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Evolutionary genetics of guppy sex chromosomes

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Der unerwartete Ursprung der Geschlechtschromosomen bei Guppys

Im Gegensatz zum Konflikt zwischen den Geschlechtern, der die Entwicklung eines Y-Chromosoms begünstigt hat, enthüllt GUPPYSEX, dass ein kürzlich entstandenes neues Y-Chromosom die Anreicherung von Farbmutationen auf dem Y-Chromosom ermöglicht, die für Männchen vorteilhaft und für Weibchen von Nachteil sind.

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Der Großteil des genetischen Materials eines Organismus wird in Form von Chromosomen-Paaren vererbt, jeweils eines von jedem Elternteil. Während der Bildung von Spermien und Eizellen tauschen die meisten Chromosomen, die sogenannten Autosomen, Gene mit ihren Partnern aus („Rekombination“). Anders verhält es sich jedoch mit den Geschlechtschromosomen, die bestimmen, ob ein Organismus männlich oder weiblich ist. Bei vielen Arten, einschließlich der meisten Säugetiere, erben die Weibchen zwei X-Chromosomen, eines von jedem Elternteil, genau wie die Autosomen. Männchen hingegen sind XY – sie erben ein X von ihrer Mutter, aber die Väter geben ihr Y an ihre Söhne weiter. Die Y- und X-Chromosomen rekombinieren bei Männern nicht, außer in kleinen „pseudoautosomalen“ Regionen (PAR), und der fehlende Austausch führt schließlich zum Verlust von Genen im Y-Chromosom (es wird „degeneriert“). Das menschliche Y-Chromosom hat etwa 98 % der rund 1 000 Gene verloren, die auf dem X-Chromosom vorhanden sind. Im Rahmen des Projekts GUPPYSEX an der Universität Edinburgh wurde anhand eines kleinen Fisches, des Guppys, untersucht, ob sich der Verlust des Austauschs zwischen den Geschlechtschromosomenpaaren durch Konflikte zwischen den Geschlechtern erklären lässt. Das Projekt wurde vom Europäischen Forschungsrat finanziert.

Sexueller Antagonismus

Bei vielen Arten unterscheiden sich die Geschlechter, manchmal sogar sehr deutlich. Diese Unterschiede legen nahe, dass einige Merkmale, die für Männchen gut sind, für Weibchen schlecht sind, oder „sexuell antagonistisch“. Darwins Theorie der sexuellen Selektion legt beispielsweise nahe, dass ein großes Geweih zwar den Männchen im Wettbewerb mit Rivalen zugute kommt, aber den Paarungserfolg von Weibchen verringern könnte. „Wir haben uns für die Untersuchung von Guppys entschieden, weil sie solche Konflikte zeigen. Bunt gefärbte Männchen erzielen die meisten Paarungen, aber die Farbenpracht erhöht die Prädation auf die Weibchen. Mutationen in der Farbgebung verbreiten sich daher am ehesten in einer Population, wenn sie nur von Männchen vererbt werden, was den Austausch zwischen X- und Y-Chromosomen negativ beeinflusst“, erklärt Deborah Charlesworth, Projektkoordinatorin von GUPPYSEX.

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Rekombination

Das Team von GUPPYSEX sammelte Genomsequenzen und verwendete molekulare Marker, um genetische Kartierungen bei Eltern beider Geschlechter vorzunehmen. Dabei zeigte sich, dass die genetische Rekombination während der Spermienbildung nur an der Spitze jedes der 23 Guppy-Chromosomen stattfindet. Für das XY-Paar bedeutet das Fehlen des Austauschs über den Großteil des Chromosoms, dass der Hauptanteil des Y ausschließlich männlich bleibt – Söhne erben das Y ihres Vaters, und Y-Sequenzen werden nur selten, wenn überhaupt, an weibliche Nachkommen weitergegeben. „Anstatt dass sich die unterdrückte Rekombination als Reaktion auf den sexuellen Antagonismus (SA) entwickelte, wie bisher angenommen wurde, fehlt den männlichen Guppys also bereits die Rekombination über den Großteil ihrer Chromosomen“, fügt Charlesworth hinzu. „Dies würde die jüngste Evolution eines neuen Y-Chromosoms ermöglicht haben, welches einen neuen, das Männchen bestimmenden Faktor trägt, und die SA-Färbungsgene könnten sich dann auf diesem Chromosom konzentrieren.“ Die Erkenntnis von GUPPYSEX in Bezug auf ausgedehnte Chromosomenregionen, die bei Männchen nur selten rekombinieren, deckt sich mit jüngsten Ergebnissen von anderen Organismen.

Konsequenzen und künftige Schritte

Die Erkenntnisse von GUPPYSEX tragen zu einem besseren Verständnis der genetischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei. Ein solches Verständnis ist in der Medizin von großem Wert, da es hilft, geschlechtsspezifische Unterschiede in der Anfälligkeit für Krankheiten zu erklären. Es ist auch für die Landwirtschaft von Bedeutung, wenn es um die frühzeitige Bestimmung des Geschlechts bei Tieren oder Obstkulturen geht, sowie bei der Schädlingsbekämpfung, um gezielt ein Geschlecht zu sterilisieren oder zu eliminieren. „Da sich das Y-Chromosom des Guppys wahrscheinlich aus einem X-Chromosom entwickelt hat, sollten sich dessen Gene daran angepasst haben, dass sie vorwiegend in männlichen Tieren vorkommen. Es dürfte interessant sein, zu untersuchen, ob sich die Gene auf den Geschlechtschromosomen anders entwickeln als die autosomalen Gene“, so Charlesworth abschließend.

Schlüsselbegriffe

GUPPYSEX, Guppy, Chromosom, Geschlecht, Rekombination, genetisch, autosomal, degeneriert, männlich, weiblich, darwinistisch, sexueller Antagonismus

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