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EUROPEAN MEDIA PLATFORMS: ASSESSING POSITIVE AND NEGATIVE EXTERNALITIES FOR EUROPEAN CULTURE

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Medienplattformen: Erschaffung oder Bruch der europäischen Identität?

Anstatt eine robustere europäische Kultur zu schaffen, deuten erste Forschungsergebnisse des EU-finanzierten Projekts EUMEPLAT darauf hin, dass moderne Medienplattformen wie Streaming-Dienste und soziale Medien eher das Gegenteil bewirken.

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2021 verkündete „The Economist“, dass neue Streaming-Medien eine gemeinsame europäische Kultur erschaffen haben. „Momente, in denen die Menschen Europas sich hinsetzen und ungefähr zur gleichen Zeit das Gleiche sehen, waren früher selten“, hieß es. „Jetzt sind sie dank des Wachstums von Streaming-Plattformen wie Netflix häufiger.“ Diese kühne Behauptung wird von Andrea Miconi, Professor für Mediensoziologie an der IULM Universität in Mailand, Italien, in Frage gestellt. „Medienplattformen können zwar eine Rolle bei der Stärkung einer europäischen Identität spielen, aber die europäische Dimension wird in Medien dieser Art nur selten dargestellt“, sagt er. Anstatt ein Gefühl für eine gemeinsame europäische Kultur zu entwickeln, könnte genau das Gegenteil der Fall sein. Da sich die meisten großen Internetplattformen im Besitz amerikanischer Unternehmen befinden, wird ein Großteil der produzierten Inhalte aus den Vereinigten Staaten von Amerika oder aus anderen wichtigen Marktländern importiert. Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts EUMEPLAT analysiert Miconi die Funktion, die Medienplattformen bei der Förderung oder Demontage der europäischen Identität übernehmen. „Mit dem Schwerpunkt auf dem Prozess der ‚Plattformisierung‘ und seinen positiven und negativen externen Effekten lautet die wichtigste Forschungsfrage, ob neue Plattformen wie Netflix, YouTube und NewsFeed die europäische Kultur mehr oder weniger europäisch werden lassen“, fügt Miconi hinzu.

Streamen und forschen

Um diese Frage zu beantworten, muss einiges an Zeit investiert werden. Das EUMEPLAT-Team, das den Abschluss seiner Arbeit für den Februar 2024 plant, untersucht Indikatoren im Bezug auf Produktion, Verbrauch und Repräsentation und sucht nach Mustern auf nationaler, regionaler und europäischer Ebene. Im Einzelnen überprüfen die Forschenden verschiedene Bereiche, darunter die nationale und die EU-Medienregulierung, die Umgestaltung der Fernsehsysteme, den Stand des Kinofilmvertriebs, die meistgesehenen Programme auf Streaming-Plattformen und die meistbeachteten Profile in den sozialen Medien. Sie beobachten außerdem die laufenden politischen Debatten in den sozialen Medien. Eine Antwort auf die Frage, wie sich diese Medienplattformen auf die europäische Identität auswirken, ist zwar noch in Arbeit, kristallisiert sich jedoch bereits heraus. „Wir haben starke Hinweise darauf, dass die Plattformisierung – und Internationalisierung – der heutigen Medien eindeutig nicht zugunsten der Europäisierung funktioniert“, erklärt Miconi.

Alternative Wege

Wenn die modernen Medien Europa nicht dabei helfen, „europäischer“ zu werden, was bewirken sie dann? „Dies ist die eigentliche Frage, die es zu beantworten gilt und die sowohl ein fortgeschrittenes wissenschaftliches Verständnis als auch einen theoretischen Sprung nach vorn erfordert“, bekräftigt Miconi. Miconi sagt, dass quantitative Beweise darauf hindeuten, dass die europäische Dimension im Vergleich zu sowohl den nationalen Mustern der täglichen Nachrichten- und Mediennutzung als auch der globalen Dimension, die von den amerikanischen Plattformen beherrscht wird, weniger relevant ausfällt. „Es müssen jedoch die Ausnahmen von dieser Regel, die bestmöglichen Verfahren und sogar die schwachen Signale, die einen Hinweis auf alternative Wege zur Europäisierung geben können, beachtet werden“, schließt er. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten sollen die Projektergebnisse und -empfehlungen in Form von wissenschaftlichen Publikationen und Quellen für offene Daten veröffentlicht werden. Das Team plant außerdem Aktivitäten für Lernende und Studierende sowie die Erstellung von Anwendungen, die dazu beitragen sollen, die Arbeit des Projekts zu verbreiten und seine Wirkung zu verstärken.

Schlüsselbegriffe

EUMEPLAT, Medien, Europäisierung, Streaming-Dienste, soziale Medien, Netflix, YouTube, TV, Film

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