Neue Strategien zur Kontrolle der Parkinson-Symptomatik
Die Parkinson-Krankheit (PD) ist eine neurodegenerative Erkrankung von Neuronen im Gehirn, die für die motorische Steuerung zuständig sind. Nach Angaben der Europäischen Parkinson-Vereinigung EPDA sind weltweit etwa 10 Millionen Menschen betroffen. Obwohl die Krankheit noch nicht heilbar ist, existieren verschiedenste Behandlungsansätze, etwa die Closed-Loop-Tiefenhirnstimulation. „Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein Therapieansatz, bei dem Elektroden in tiefere Hirnstrukturen implantiert werden und dort die Neuronen elektrisch stimulieren“, erklärt Madeleine Lowery, Ingenieurin für Biomedizin am University College Dublin. „Die Closed-Loop-Stimulation ist eine Weiterentwicklung der Tiefenhirnstimulation, die die Schwere der Symptomatik erkennt und die Stimulationsstärke entsprechend anpasst.“ Obwohl Closed-Loop-THS therapeutisch wirksamer wie auch nebenwirkungsärmer und kostengünstiger sein könnte, ist sie noch nicht bereit für den klinischen Einsatz. „Vor der Anwendung in der klinischen Praxis brauchen wir geeignete Biomarker zur Überwachung der Symptome und stimulationsinduzierten Nebenwirkungen sowie neue Algorithmen zur Echtzeitsteuerung der Stimulation“, sagt Lowery. Dieser Aufgabe stellte sich das EU-finanzierte Projekt DBSModel. „Mit unseren Computermodellen entwickelten und testeten wir neue Strategien für die Closed-Loop-Stimulation, die patientenspezifische Symptome und Nebenwirkungen berücksichtigt und die Stimulationsparameter daran anpasst“, erläutert Projektforschungsleiterin Lowery. „Diese Ansätze können nun an präklinischen Tiermodellen und mit Patienten getestet werden.“
Neue Modelle liefern aussagefähige Ergebnisse
Schwerpunkt des vom Europäischen Forschungsrat (ERC) unterstützten Projekts ist ein neues Multiskalenmodell des menschlichen neuromuskulären Systems, das „mehrere räumliche und zeitliche Skalen sowie verschiedene Aspekte der menschlichen Biophysik und Physiologie umfasst, die für die tiefe Hirnstimulation benötigt werden“, wie Lowery weiter ausführt. „Dies sind u. a. die Verteilung des elektrischen Felds um die Elektrode, die Wirkung der Tiefenhirnstimulation auf einzelne Neuronen und Neuronenverschaltungen im Gehirn wie auch auf den Parkinson-Tremor und die Krafterzeugung im Muskel.“ An dem Multiskalenmodell wurden verschiedenste Strategien zur Regelung der Closed-Loop-Hirnstimulation mit verschiedenen Biomarkern aus dem Nervensystem getestet. Auf dieser Basis konnte die Arbeitsgruppe dann neue Algorithmen zur automatischen Anpassung der THS-Parameter an die spezifischen Biomarker entwickeln. In Tests mit freiwilligen PD-Kranken, die mit Tiefenhirnstimulation behandelt wurden, sollte untersucht werden, wie Parkinson und THS das Verhalten von Neuronen verändert, die die feinmotorischen Muskeln steuern. Laut Lowery lässt sich mit den neuen experimentellen Daten untersuchen, wie Medikamente und Tiefenhirnstimulation die Aktivität der für Muskelbewegungen zuständigen Motoneuronen verändern. Die Computermodelle lieferten Aufschluss über den physiologischen Mechanismus, der dieses Verhalten steuert, um den Therapieeffekt einer Tiefenhirnstimulation besser zu verstehen und neue Stimulationsstrategien zu entwickeln und zu testen. „Dies ist auch die Basis für die Entwicklung der nächsten Generation implantierbarer Closed-Loop-Neuromodulationssonden, mit denen sich die Symptomatik bei Parkinson abmildern lässt“, schließt Lowery. Lowery zufolge will das Team in seiner weiteren Arbeit nun die klinische Umsetzung seiner Forschungen zur Tiefenhirnstimulation vorbereiten. Unterstützt durch einen ERC Proof of Concept Grant führt die Arbeitsgruppe bereits präklinische Studien zur Wirksamkeit der im Projekt entwickelten Closed-Loop-THS-Algorithmen in vivo durch.
Schlüsselbegriffe
DBSModel, Parkinson-Krankheit, Tiefenhirnstimulation, THS, Gehirn, neurodegenerativ, Erkrankungen, Closed-Loop-Tiefenhirnstimulation, Biomarker