Verbesserungen an gradierten Werkstoffen
Auf dem Gebiet der Werkstoffwissenschaften wurden im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts enorme Fortschritte erzielt. So wurden revolutionäre Materialien entwickelt, die selbst den unwirtlichen Bedingungen des erdfernen Weltraums standhalten. Heute steht dieser schnell wachsende Industriezweig vor neuen Herausforderungen, sowohl im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik als auch in anderen Anwendungsbereichen. Gradierte Werkstoffe (Functionally Graded Materials, FGMs) sind ein relativ neuer Trend in den Werkstoffwissenschaften. FGMs sind hoch entwickelte Verbundwerkstoffe, deren Zusammensetzung und Struktur sich graduell mit dem Volumen ändern, und das wiederum resultiert in entsprechenden Veränderungen der Materialeigenschaften. Die gängigsten FGMs verbinden die Härte und Zerspanungsfähigkeit von Metall mit der Hitze-, Verschleiß- und Oxidationsbeständigkeit keramischer Werkstoffe. In einem groß angelegten und im Rahmen des BRITE/EURAM 3-Programms geförderten F&E-Projekt sollte der Stand der Technik bei der FGM-Herstellung in Europa weiter entwickelt werden. Dazu untersuchten die Projektteilnehmer eingehend die Technik der elektrophoretische Abscheidung. Durch zwei neu entwickelte Prozesse konnten die traditionellen Schwierigkeiten gelöst werden, die sich aus Rissbildungen (beim Trocknen wie auch beim Aufheizen) sowie aus Delaminierungs- und Ermüdungserscheinungen (Porosität) ergeben. Es entstand eine innovative Technik zum Aufbringen von Material auf die Innenfläche einer Außenelektrode. Ein wichtiger Aspekt dieses Ergebnisses liegt darin, dass das Innenloch vermieden wird, das bei Anwendung des Aufbringungsprozesses nach dem gegenwärtigen Industriestandard zurückbleibt. Gleichzeitig wurde ein starres 3-D-Positioniersystem konstruiert, das eine exakte Steuerung der Materialaufbringung erlaubt. Damit gelang dem Team die Herstellung von defektfreien gesinterten Stäben mit Längen von bis zu 50 Millimetern. Das zweite Ergebnis war die Abscheidung von Hartmetallpulver auf grünen Hartmetallstäben mit Hilfe eines neuen Tauchprozesses. Durch Ausführung mehrerer Tauchvorgänge in schneller Folge stellte das Team Schichten her, deren Dicke um den Faktor 4 über den mit den heute üblichen Methoden erreichbar Schichtdicken lag. Gegenwärtig sind die Projektpartner auf der Suche nach Möglichkeiten zur kommerziellen Nutzung ihrer Forschungsergebnisse. Die mit diesen neuen Prozessen hergestellten FGMs verheißen einen sehr erfolgreichen Einsatz in Anwendungen unter extrem schwierigen Betriebsbedingungen. An FGMs, die hohen Temperaturen und Reibungskräften standhalten, besteht großer Bedarf, und dieser Umstand wird Europa dabei helfen, auf dem Weg ins 21. Jahrhundert technologisch die Nase vorn zu haben.