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How natural hand usage shapes behavior and intrinsic and task-evoked brain activity.

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Der Einsatz nicht anthropomorpher Prothesen

Forschende untersuchen den Einfluss der natürlichen Handnutzung auf das Verhalten und bestimmte Gehirnaktivitäten – und die Konsequenzen für Prothesen der oberen Gliedmaßen.

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Unsere Hände sind ziemlich erstaunlich. Dank der unglaublichen Geschicklichkeit können sie Objekte manipulieren und die Umgebung verändern. Sie sind auch für soziale Interaktionen von entscheidender Bedeutung. Doch neben dieser extrinsischen Bedeutung ist bei neuer Forschung im EU-finanzierten Projekt HANDmade herausgekommen, dass die Hände auch Einfluss auf intrinsische und aufgabenbedingte Gehirnaktivität haben. „Wir wollten im Projekt zeigen, dass das intrinsische Gehirn ein internes Körpermodell darstellt und aufrechterhält, einschließlich häufiger Bewegungen der Hände“, sagt Viviana Betti, außerordentliche Professorin für Psychobiologie und physiologische Psychologie an der Sapienza Universität Rom und Hauptforscherin im Projekt.

Wie sich das Gehirn an die Hand erinnert

Über Neurobildgebungsexperimente wurde im Projekt, das über den Europäischen Forschungsrat (ERC) unterstützt wurde, die Idee geprüft, dass die intrinsische Aktivität des Gehirns (also in Ruhe ohne kognitive, motorische oder sensorische Aufgaben) ein internes Modell der Hand und deren Nutzung aufrechterhält. Bei einem Experiment haben die Forschenden zum Beispiel nachgewiesen, dass Teilnehmende, die bei Tests der manuellen Geschicklichkeit unterschiedlich abschnitten, gegensätzliche Muster der funktionellen Konnektivität des Gehirns zeigen, wenn sie von Ruhe zu einer motorischen Aufgabe wechseln. „Die langfristigen motorischen Fähigkeiten und die manuelle Geschicklichkeit haben also Einfluss darauf, wie das motorische System bei Bewegungen reagiert“, erklärt Betti. Diese Ergebnisse fließen in das Verständnis ein, wie wichtige Verhaltensweisen über intrinsische Verbindungen erhalten und neuronale Biomarker für pathologisches Verhalten entwickelt werden. Außerdem sind sie die Grundlage für den Einsatz von nicht anthropomorphen Prothesen zur Interaktion mit der Umgebung.

Menschen, denen obere Gliedmaßen amputiert wurden, profitieren von einem virtuellen Instrument, das die Handfunktion spiegelt

In der zweiten Projektphase haben die Forschenden untersucht, ob das Verhalten anfällig ist für geänderte Reaktionen auf Manipulationen des Körpers – und was das für Menschen, denen obere Gliedmaßen amputiert wurden, bedeuten könnte. Die Forschenden entwickelten eine innovative neue Plattform für virtuelle Realität, auf der Muskelaktivität über Signale der Elektromyographie klassifiziert wird. Die Plattform wurde für eine Studie genutzt, bei der Menschen, denen obere Gliedmaßen amputiert wurden, und eine Kontrollgruppe vier Wochen lang motorisches Training mit entweder einer virtuellen Hand oder einem virtuellen bionischen Werkzeug absolvierten. Die Ergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht, aber die Forschenden fanden kürzlich heraus, dass der Einsatz eines virtuellen Werkzeugs, das direkt auf den Arm aufgesetzt wird, bei der gesunden Kontrollgruppe zu einer noch besseren motorischen Leistung führte als mit der virtuellen Hand. „Die Verkörperung kann also für Effektoren, die visuell stark von der Hand abweichen, noch höher sein als mit Geräten, die die Handfunktion spiegeln“, meint Betti.

Neue Entwicklungen bei tragbarer Technologie und fortschrittlichen Prothesen

Laut Betti wurde durch HANDmade der Weg für neue Entwicklungen im Bereich tragbarer Technologien geebnet – auch für fortschrittliche Prothesen. „Aus unserer Forschung geht hervor, dass die aktuellen Prothesen, mit denen die visuelle Darstellung der verlorenen Gliedmaße nachgebildet wird, nicht immer die funktionell sinnvollsten für Betroffene sind“, fährt sie fort. In diesem Sinne ist das HANDmade-Projekt der Beginn eines Paradigmenwechsels – eines Wechsels von traditionellen Handprothesen hin zu nicht anthropomorphen robotischen Endeffektoren. Um diesen Wandel weiter voranzutreiben, konzentrieren die Forschenden sich jetzt auf die komplexen Mechanismen der Gehirnplastizität, insbesondere auf die grundlegenden Veränderungen der Wechselwirkungen zwischen Körper und Umgebung, die bei überzähligen Gliedmaßen, Neuroprothesen und verschiedenen neurologischen Erkrankungen beobachtet wurden. „Mit den Erkenntnissen aus dem Projekt wollen wir das Wissen zur neuronalen Reorganisation vertiefen und den Einsatz transformativer Maßnahmen und Behandlungen im Bereich der Neurorehabilitation und assistiven Technologien voranbringen“, so Betti.

Schlüsselbegriffe

HANDmade, Prothesen, Gehirnaktivität, Amputation der oberen Gliedmaßen, motorische Fertigkeiten, tragbare Technologie

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