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Warum ist Eis glatt?

Bei Frost rutschen viele Menschen unterwegs auf Glatteis aus. Doch wie der Experimentalphysiker Robin Ras erklärt, ist der Grund dafür, dass Eis glatt ist, gar nicht so einfach zu begreifen.

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Ob beim eleganten Eislauf in der Eishalle oder dem stelzigen Gang auf dem Bürgersteig: Die reibungslose Oberfläche von Eis trifft uns oft unerwartet. Die Hintergründe dieser Glätte sind noch immer nicht ganz klar. „Die Bildung von Eis ist ein sehr komplexer Prozess, und man ist sich nicht einig, was genau dabei passiert“, erklärt Ras, ein Professor für Physik der weichen Materie an der Aalto Universität in Finnland. „Der Prozess umfasst viele Einzelaspekte von der mikroskopischen bis zu makroskopischen Ebene, für deren Untersuchung jeweils Spezialausrüstung erforderlich ist.“ Es reicht nicht, die Eigenschaften von Eis zu kennen – die einzigartigen Umwandlungsmöglichkeiten von Wasser beim Übergang zwischen fest, flüssig und gasförmig erweitern die Komplexität zusätzlich. Wasser ist an sich seltsam: Anders als andere Flüssigkeiten weitet es sich beim Gefrieren aus. So schwimmt festes Wasser – wie Eisberge oder Eiswürfel – in flüssigem Wasser oben.

Was uns Bier über Eis lehrt

Bevor wir Eis verstehen können, müssen ein paar Missverständnisse ausgeräumt werden. Die meisten von uns haben in der Schule gelernt, dass Wasser bei seinem Schmelzpunkt von null Grad Celsius gefriert. Das stimmt so nicht ganz, klärt Ras auf. „Man kann reines flüssiges Wasser in eine Kunststoffflasche füllen, in den Gefrierschrank legen, nach ein paar Tagen wieder herausholen und ausschütten, denn Wasser kann bei Temperaturen von bis zu -35 °C flüssig bleiben. Diesen Zustand nennt man unterkühlt“, erklärt er. Das liegt daran, dass Eis zur Bildung Nukleationskörper braucht – kleine Teilchen wie Mineralien, Schmutz oder die raue Oberfläche des Behälters. „Jeder, der schon einmal das Bier Duvel aus einem Duvel-Glas getrunken hat, weiß, dass sich am Glasboden Bläschen bilden wie die, die aus Öffnungen in der Tiefsee auftauchen. Das kommt durch die Nukleation an der rauen gravierten Glasoberfläche“, sagt Ras.

Untersuchung der Grenzfläche

Dann gilt es zu beachten, dass eine Oberfläche nur dann als glatt gilt, wenn etwas mit ihr in Kontakt steht. Es scheint also, dass diese Grenzfläche nicht das Opfer der Glätte ist, sondern sie auslöst. Der zugrunde liegende Mechanismus wurde erst vor Kurzem detailliert beschrieben: Durch die Reibung beim Kontakt zwischen einem Stiefel und dem Eis entsteht eine dünne, glatte Schicht aus Grenzflächenwasser auf dem Eis. Dieses Wasser ist zäher als normales Wasser mit einer Dicke von einem Hundertstel eines Haares und Gleiteigenschaften zwischen flüssig und fest. Weitere Forschung hat ergeben, dass die Wassermoleküle an dieser Grenzfläche schwächer verbunden sind als in Eis und sich somit frei bewegen können – ähnlich wie bei Wasserdampf. „Die Wassermoleküle fungieren dabei ähnlich wie ein Kugellager und ermöglichen es Dingen, sich leicht über die Eisoberfläche zu bewegen, manchmal ein bisschen zu leicht“, erläutert Ras. Der dritte Kernaspekt für Glätte ist Geschwindigkeit. Wenn sich ein Objekt schnell über das Eis bewegt, dann erzeugt die Grenzflächenreibung und der Druck mehr Hitze, was wiederum die Bildung von Grenzflächenwasser fördert. Andernfalls sähe Eiskunstlauf deutlich weniger ... fließend aus.

Glätte akzeptieren

Die Glätte von Eis trug zur Inspiration für das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Projekt SuperRepel von Ras bei. Sein Team hat eine Oberflächenbeschichtung entwickelt, die verschiedene Substanzen, von Staub bis Schnee, abstößt. „Mit unserer Beschichtung, der aktuell haltbarsten wasserabweisenden Beschichtung, wird es einfacher, die dann hydrophoben Oberflächen trocken, sauber und frei von Bakterien zu halten“, ergänzt Ras. Das Team wurde für seine Methodik mit dem Anton Paar Forschungspreis ausgezeichnet. Derzeit erkunden sie verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, von den Rotorblättern an Windkraftanlagen zu Skiern und Verpackungsmaterialien. „Unsere Ergebnisse entstammen dem Interesse, wie sich Wassertröpfchen verhalten. Durch das gesammelte Fachwissen können wir jetzt Eis und andere Phänomene wie Nebel näher betrachten und so einen Beitrag zu anderen Industrien wie der Raumfahrt oder Automobilbranche leisten“, merkt Ras an. So können wir uns bei kalten Temperaturen besser schützen. Der Winter kann sich warm anziehen, wenn er kommt. Hier erfahren Sie mehr über Ras‘ Forschung: Neue Generation hochleistungsfähiger Antihaftbeschichtungen

Schlüsselbegriffe

SuperRepel, Eis, Nukleation, Wasser, Moleküle, glatt, Reibung, Temperatur