Wenn beim Verständnis Schwarzer Löcher die Stringtheorie ins Spiel kommt
Was haben Schwarze Löcher und die Stringtheorie gemeinsam? Wie sich herausgestellt hat, eine ganze Menge. Zunächst einmal geht es bei beiden ziemlich chaotisch zu. „In der Stringtheorie kann ein massives Knäuel verwickelter Strings eine sehr komplizierte Struktur mit einer riesigen Anzahl quantenmechanischer Zustände aufweisen, wobei diese Eigenschaft viele verlockende Ähnlichkeiten mit schwarzen Löchern zeigt, von denen angenommen wird, dass sie die chaotischsten Systeme in der Natur sind“, sagt Vasilis Niarchos, Physiker an der Universität Kreta(öffnet in neuem Fenster). In diesem Zusammenhang stellt die Stringtheorie einen vielversprechenden Weg dar, um eines der wichtigsten Rätsel der modernen theoretischen Physik zu lösen, und zwar den quantenmechanischen, mikroskopischen Ursprung der entsprechenden Entropie von Schwarzen Löchern in der Quantengravitation. Laut Niarchos bieten hoch angeregte Stringzustände, da es sich um komplizierte Quantenzustände mit hoher Entropie innerhalb einer Quantentheorie der Gravitation handelt, ein natürliches Feld für Fragen dieser Art. „Es ist äußerst interessant zu untersuchen, wie hoch angeregte Stringzustände interagieren, wie sie Strahlung absorbieren und emittieren, wie sich ihre Komplexität auf ihre Dynamik auswirkt und, ganz allgemein, inwieweit sie sich wie Schwarze Löcher verhalten“, erklärt er. Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts BlackHoleChaos hat Niarchos zusammen mit dem Stipendiaten der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) Maurizio Firrotta das Chaos der Stringinteraktionen erforscht.
Strings mit der Physik Schwarzer Löcher verbinden
Unter der Zielstellung, Strings mit der Physik Schwarzer Löcher zu verknüpfen, konzentrierte sich das Projektteam auf Streuprozesse. Bei diesen Prozessen streuen hochangeregte Stringzustände voneinander an, während sie Gravitations- oder elektromagnetische Strahlung emittieren oder absorbieren. „Wir haben ein Paket von mathematischen Werkzeugen implementiert und weiterentwickelt, mit denen wir die Streuung hochangeregter Stringzustände in der schwach wechselwirkenden Stringtheorie explizit untersuchen konnten“, erklärt Niarchos. „Es handelt sich um mathematisch extrem komplexe Prozesse, die bis vor kurzem noch unerreichbar schienen.“ Im Rahmen des Projekts wurden außerdem neuartige, auf Streuung basierende Diagnosen für Stringwechselwirkungen eingeführt, mit denen die Komplexität der zugrunde liegenden Dynamik quantifizierbar ist.
Neues über die Mikrophysik Schwarzer Löcher
Aufbauend auf dieser Arbeit leiteten die Forschenden nicht nur kompakte mathematische Ausdrücke für komplizierte Amplituden hochangeregter Stringzustände ab, sondern schlugen auch spezifische Maße für Chaos in Stringstreuamplituden vor. Zudem wurde innerhalb des Projekts ein neues Berechnungsverfahren für die Absorptionswahrscheinlichkeiten und Emissionsraten hochangeregter Stringzustände entwickelt. Die Berechnung zeigte, wie sich aus Quantenstring-Mikrozuständen ein neuer Temperaturbegriff ergibt, sowie ein annäherndes Emissionsmuster eines schwarzen Körpers, das dem der Physik der Schwarzen Löcher ähnelt. „Diese Ergebnisse werden für zukünftige Versuche nützlich sein, unser konzeptionelles Verständnis der Mikrophysik Schwarzer Löcher und komplexer oder chaotischer Dynamiken im Kontext der Quantengravitation zu verbessern“, merkt Niarchos an. „Wir hoffen, dass sie auch zu disziplinübergreifenden Anwendungen in anderen Bereichen der Physik hinführen werden, in denen Streuverfahren nützlich sind, wie zum Beispiel bei der Gravitationswellenanalyse in der Astrophysik.“
Erforschung weiterer Parallelen in der Physik Schwarzer Löcher
Obwohl durch die Projektarbeit erfolgreich konkrete Ergebnisse über das komplizierte statistische Verhalten hochangeregter Stringzustände geliefert wurden, bleibt noch viel Arbeit zu leisten. „Wir möchten die Ergebnisse und die von uns entwickelten Verfahren nutzen, um besser zu verstehen, wie hochmassive, komplexe Objekte gemäß Stringtheorie interagieren und welche weiteren Parallelen zur Physik der Schwarzen Löcher bestehen, sowie eine neue Brücke zur Gravitationswellenphänomenologie schlagen“, schließt Niarchos.