronale Funktionalität wiederherzustellen“, erklärt er. „Ich erkannte die Notwendigkeit, am Ort der Läsion tiefer einzugreifen, und zwar mit einem Implantat, welches das Gewebe organisiert und das Wachstum der Nervenzellen begünstigt. So könnten zum Beispiel elektrisch leitende Mikrofasern die Nervenzellen lotsen und sie dabei gleichzeitig chemisch und elektrisch stimulieren.“ Das Projekt Neurofibres baut direkt auf Collazos-Castros früheren Arbeiten auf diesem Gebiet auf. Bereits 2016 konnte er demonstrieren, wie implantierte Mikrofasern bei minimalen zusätzlichen Schädigungen die Zellmigration lenken können. Jedoch war damals die regenerative Reaktion begrenzt, und eine elektrische Stimulation war noch nicht möglich. Mithilfe dieses Projekts sollten nun die Probleme überwunden werden. „Unser erstes Ziel bestand darin, die Sicherheit des Implantats nachzuweisen“, berichtet Collazos-Castro. „Anschließend suchten wir nach Wegen, um die neuronale Regeneration am Ort der Läsion stärker anzuregen.“ Entwickelt wurde ein implantierbares, elektrisch leitendes Gerüst aus proteinmodifizierten Mikrofasern. Ein weiteres Ziel war die Entwicklung von Affibodies, d. h. kleinen Molekülen mit hoher Affinität zu einem bestimmten Zielprotein, denn sie sollen die Funktionalität steigern.

Rekonstruiertes Gewebe dank Neurotechnik

Sowohl die verbesserten Kohlenstoffmikrofasern als auch die Affibodies, die vernetzten Gerüste und die Elektroden wurden anhand von Tiermodellen umfassend getestet. „Wir konnten nachweisen, dass sich diese elektrisch vernetzten Gerüste für die Implantation an Läsionsstellen eignen und biologisch sicher sind“, ergänzt Collazos-Castro. Obwohl bereits einige positive Reaktionen auf Zellebene zu verzeichnen waren, lautet Collazos-Castros Fazit, dass noch keine funktionelle Wiederherstellung bei Rückenmarksverletzungen erreicht wurde. Gegenwärtig werden neue Strategien, auch Kombinationen aus elektroaktiven Implantaten mit Arzneimitteln, weiter erforscht. „Wir sind zuversichtlich, dass dieser kombinierte Ansatz in Hinsicht auf die funktionelle neurologische Heilung zum Erfolg führen wird“, merkt der Forscher an. „Unsere Ergebnisse werden die Einbeziehung bereits existierender elektronischer Mittel erlauben, um die funktionelle Wiederherstellung nach einer Rückenmarksverletzung zu unterstützen, und außerdem ähnliche Ansätze zur Geweberekonstruktion mittels Neurotechnik in anderen Teilen des Körpers voranbringen.“ Derzeit arbeitet das Projektteam an einer Definition optimierungsbedürftiger Punkte, um in Richtung der klinischen Anwendungen voranzukommen. „Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren damit beginnen können, die Sicherheit des Implantats am Menschen zu testen, nachdem wir es für den Einsatz am Menschen umgestaltet haben und die einschlägigen Vorschriften für elektroaktive biomedizinische Implantate eingehalten werden“, sagt Collazos-Castro. „Dies wird ein kostspieliges, aber überaus lohnendes langfristiges Unternehmen sein. Wir befinden uns auf der Suche nach industriellen Partnerschaften und Investitionswilligen, um die klinische Anwendung dieser Technologie in die Tat umzusetzen.“

Schlüsselbegriffe

Neurofibres, Mikrofasern, Gerüste, Implantate, neuronal, Gehirn, Wirbelsäulen-, spinal, bioelektrisch

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