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Warum werden gesunden Nutztieren Antibiotika gefüttert?

Obwohl es in der EU verboten ist, werden in einigen Ländern weiterhin Antibiotika an gesunde Tiere verfüttert. Diese Praxis ist nach Ansicht von Greta Reintjes, Expertin für mikrobielle Ökologie, sowohl unnötig als auch gefährlich.

Lebensmittel und natürliche Ressourcen icon Lebensmittel und natürliche Ressourcen

Genau wie beim Menschen dienen Antibiotika auch bei Nutztieren als wichtiges Mittel zur Behandlung von Infektionen und Krankheiten. Das gilt insbesondere für Tiere, die in großer Anzahl und in engem Kontakt zueinander gehalten werden, da sich unter diesen Bedingungen Krankheiten schnell ausbreiten können. Deshalb werden in landwirtschaftlichen Betrieben die Arzneimittel manchmal auch den gesunden Tieren vorbeugend verabreicht. Mit der Zeit wurde festgestellt, dass Tiere, die ständig mit Antibiotika gefüttert wurden, schneller größer wurden. „Das Problem dabei ist, dass dieser recht großzügige Einsatz von Antibiotika das Risiko antimikrobieller Resistenzen erhöht, was nicht nur für die Nutztiere, sondern auch für den Menschen eine große Gefahr darstellt“, sagt Greta Reintjes, Meeresbiologin und Expertin für mikrobielle Ökologie, die an der Universität Bremen die Gruppe Mikroben-Kohlenhydrat-Interaktionen leitet. Diese Gefahr hat die EU 2022 veranlasst, den prophylaktischen Einsatz von Antibiotika zu verbieten. „Diese Gesetzgebung verbietet den routinemäßigen Einsatz von antimikrobiellen Mitteln, d. h. sie dürfen nur noch zur Behandlung eines infizierten oder kranken Tieres verwendet werden“, erklärt Reintjes.

Unzeitgemäße Praktiken

Während in Europa die Verfütterung von Antibiotika an gesunde Nutztiere verboten sein mag, ist sie außerhalb der EU weiterhin gängige Praxis. In Kanada zum Beispiel, wo in den Viehzuchtbetrieben große Futterplätze im Freien vorherrschen, ist der Antibiotikaeinsatz mehr als dreimal so hoch wie in der EU. „Da es schwierig und kostspielig sein kann, ein krankes Tier aus einer derart großen Herde zu entfernen, werden in viele Viehzuchtbetrieben stattdessen der gesamten Herde vorbeugend Antibiotika gegeben“, merkt Reintjes an. Aber überwiegen die Vorteile eines solchen Ansatzes die Risiken? Reintjes sieht das keineswegs so. „Ich persönlich kann keinen Nutzen erkennen“, fügt sie hinzu. „Ich denke, dass derartige Praktiken darauf zurückzuführen sind, dass der Produktion Vorrang gegenüber Gesundheit und Sicherheit eingeräumt wird.“

Alternativen zu Antibiotika

Nach der Erforschung von Alternativen zum prophylaktischen Einsatz von Antibiotika innerhalb des Projekts RUMIC, das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert wurde, stellt Reintjes fest, dass eine der einfachsten Möglichkeiten, Tiere gesund zu halten und Krankheiten vorzubeugen, die Ernährung ist. In Kanada beispielsweise werden Rinder häufig mit einem hohen Anteil Kraftfutter gefüttert, um die Gesamtgewichtszunahme zu erhöhen und somit mehr Fleisch zu erzeugen. Eine derart eintönige Ernährung ist jedoch nicht gut für das Mikrobiom der Rinder und lässt das Tier – und somit die Herde – anfälliger für Krankheiten werden. „Wenn die Rinder eine abwechslungsreiche Ernährung erhalten, die unter anderem frisches Gras, gemischtes Silofutter und Heu enthält, wird ihr Mikrobiom vielfältig und gesund und somit bereit sein, negative Mikroben auf natürliche Weise zu bekämpfen, sollten diese versuchen, sich zu entwickeln – und das alles, ohne dass Antibiotika notwendig sind“, erklärt Reintjes. Reintjes empfiehlt außerdem die Gabe von komplexen Kohlenhydraten, die präbiotisch wirken. Da Präbiotika die Anzahl der nützlichen Bakterien im Darm erhöhen, fördern und verbessern sie nachweislich die Leistung und Gesundheit von Tieren. „Ein gesundes Tier ist weniger anfällig für Krankheiten, wodurch der Bedarf an antimikrobiellen Mitteln an der Quelle reduziert wird“, schließt Reintjes. Sie können hier mehr über Reintjes Forschung lesen.

Schlüsselbegriffe

RUMIC, Viehbestand, Antibiotika, antimikrobielle Mittel, Bakterien, Rinder, Präbiotika, Krankheit, antimikrobielle Resistenz