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Von der Bürgerwissenschaft zu partizipativen Demokratien

Inspiriert von der Bürgerwissenschaft werden im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ISEED die konzeptionellen und empirischen Mittel zur Wiederbelebung der Bürgerbeteiligung in den europäischen Demokratien betrachtet. Wichtigstes Ergebnis wird ein Leitfaden für bestmögliche Verfahren der Bürgerbeteiligung sein.

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Die anhaltenden Krisen in der Finanzwelt, im Gesundheitssektor und in der Geopolitik in Europa haben zu einer zunehmenden Skepsis der Öffentlichkeit gegenüber den Regierungen und zu einem Gefühl des Desinteresses am politischen Prozess geführt. In Verbindung mit dem zunehmenden Extremismus bedrohen diese Krisen zentrale demokratische Werte wie Inklusion, Integration, Mitbestimmung und politisches Handeln. Im Zuge des EU-finanzierten Projekts ISEED wird am Beispiel der Bürgerwissenschaft gezeigt, wie die Öffentlichkeit zur aktiven Beteiligung an Politik angeregt werden kann. „Bürgerwissenschaft funktioniert, indem nicht wissenschaftlich tätige Menschen zur Sammlung und Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse eingeladen und in diesen Prozess einbezogen werden“, sagt Eleonora Montuschi, Professorin für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Venedig in Italien. „Mithilfe der Anpassung dieses Ansatzes an die demokratische Entscheidungsfindung hoffen wir, den politischen Prozess empfänglicher für die Beiträge und Interessen der Menschen werden zu lassen und gleichzeitig die Fähigkeit der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, als informierte, für Entscheidungen verantwortliche Personen zu handeln.“

Bürgerwissenschaft für die politische Arena umfunktionieren

Ziel des Projekts ISEED ist, die Bürgerbeteiligung in den europäischen Demokratien wiederzubeleben, indem vorgeführt wird, welchen bedeutenden Einfluss die Bürgerinnen und Bürger auf öffentliche Entscheidungen ausüben können. „Die Bürgerwissenschaft hat bewiesen, dass Partizipation nicht nebensächlich und kein Akt der Propaganda ist“, erklärt Montuschi. „Im Gegenteil, sie könnte der Schlüssel zur Verbesserung entscheidender Aspekte wissenschaftlicher Arbeitsweisen sein.“ Innerhalb des Projekts werden Instrumente und Strategien entwickelt, um die Bürgerinnen und Bürger zielgerichtet mit den politisch Verantwortlichen zusammenzubringen und auf diese Weise eine kooperative Entscheidungsfindung auf den Weg zu bringen. „Unser Projekt zielt darauf ab, ein neues Niveau des Verständnisses dafür zu erschaffen, wie deliberative Bürgerbeteiligung in demokratischen EU-Gesellschaften gefördert werden kann, und Erkenntnisse und Instrumente zu entwickeln, die über den akademischen Bereich hinaus verbreitet werden könnten“, fügt Montuschi hinzu.

Aufbau einer frei zugänglichen Wissensdatenbank

Die Projektarbeit ist zwar noch nicht abgeschlossen, hat aber bereits einige wichtige Ergebnisse geliefert. Auf der Grundlage einer vorläufigen Bestandsaufnahme partizipativer und deliberativer Praktiken haben Forschende mehrere wissenschaftliche Arbeiten zu partizipativen Konzepten wie der Bedeutung des Verständnisses der Öffentlichkeit und des Fachwissen von Nichtfachleuten veröffentlicht. Auf der empirischen Seite der Gleichung führten die Forschenden eine Reihe von Fallstudien über bürgerwissenschaftliche Initiativen in Frankreich, Polen und Uruguay durch. Sie realisierten außerdem Umfragen über Online- und Offline-Formen der Bürgerbeteiligung und analysierten Argumente aus wissenschaftsgeleiteten Online-Debatten mithilfe eines digitalen Werkzeugs mit der Bezeichnung Argument Extractor. „Diese Forschungsarbeit legt den Grundstein für den Aufbau einer frei zugänglichen Wissensdatenbank, die dauerhaft einer Vielzahl von Zwecken dienen wird, von der akademischen Forschung bis hin zum Treffen politischen Entscheidungen und Bürgerbildungsinitiativen“, merkt Montuschi an.

Von der Forschung zu politischen Empfehlungen

Diese Forschungsergebnisse werden in ein Dossier einfließen, das nach seiner Fertigstellung Empfehlungen und bestmögliche Verfahren für die Bürgerbeteiligung enthalten wird. Das Dossier wird außerdem eine Strategie für die Ausweitung der Projektergebnisse als Mittel zur Formulierung zukünftiger politischer Empfehlungen beinhalten. Während dieses Dossier fertiggestellt wird, beginnt das Projektteam mit einer Serie von Workshops in sechs Partnerländern. In jedem Workshop werden verschiedene Szenarien vorgestellt, wie die Zukunft der Demokratie in dem jeweiligen Land aussehen könnte, und zugleich werden Strategien für die Anwendung der Grundsätze der Bürgerwissenschaft vorgestellt, um diese Szenarien zu erreichen (oder zu vermeiden). Das Projektziel besteht außerdem darin, alle Daten und Instrumente der Öffentlichkeit zur Konsultation und Nutzung zur Verfügung zu stellen. „Im Endeffekt gehen wir davon aus, einen Beitrag zum Wissensaustausch im Bereich der Bürgerwissenschaft und darüber hinaus zu leisten – und wir hoffen, zukünftige Initiativen dazu zu inspirieren, dasselbe zu tun“, schließt Montuschi.

Schlüsselbegriffe

ISEED, Bürgerwissenschaft, partizipative Demokratien, Demokratie, demokratische Werte, Bürgerbeteiligung

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