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Engineered microbial factories for CO2 exploitation in an integrated waste treatment platform

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Umprogrammierte Bakterien verwandeln CO2 in wertvolle Produkte

Forschende haben in einer integrierten Abfallwirtschaftsplattform den „Einfallsreichtum“ von Bakterien ausgenutzt, um CO2-Emissionen in wichtige Chemikalien und Kunststoffe umzuwandeln.

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Die wachsende Besorgnis über ökologische Nachhaltigkeit und die Senkung der Treibhausgasemissionen hat zu vielen Forschungsbemühungen geführt, die sich auf die Nutzung von CO2 als Ausgangsmaterial konzentrieren. Ziel ist es dabei, umweltfreundliche Chemikalien und Materialien zu erzeugen, indem erneuerbare Energiequellen und mikrobielle Biokatalysatoren genutzt werden. „Der kombinierte Ansatz, CO2 abzuscheiden und in wertvolle Produkte zu verwandeln, hat Auswirkungen auf wichtige Industrien, denn ein Teil der Produkte, die üblicherweise aus fossilen Brennstoffen beruhen, wird durch nachhaltige Alternativen ersetzt“, meint Nicolò Vasile, Mitglied des Koordinierungsteams des EU-finanzierten Projekts ENGICOIN. „Ein zentrales Element zur erfolgreichen Umsetzung dieses Ansatzes ist es, verteilte Fertigungsstrategien zu verwirklichen, mit denen die Integration von Anlagen, die CO2-Emissionen generieren, in Systeme möglich wird, die Abwärme und kostengünstige erneuerbare Stromquellen nutzen.“ So wird eine Kreislaufwirtschaft aufgebaut, in der der Ausstoß des einen Prozesses in einen anderen eingespeist wird.

Mikrobielle Alchemie für nachhaltige Produkte

ENGICOIN hat diese Grundsätze veranschaulicht, indem CO2 mittels synthetischer Mikroorganismen in verschiedene Kunststoffe und Rohchemikalien umgewandelt wird. „ENGICOIN ebnet den Weg für synthetische mikrobielle Fabriken, in denen solide Biokatalysatoren zum Einsatz kommen, die verschiedene CO2-basierte Ausgangsstoffe umwandeln können. So werden flexible, integrierte und resiliente Prozessschemata möglich.“ „Wir haben drei neue integrierte mikrobielle Fabriken entwickelt, die auf CO2-Quellen und erneuerbarem Wasserstoff aus der Elektrolyse in einer industriellen Plattform der anaeroben Vergärung beruhen, in der der organische Anteil von festen Siedlungsabfällen behandelt wird“, ergänzt Vasile. Diese mikrobiellen Fabriken erzeugen Milchsäure, Polyhydroxyalkanoate (PHA), Azetat und Azeton. Die mikrobielle Fabrik 1 verwendet den photosynthetischen Mikroorganismus Synechocystis. Dieser Mikroorganismus nimmt CO2 über Sonnenlicht auf. Er wurde so modifiziert, dass er aus dem Rauchgas der Biogasverbrennung Milchsäure und aus der Aufwertung von Biogas in Biomethan reine CO2-Ströme erzeugt. Die mikrobielle Fabrik 2 beruht auf dem aeroben Bakterium Cupriavidus necator, das seine Energie aus chemischen Reaktionen zieht. Es wandelt CO2 und Wasserstoff in biologisch abbaubare und biokompatible Thermoplaste um, wobei dieselben CO2-Quellen wie bei der mikrobiellen Fabrik 1 – Rauchgas aus der Biogasverbrennung und reine CO2-Ströme aus der Aufwertung von Biogas in Biomethan verwertet. In der mikrobiellen Fabrik 3 schließlich kommt das anaerobe acetogene Bakterium Acetobacterium woodii zum Einsatz, das CO2 und Wasserstoff in Azetat und Azeton umwandelt.

Herausforderungen bei der Skalierung der Technologie

ENGICOIN hat die Pilotplattform der Technologie-Reifegrad 5 erfolgreich in Auftrag gegeben und getestet, wobei ein Bioreaktor und Elektrolyseur in Italien integriert wurden. Das Hauptziel der Prüfkampagne bestand darin, die Machbarkeit der biologischen Verfahren, die aus Abfallgas (rohes CO2) zehren, und den dauerhaften Betrieb des Bioreaktors und Elektrolyseurs für Langzeitprozesse nachzuweisen. Die Forschenden demonstrierten, dass modifizierte Synechocystis und Cupriavidus necator zur Erzeugung von Milchsäure und Thermoplaste in echten industriellen Umgebungen gezüchtet werden können. Dabei wurden skalierte Reaktorsysteme eingesetzt und die Bakterienkulturen mit CO2 gefüttert. Das Projektteam hat Herausforderungen bei der Umsetzung der vorgestellten Konzepte und Technologien auf Industrieniveau bewältigt. Im Fokus stand dabei die wirtschaftliche Nachhaltigkeit durch den Elektrolyseureinsatz über Nacht und die dauerhafte Produktion in der mikrobiellen Fabrik. „Das Ziel von ENGICOIN war es, die CO2-Emissionen mittel- bis langfristig deutlich zu senken, indem wertvolle Produkte wie Polymere (auch Polymilchsäuren und Thermoplaste) anvisiert wurden, für die 4 % des globalen Rohölverbrauchs anfallen“, meint Vasile. „Andere Produkte mit vergleichbarem Potenzial zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sind nur schwer zu finden, abgesehen von Biokraftstoffen. Doch solche, bei deren Aufbereitung Wasserstoff verwendet wird, sind bisher nicht marktreif.“ ENGICOIN hat die Möglichkeit nachgewiesen, CO2 als Ausgangsstoff für die nachhaltige Chemikalienprodukten auszunutzen und solche aus fossilen Quellen abzulösen. ENGICOIN hat erneuerbare Energien eingesetzt und die Bindung und Reinigung von CO2 aus Rauchgasen anvisiert. Es hat somit gezeigt, wie wichtig es ist, Verfahren der Biotechnologie für die Zukunft zu konzipieren, die zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen.

Schlüsselbegriffe

ENGICOIN, mikrobielle Fabriken, Wasserstoff, Thermoplaste, Chemikalien, Kunststoffe, Milchsäure, CO2

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