CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Artificial Intelligence Model for Cognitive Assessment for infants and Children

Article Category

Article available in the following languages:

Beurteilung der Gehirnentwicklung bei Frühgeborenen zur Unterstützung des Lernens

Eine Forschungsgruppe hofft, durch den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Erforschung der unterschiedlichen Entwicklung des Gehirns von Frühgeborenen, eine Gehirn-Computer-Schnittstelle zu entwickeln, die das Wahrnehmungslernen von Säuglingen erleichtert.

Gesundheit icon Gesundheit

In Europa werden jedes Jahr etwa 500 000 Babys zu früh geboren und weltweit ist ein Zehntel der Neugeborenen eine Frühgeburt. Eine Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche wirkt sich negativ auf die Faltung des Gehirns und auf den Myelinisierungsprozess der Gehirnzellen aus. „Weniger Gehirnfalten führen zu einer Verringerung der kortikalen Fläche sowie des kortikalen Volumens und eine schlechte Myelinisierung verlangsamt die Informationsübertragung im Gehirn“, erklärt Audrey van der Meer, Koordinatorin des EU-finanzierten Projekts AIM_COACH und Professorin für Psychologie an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens. Im letzten Schwangerschaftsdrittel und im ersten Lebensjahr des Kindes entwickelt sich ein Bereich des Gehirns, der sich vom visuellen Kortex am Hinterkopf bis zum oberen Teil des Kopfes erstreckt, wo sich der motorische Kortex befindet, rasch. Dieser sogenannte dorsale visuelle Verarbeitungspfad steuert die sensorisch-motorische Integration, die Planung von Handlungen, die Zeitmessung sowie die Wahrnehmung von Entfernung, Geschwindigkeit, Richtung und Zeit bis zur Kollision. „Viele Frühgeborene leiden an einer sogenannten ‚Vulnerabilität des dorsalen Pfades‘, was bedeutet, dass sie Schwierigkeiten haben, mit bewegten Objekten in der Welt zu interagieren“, sagt Van der Meer, deren Projekt durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen der EU unterstützt wurde.

Nutzung von KI und Elektroenzephalographie zur Beobachtung der Gehirnaktivität von Säuglingen

Mithilfe fortschrittlicher Elektrodennetze wurde im Labor die elektrische Gehirnaktivität von sehr jungen Babys aufgezeichnet, während sie auf einem großen Bildschirm virtuelle Kugeln beobachteten, die mit hoher Geschwindigkeit auf sie zuflogen. Das Team testete über 500 Säuglinge mit dem „Bedrohungsparadigma“ und die meisten Babys beeindrucken die Kugeln wirklich, bei denen der Eindruck erweckt wird, sie prallten ihnen ins Gesicht. Säuglinge müssen Informationen darüber, wann die Kugel sie treffen wird, schnell und genau verarbeiten, damit sie rechtzeitig blinzeln, sich ducken oder die Hände hochnehmen können, um ihre Augen und ihr Gesicht zu schützen. Die 128 empfindlichen Elektroden sind zu einem „Haarnetz“ zusammengenäht, das in einer einzigen schnellen Bewegung über den Kopf des Babys gestülpt wird, während das Team zur Ablenkung Seifenblasen bläst. Da der Schädel von Babys viel dünner ist als der von Erwachsenen und sie in der Regel wenig oder gar keine Haare haben, konnte das Team Gehirnsignale in Mikrovolt in guter Qualität aufnehmen. Der Säugling trug das Netz und beobachtete die sich nähernden Kugeln. Dabei wählte der Computer automatisch die mit der Bedrohung zusammenhängenden Reaktionen aus und stellte fest, ob es sich um eine angemessene, altersgemäße Reaktion des Gehirns handelte oder ob die Reaktion Mängel aufwies. „Mit dem Ziel, eine Gehirn-Computer-Schnittstelle zur Erleichterung des Wahrnehmungslernens bei jungen Säuglingen zu entwickeln, verwendeten wir einen großen Datensatz, der aus Hirndaten bestand, die bei einer Aufgabe mit visueller Bedrohung von insgesamt 100 Säuglingen unter einem Jahr aufgezeichnet wurden“, erklärt sie und fügt hinzu: „An diesem Punkt sind wir jetzt angelangt: Der Computer erkennt zuverlässig die mit der Bedrohung zusammenhängenden Gehirnreaktionen in 77 % aller Versuche. In Anbetracht der Tatsache, dass wir mit Daten von Babygehirnen arbeiten, ist dies ein hervorragendes Ergebnis.“

Anwendung der Kenntnisse zur Unterstützung der Entwicklung und des Lernens von Säuglingen

Letztes Jahr veröffentlichte das Team Belege dafür, dass es möglich ist, die Entwicklung des Gehirns zu fördern und die Bewegungswahrnehmung bei Babys unter einem Jahr zu verbessern, indem man ihnen zusätzliche motorische Stimulation in Form von Zeit in Bauchlage, Babyschwimmen und Babymassage bietet. Dies, so erklärt Van der Meer, habe wichtige Auswirkungen auf Frühgeborene, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie eine Vulnerabilität des dorsalen Pfades entwickeln. Das Team hofft auch, dass das kognitive Analysesystem mit KI als Interventionsprogramm für jene Kinder angeboten werden könne, die am meisten von einer frühen Diagnose und einem frühen Eingreifen vor dem Schulalter profitieren. „Es ist uns gelungen, die weltweit erste Babygehirn-Computer-Schnittstelle für die Frühdiagnostik von Hirnschäden und die Frühintervention zu entwickeln. Es ist wichtig, das Lernen zu fördern und Probleme bei Kleinkindern unter zwei Jahren zu verhindern, deren Gehirn noch eine enorme Plastizität aufweist“, sagt Van der Meer.

Schlüsselbegriffe

AIM_COACH, EU, KI, Elektroenzephalographie, Gehirnaktivität, Säuglinge, Kleinkinder, Gehirnentwicklung, Hirnschäden, Frühintervention

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich