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Artificial Intelligence techniques for ice core analyses

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Mit maschinellem Lernen Eisbohrkernen für die Klimaforschung ihre Geheimnisse entlocken

Ein neues Verfahren auf Basis von maschinellem Lernen soll künftig wissenschaftliche Analysen von Eisbohrkernen vereinfachen und so neue Daten zu früheren Klimaveränderungen liefern.

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Die zylinderförmigen Eisbohrkerne werden durch Bohrungen aus polaren Eisschilden oder alpinen Gletschern gewonnen und liefern unverfälschte Daten über frühere klimatische Bedingungen. Die einzelnen Ablagerungsschichten stellen aufeinanderfolgende Momentaufnahmen des Klimas dar, das sich auf diese Weise mehr als 800 000 Jahre zurückverfolgen lässt. „Klimaveränderungen auf der Erde können anhand von Einschlüssen im Eis rekapituliert werden“, erklärt Carlo Barbante, Projektkoordinator von ICELEARNING an der Universität Venedig, Italien. „Dabei handelt es sich um lösliche chemische Substanzen, Gase aus der Atmosphäre und feste Partikel aus Wüsten, Wäldern und Vulkanen, die mit dem Wind transportiert und dann im Eis eingeschlossen wurden.“ Allerdings ist der Zeitaufwand, um diese Partikel zu identifizieren und zu quantifizieren, mit Standardmethoden noch sehr hoch, da jede Probe im Labor aufbereitet und jede Partikelanalyse meist einzeln vorbereitet werden muss. Zudem kann eine einzelne Probe für mehrere Fachbereiche von Interesse sein, was jedoch eine jeweils fachspezifische Expertise voraussetzt (z. B. Analyse von Pollen oder Vulkanasche).

Analyse früherer Umweltbedingungen

Um solche Analysen zu vereinfachen, arbeitete das über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt ICELEARNING mit der sogenannten FlowCam, einem Flüssigkeitsströmungsmikroskop. Niccolò Maffezzoli, Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiat des Projekts, erarbeitete das Konzept hierfür und einen entsprechenden Prototyp. Die FlowCam fotografiert alle Partikel in einer Eiskernprobe ab, während sie durch das Instrument fließen. Ziel von ICELEARNING war die automatisierte Analyse, Identifizierung und Klassifizierung von Einschlüssen mittels https://www.sciencedirect.com/topics/computer-science/deep-neural-network (Deep-Learning mit künstlichen neuronalen Netzen)/ fortgeschrittenem maschinellem Lernen. „Auf die FlowCam stieß Niccolò Maffezzoli erstmals bei seinem Besuch in einem Labor der Universität Bergen“, erklärt Barbante. „Niccolò war überzeugt, dass die Kamera auch der Analyse von Eisbohrkernen dienen könnte, um Partikel zu identifizieren und einen fachübergreifenden Rahmen zu schaffen.“ Voraussetzung war jedoch die Entwicklung eines künstlichen neuronalen Netzwerks für tiefes Lernen, das verschiedenste Arten von Partikeln anhand digitaler Bilder unterscheidet und klassifiziert. Hierfür mussten zunächst spezifische Musterdatensätze für alle Arten von Partikeln erstellt werden, d. h. der Deep-Learning-Algorithmus wurde mit zehntausenden von Bildern „gefüttert“, um zu „lernen“, zwischen Partikelarten zu unterscheiden. „Als sich zeigte, dass der Algorithmus Partikel sehr zuverlässig und genau klassifizieren kann“, erklärt Barbante, „verwendeten wir das Lernsystem für die im Greenland Ice Core Project (GRIP) gewonnen Bohrkerne, deren Eis 13 000 bis 17 000 Jahre alt ist.“

Genaue Klimazeitreihen

Die Arbeitsgruppe um Barbante entdeckte damit verschiedene Arten von Partikeln, u. a. vulkanische Tephra-Partikel aus wissenschaftlich belegten Vulkanausbrüchen, was die Eignung des Verfahrens zur Rekapitulation früherer Vulkanausbrüche anhand von Daten aus Eisbohrkernen demonstrierte. Zudem fand man in Eisproben aus den peruanischen Anden Kieselalgen bzw. einzellige Meeresalgen. Insgesamt belegte ICELEARNING, dass dies den Kosten-, Zeit- und Arbeitsaufwand von Laboranalysen reduziert und dass auch neue Forschungsgebiete, etwa zu noch kaum untersuchten Partikeln wie diesen Kieselalgen, erschlossen werden könnten. „ICELEARNING war im Wesentlichen eine Pilotstudie, um die Machbarkeit des Konzepts zu demonstrieren“, ergänzt Barbante. „Demnächst wollen wir unser Modell auf andere Partikel anwenden und die Stichprobenmengen vergrößern.“ Barbante will damit auch einen Beitrag zum EU-finanzierten Projekt Beyond EPICA Oldest Ice Core leisten, das Partikel analysiert, die älter als eine Million Jahre sind, um neue Erkenntnisse über viele vergangene Klimaperioden der Erde zu gewinnen.

Schlüsselbegriffe

ICELEARNING, Eis, klimatisch, Polar, Gletscher, FlowCam, Vulkan, Klima

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