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Adaptive Optical Dendrites

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Faseroptische Berechnungen nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns

Bei der Entwicklung künftiger Computersysteme lehnen sich die Forschenden an die Schaltkreise des Gehirns an.

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Dendriten sind verzweigte Strukturen am Ende von Nervenzellen, die eingehende elektrochemische Signale empfangen und verarbeiten. Ihre Struktur ähnelt der eines Baumes: viele Äste, an denen viele Signale ankommen und an diesen dendritischen Ästen lokal vorverarbeitet werden, bevor das Ergebnis dieser Berechnungen an den Zellkörper (Soma) des Neurons zur endgültigen Verarbeitung weitergeleitet wird. „Diese Dendriten können als viele ‚lokale Netzwerke‘ verstanden werden, die dem ‚zentralen Prozessor‘ – dem Zellkörper – einen großen Teil der Rechenlast abnehmen“, erklärt Florentin Wörgötter, Professor für Physik an der Universität Göttingen. Moderne Computersysteme tun dies zum Teil auch, indem sie mehrere „Slave-Prozessoren“ für die Vorverarbeitung einsetzen und damit die Master-CPU entlasten, so Wörgötter. Die Forschenden des EU-finanzierten Projekts ADOPD wollten diese Ideen nutzen, um ultraschnelle faseroptische Recheneinheiten für neuromorphes Rechnen (nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns) zu schaffen, die deutlich weniger Energie verbrauchen als herkömmliche Computersysteme und den exponentiell steigenden Bedarf an Verarbeitungsgeschwindigkeiten decken könnten. „Diese Technologie ist vor allem wegen ihres geringen Energiebedarfs und ihrer superschnellen Geschwindigkeit interessant“, sagt Wörgötter, Koordinator von ADOPD.

Ein fruchtbares Zusammenspiel zwischen theoretischer Modellierung und Hardware-Entwicklung

Im Projekt ADOPD wurde theoretische Modellierung mit tatsächlicher Hardware-Implementierung kombiniert. Die Forschenden gingen von einem bekannten Rechenprinzip aus – einer Regel für die Veränderung der Verbindungsstärken innerhalb eines dendritischen Netzwerks (einer Regel der sogenannten synaptischen Plastizität) – und entwickelten die entsprechende elektrooptische Hardware, die eine schnelle und effiziente Signalverarbeitung ermöglicht. „Aufgrund der implementierten Plastizitätsregel kann sich dieses System bis zu einem gewissen Grad an Veränderungen des Inputs anpassen“, so Wörgötter. Parallel dazu entwickelte das Team weiterhin theoretische Modelle der dendritischen Signalverarbeitung in biophysikalisch realistischen neuronalen Modellen. „Dieses Zusammenspiel war fruchtbar, denn am Ende des Projekts konnte die ursprüngliche Plastizitätsregel durch neue Rechenprinzipien ergänzt werden, die wir durch unsere theoretischen Modellierungsbemühungen entdeckten“, sagt Wörgötter.

Die erste faseroptische synaptische Plastizität

Im Rahmen des Projekts ADOPD wurde die synaptische Plastizität mithilfe von Faseroptik erfolgreich umgesetzt, wobei ein ähnliches Berechnungsprinzip wie bei den Neuronen im menschlichen Gehirn angewandt wurde. „Dabei entdeckten und patentierten wir auch ein neuartiges Verfahren, das eine sehr schnelle Synchronisation verschiedener Signale ermöglicht“, so Wörgötter. Diese Methode beruht auf der gleichen Plastizitätsregel und hat das Potenzial, mit herkömmlichen Hardware-Lösungen zu konkurrieren. Das Team nutzt diese Methode derzeit, um einen Mikrochip für Anwendungen von der Telekommunikation bis hin zu autonomen Fahrzeugen zu entwickeln.

Schaffung der Grundlage für neuromorphes Rechnen der nächsten Generation

Die ADOPD-Ergebnisse fließen in die Entwicklung des neuromorphen Rechnens ein und einige der Projektpartner arbeiten aktiv an diesem Thema. Die verbleibenden Schwierigkeiten liegen in der Skalierung des bestehenden Systems auf mehrere Dendriten und größere Netzwerke, obwohl das ADOPD-System das Potenzial hat, innerhalb der nächsten 10 Jahre zur Marktreife zu gelangen. Eine weitere Forschungsrichtung betrifft „holografische“ Methoden für Berechnungen auf der Grundlage von Faseroptik. Ein Ergebnis von ADOPD ist, dass es möglich ist, dickere Fasern zu verwenden und einen Signalstrom zu injizieren. Dies führt dann zu einer Abfolge komplexer Muster, ähnlich wie die Einzelbilder in einem Film aufeinander folgen. „Man kann diese Muster auch für Berechnungen nutzen, was den Vorteil eines hochkomprimierten Informationsstroms bietet“, sagt Wörgötter. „Dies ist eine deutliche Erweiterung der bisherigen Ergebnisse von ADOPD – aber es ist schwierig.“

Schlüsselbegriffe

ADOPD, neuromorphes Rechnen, theoretische Modellierung, Hardware, Neuronen, Gehirn, Rechnen

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