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Wassermoleküle springen nicht allein

In einer EU-unterstützten Studie werden die kollektiven Bewegungsausbrüche in flüssigem Wasser beschrieben.

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Welche Rolle übernimmt das Wasserstoffbrückennetzwerk in Wassermolekülen für die Dynamik des Wassers? Neue, zum Teil durch das EU-finanzierte Projekt HyBOP unterstützte Forschungsarbeiten haben diese Frage beantwortet. In der Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, wird dargelegt, wie die Reorganisation der Wasserstoffbrückennetzwerke mit der kollektiven Reorientierungsdynamik in flüssigem Wasser im Zusammenhang steht. „Ein Wasserstoffbrückennetzwerk ist nicht starr. Es verändert sich ständig durch thermische Fluktuationen und andere Faktoren, die einzelne Wasserstoffbrücken aufbrechen und neu bilden“, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Adu Offei-Danso vom The Abdus Salam International Centre for Theoretical Physics (ICTP), Italien, in einem kürzlich auf der Website des Zentrums veröffentlichten Artikel. Er fügt an: „Diese Fluktuationen des Wasserstoffbrückennetzwerks sind für verschiedene physikalische, chemische und biologische Prozesse in flüssigem Wasser entscheidend. Darum ist es so wichtig, ihren mikroskopischen Mechanismus nachzuvollziehen.“

Isoliert oder nicht?

Vor über 10 Jahren fanden Forschende heraus, dass Rotationen von Wassermolekülen – von denen angenommen wird, dass sie eine wichtige Rolle bei der Dynamik von Wasserstoffbrücken spielen – nicht in kleinen Diffusionsschritten ablaufen, sondern typischerweise mit plötzlichen großen Sprüngen. „Es wurde vermutet, dass es sich bei diesen Großwinkelsprüngen um isolierte Ereignisse handelte“, so der Mitautor der Studie, Dr. Ali Hassanali, der ebenfalls am ICTP forscht. „Bei diesen plötzlichen und schnellen Drehungen kommt es zum Bruch und zur Bildung von Wasserstoffbrücken mit benachbarten Molekülen. Es findet also eine Veränderung im lokalen Wasserstoffbrückennetzwerk statt.“ Doch was geschieht mit den anderen Wassermolekülen im Netzwerk, wenn diese Sprünge auftreten? Bleiben sie davon unberührt oder sind sie aktiv an einem kollektiven Prozess beteiligt? „Genau das wollten wir herausfinden“, kommentiert Dr. Hassanali. Die Forschenden führten Computersimulationen von flüssigem Wasser durch, wendeten Ansätze der statistischen Physik an, um das kollektive Verhalten zu verstehen, und nutzten datenwissenschaftliche Verfahren, um menschliche Eingriffe zu vermeiden oder einzuschränken. „Wir mussten zunächst eine Beobachtungsgröße finden, die die abrupte Winkelbewegung der Wassermoleküle erfassen kann, um damit zu prüfen, ob es überhaupt einen kollektiven Prozess in der Wasserreorientierungsdynamik gibt“, erläutert Dr. Offei-Danso. Das Team nutzte diese Beobachtungsgröße, um ein Instrument zu erschaffen, mit dem eine große Anzahl von Winkelsprüngen, die gleichzeitig im System stattfinden, sichtbar wurde. „Außerdem haben wir herausgefunden, dass sie in einer hochgradig orchestrierten und koordinierten Weise ablaufen“, stellt Dr. Offei-Danso fest. Dr. Uriel Morzan, Mitautor der Studie und Forschungsbeauftragter am ICTP, beschreibt die starke Wechselwirkung, die das Team zwischen der Winkelrotation der Wassermoleküle und den Veränderungen der Topologie und Dichte des Wasserstoffbrückennetzwerks beobachtet hat: „Aus unseren Ergebnissen ergibt sich das Bild, dass bei einem großen Sprung eine Kaskade von Fluktuationen der Wasserstoffbrücken stattfindet.“ Diese Fluktuationen lösen dann eine nachfolgende Welle von Klein- und Großwinkelsprüngen aus. „Unsere Analyse belegt eine kollektive Reorientierung und eine Umstrukturierung des Netzwerks, an der mehrere größere Gruppen nahe gelegener, über das gesamte System verteilter Moleküle beteiligt sind“, fasst Mitautor Dr. Alex Rodriguez, Assistenzprofessor an der Universität Triest, zusammen. Die Studie dient als Grundlage für die weitere Erforschung der Rolle der kooperativen Dynamik in verschiedenen physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen. Das auf fünf Jahre angelegte Projekt HyBOP (Hydrogen Bond Networks as Optical Probes) endet im Jahr 2027. Weitere Informationen: Projekt HyBOP

Schlüsselbegriffe

HyBOP, Wasser, Molekül, Wasserstoffbrücke, Wasserstoffbrückennetzwerk, Winkelbewegung

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