Anlagenmanagement für naturbasierte Widerstandsfähigkeit von Städten gegen Hochwasser
Wenn Hochwasser durch Regenwasser verursacht wird, ist das häufig darauf zurückzuführen, dass Entwässerungsinfrastrukturen zum Kampf gegen die Natur statt mit ihr entworfen wurden. Seit Kurzem findet ein Wandel weg von Hochwasserkontrolle durch kostspielige und wartungsintensive „graue“ (gebaute) Entwässerungsnetze hin zu Hybridsystemen statt, die naturbasierte Lösungen beinhalten. Diese stellen nicht nur die Durchlässigkeit von Städten wieder her, indem der Regen an der Quelle kontrolliert wird – wodurch das Hochwasserrisiko gesenkt und die Grundwasserversorgung erhöht wird – sondern bringen auch Vorteile für die Umwelt mit sich. Beliebte Anlagen sind Regengärten, Straßensenken oder Pflanzgruben. Die Vielfältigkeit an Formen und Zusammensetzungen der einzelnen Lösungen führen zu einer einfachen Anpassbarkeit an regionale Umgebungen. „Doch die Vorteile dieser naturbasierten Lösungen – ihre Vielfalt und Anpassbarkeit – sind häufig auch ihre Schwäche, da sie eine individuelle Bewirtschaftung benötigen“, sagt der Forschungsstipendiat Frédéric Cherqui vom Projekt Mind4Stormwater, das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt wird. „Diese Anlagen sind noch nicht sehr alt, meist kaum 30 Jahre, sodass ihre Leistung und Anforderungen auf lange Sicht relativ unbekannt sind.“ Mind4Stormwater hat moderne kostengünstige, verknüpfte und quelloffene Überwachungssysteme für die Wasserinfrastruktur eingesetzt, um das Vertrauen des Marktes in diese Lösungen aufzubauen und mehr Wissen über ihre langfristige Leistung zu generieren.
Die Expertenplattform
Die wissenschaftlichen Nachweise der Vorteile durch die Ergänzung „grauer“ Infrastruktur (mit Leitungen) mit naturbasierten Lösungen sind zwar überzeugend, doch bevor diese Lösungen breitere Anwendung finden können, muss zunächst Vertrauen aufgebaut werden, insbesondere das der Stadtbehörden. „Hybride Lösungen erfordern andere Bewirtschaftungsansätze. Sie sind weniger durchgängig und verstreuter als graue Infrastruktur und können außerdem multifunktional sein, sodass Kompetenzen des Bauingenieurwesens sowie der Ökosystemforschung notwendig sind“, fügt Cherqui von der Universität Lyon 1, dem Projektträger, hinzu. Die Infrastrukturüberwachung war bisher eine arbeits- und kostenintensive Tätigkeit, doch neueste technologische Fortschritte – begünstigt durch sinkende Kosten, Miniaturisierung, leichte Zugänglichkeit, Modularität und quelloffene Programmierung – bieten Lösungen zur Datenerfassung in Echtzeit. Mind4Stormwater hat die gesamte Überwachungskette demonstriert, von der Entwicklung und Installation der Sensoren bis zur Datenvisualisierung und Warnungen in Echtzeit. Nach den Labortests hat das Team Überwachungssysteme in Partnerschaft mit Melbourne Water in Australien und der Métropole de Lyon in Frankreich entworfen und installiert. Die Umsetzung wurde in stark urbanisierten Gebieten (wie Melbourne und Lyon) und auch abgelegeneren Orten (Officer, Australien) durchgeführt und umfasste verschiedene Lösungen wie Feuchtgebiete, Gründächer und Bachläufe. Über Online-Plattformen für die Pilotversuche in Australien und Frankreich wurden Sensordaten wie Wasserstand, Wassertrübung, Niederschlagsmenge sowie Umweltdaten wie Lufttemperatur und -feuchtigkeit erfasst, um direkte und indirekte Leistungsdaten bereitzustellen. Nutzende konnten die Daten nahezu in Echtzeit – alle 5 bis 30 Minuten je nach Konfiguration – visualisieren und herunterladen. Für unerwartete Situationen, bezogen auf die Lösung oder das Überwachungssystem selbst, wurden Warnhinweise eingerichtet.
Ermutigung der „Hydrocitizenship“
Mind4Stormwater trägt mit dem Ziel, Städte nachhaltiger zu gestalten, direkt zum Europäischen Grünen Deal bei. „Es bietet sich eine Geschäftsmöglichkeit, die grüne Arbeitsplätze in der Herstellung, Installation und Verwaltung von Überwachungssystemen sowie am Datenmarkt schafft“, meint Cherqui. „Diese Anlagen befinden sich meist im Freien, sodass eine Möglichkeit entsteht, Bürgerinnen und Bürger mit kostenfreiem und leichtem Zugang zu Überwachungsdaten als erstem Schritt für mehr Bewusstsein in Bezug auf Wasserbewirtschaftung zu beteiligen.“ Das Wissen, die Daten und Materialien von Mind4Stormwater sind quelloffen und gut zugänglich. Das Team evaluiert weiterhin die Vorteile dieser Entwässerungslösungen, für die noch jahrelange zusätzliche Tests notwendig sind. Dabei werden sie sich die stetig neuen Innovationen in den Bereichen Kommunikation, Sensorik und Big Data zunutze machen. Darüber hinaus wird die Auswirkung auf die Umwelt des Überwachungssystems selbst bewertet, einschließlich der Möglichkeit, organische Elektronik einzusetzen. Aufbauend auf den Ergebnissen von Mind4Stormwater arbeitet das EU-finanzierte Projekt Co-UDlabs jetzt auch an mehr Wissen und Innovation für städtische Entwässerungssysteme.
Schlüsselbegriffe
Mind4Stormwater, Hochwasser, Resilienz, Entwässerung, naturbasiert, graue Infrastruktur, Überwachung, Grüner Deal, Wasserspiegel, Regen, Städte