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For a sustainable and european value chain of PHA-based materials for high-volume consumer products

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Wie algengefütterte Bakterien biologisch abbaubare Joghurtbecher herstellen könnten

Als Alternative zu Kunststoffen auf der Basis fossiler Brennstoffe hat das Team des EU- und Industrie-finanzierten Projekts NENU2PHAR biologisch abbaubare Produkte aus Mikroalgen entwickelt, womit sich eine neue Wertschöpfungskette für Biokunststoffe abzeichnet.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt

Aufgrund ihrer mechanischen, thermischen und schützenden Eigenschaften sind Kunststoffe in der Großserienfertigung von Konsumgütern und Verpackungen unverzichtbar. Die meisten dieser Kunststoffe werden jedoch unter Einsatz fossiler Brennstoffe hergestellt, lassen sich nur schwer recyceln und können Umweltgefahren wie die Belastung durch Mikroplastik mit sich bringen. Während verschiedene Anstrengungen unternommen werden, um diese Kunststoffe zurückzugewinnen, wiederzuverwenden und zu recyceln, gewinnt die Suche nach biologisch abbaubaren Ausgangsmaterialien zunehmend an Dynamik. Das Projektteam von NENU2PHAR hat erfolgreich eine Wertschöpfungskette demonstriert, die eine Polymerfamilie, die sogenannten Polyhydroxyalkanoate (PHA), liefert, was unter Einsatz von Bakterien geschieht, die auf aus Mikroalgen erzeugtem Zucker wachsen. „Obwohl Polyhydroxyalkanoate weithin als brauchbarer Ersatz für Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen anerkannt sind, gibt es in Europa noch keine nachhaltige PHA-Wertschöpfungskette“, erklärt Pablo Alvarez Diaz von der French Alternative Energies and Atomic Energy Commission, der das Projekt NENU2PHAR koordiniert. An dem im Rahmen des Gemeinsamen Unternehmens für ein kreislauforientiertes biobasiertes Europa finanzierten Projekt waren 17 Partner aus Forschung und Industrie beteiligt.

Brennstoff, der nicht mit Nahrung konkurriert

Die Polyhydroxyalkanoate bilden eine Klasse erneuerbarer, biologisch abbaubarer und biobasierter Polyester, die zur sogenannten „Gruppe der grünen Polymere“ gehören. Diese haben verlockende physikalisch-chemische, thermische und mechanische Eigenschaften, ähnlich wie Polypropylen (PP) und Polyethylen niedriger Dichte (LDPE), die den Großteil der heute verwendeten Kunststoffverpackungen ausmachen. „Polyhydroxyalkanoate sind besonders attraktiv, weil sie am Ende ihres Lebenszyklus umweltfreundlich sind und im Boden, in aquatischen Medien sowie im Haus- und Industriekompost abgebaut werden“, sagt Jean-François Sassi, Kokoordinator von NENU2PHAR. Da die Bakterien jedoch Zucker benötigen, um zu wachsen, stellt es eine große Herausforderung dar, große Mengen Kunststoff auf diese Weise herzustellen. „Derzeit stammen die als Fermentationssubstrate verwendeten Kohlenstoffrohstoffe aus Stärke, die aus Pflanzen wie Weizen und Kartoffeln gewonnen wird, womit sie mit den traditionellen Versorgungssystemen des Agrar- und Nahrungsmittelsektors konkurrieren und die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben“, fügt Alvarez Diaz hinzu. NENU2PHAR hat vorgeführt, dass Mikroalgen eine ideale Nahrungsquelle für die Bakterien sein können. Algen in Bioreaktoren anzubauen, bindet große Mengen CO2 aus der Atmosphäre, und dort findet die Umwandlung in die Stärke statt, die von den hungrigen Biopolymer-produzierenden Bakterien benötigt wird. „Einen Höhepunkt bildete die Herstellung von reiner weißer Stärke aus grünen, schlammigen Mikroalgen, was wichtig war, da die Industrie am Anfang des Produktionsprozesses farblose, transparente Kunststoffe benötigt“, so Sassi. Das Team entwickelte außerdem ein Verfahren zur Gewinnung der Polyhydroxyalkanoate aus den Bakterien, bei dem umweltfreundlichere Lösungsmittel als die üblichen chlorhaltigen Varianten verwendet werden. Die Polyhydroxyalkanoate werden dann zu Rohstoffen zur Herstellung von Biokunststoffen formuliert. Ermutigend ist, dass möglicherweise bereits die Versorgung mit Rohstoffen gesichert ist, denn Mikroalgen-Biomasse entsteht in europäischen Kläranlagen routinemäßig im Verlauf der Abwasserreinigungsprozesse. Die Wertschöpfungskette von NENU2PHAR könnte einen Abfallstrom in eine Einnahmequelle verwandeln.

Über den Laufsteg zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft

Um die Vielseitigkeit und Eignung der Polyhydroxyalkanoate zu demonstrieren, hat das Team eine ganze Sammlung von aus Mikroalgen gewonnenem Biokunststoff hergestellten Produkten präsentiert. Dazu gehören Schalen für Schnittkäse, Foliendeckel, Becher und Beutel für nasse Lebensmittel wie Joghurt, Rollstiftfläschchen für Deodorants, Filamente zum 3D-Drucken, medizinische Netze und Agrartextilien. „Wir haben auf verschiedenen Veranstaltungen sehr viel positives Feedback erhalten und die Leute sagten meistens: ‚Wow, ihr habt das wirklich geschafft!‘ Denn über die Realisierbarkeit dieser Biokunststoffe muss gar nicht erst gestritten werden, wenn man einen unserer Joghurtbecher in der Hand hält“, sagt Alvarez Diaz.

Schlüsselbegriffe

NENU2PHAR, biologisch abbaubar, Biokunststoff, Mikroalgen, Bioreaktoren, Agrar- und Nahrungsmittelsektor, Recycling, aquatische Medien, Mikroalgenbiomasse, Polyhydroxyalkanoat, Polymer, Kreislaufwirtschaft

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