Ergebnisse der Sitzung des Europäischen Rats in Amsterdam - Juni 1997
Die Staatsoberhäupter und Regierungen der EU-Mitgliedstaaten trafen am 16. und 17. Juni 1997 zusammen, um die Verhandlungen über das nächste Stadium der europäischen Integration abzuschließen. Die Gespräche führten zu einem einvernehmlichen Vertragsentwurf, der in vielen Bereichen im Alltag der europäischen Bürger und Unternehmen Wirkungen haben wird. Dieser Vertrag muß jetzt von den einzelnen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Hinsichtlich der Forschung bestätigte der Europäische Rat, daß die Verabschiedung der gemeinschaftlichen FTE-Rahmenprogramme durch den Rat in Zukunft durch die qualifizierte Mehrheit erfolgt und nicht mehr einstimmig, wie bisher. Diese Änderung wurde von Viscomte Davignon bereits in seiner vor kurzem abgeschlossenen Untersuchung der Forschungstätigkeit der Gemeinschaft gefordert. Damit soll gewährleistet werden, daß die Rahmenprogramme besser an die gemeinschaftlichen Forschungsprioritäten angepaßt und weniger eine Sammlung einzelstaatlicher und sektoraler Interessen darstellen. Da der Ratifikatinsprozess dieses Vertrages durch die einzelnen Mitgliedstaaten bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen kann, wird das Fünfte Rahmenprogramm zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags bereits verabschiedet sein und sich in der Durchführungsphase befinden. Aus diesem Grunde ist die Einstimmigkeit immer noch die Rechtsgrundlage für die Entscheidung über das Programm. Viscomte Davignon schlug jedoch vor, daß der Rat unter Hinweis auf die Ratifizierung des Vertrags bei den Überlegungen über das Fünfte Rahmenprogramm so handeln könne, als ob die Regel der qualifizierten Mehrheit bereits gültig sei. Ob sich der Rat diesem Vorschlag anschließen wird, wird sich im Herbst 1997 zeigen. Allgemein betrachtet ergeben sich aufgrund des Vertrags von Amsterdam Änderungen auf vier Hauptgebieten. Zunächst einigten sich die Staatsoberhäupter über die progressive Einrichtung "eines Gebiets mit Freizügigkeit, Sicherheit und Recht", in dem sich die europäischen Bürger unbehindert und ohne Grenzkontrollen bewegen können, und in dem Einwanderungpolitik, Asylrecht und der Kampf gegen Verbrechen in wachsendem Umfang gemeinschaftlich gestaltet werden. Zweitens sollen eine Anzahl von Änderungen eingeführt werden, die den Bürgern die EU näher bringen sollen. In diesem Bereich sieht der Vertrag Maßnahmen zur nachhaltigen Beschäftigung, sozialpolitische Maßnahmen sowie Maßnahmen für den Verbraucherschutz und den Schutz der öffentlichen Gesundheit vor. Der Vertrag sieht zum ersten Male die Einbeziehung der Umwelt in alle politischen Entscheidungen der EU vor. Außerdem will die EU Schritte einleiten, die die Entscheidungsverfahren transparenter machen. Drittens soll der Vertrag die Außenpolitik der EU kohärenter und effektiver gestalten. Der vierte Bereich, in dem Änderungen vorgesehen sind, bezieht sich auf die europäischen Einrichtungen. Änderungen in den EU-Prozessen, insbesondere in den Entscheidungsprozessen, sind unerläßlich, ehe die kandidierenden Länder Mittel- und Osteuropas Mitglieder werden können. Obwohl einige Änderungen in Amsterdam angenommen wurden, konnte in wichtigen Bereichen noch keine Einigung erzielt werden, und weitere Änderungen sind notwendig, ehe neue Länder aufgenommen werden können. Eine der angenommenen Änderungen ist die gemeinsame Entscheidungsbefugnis des Europäischen Parlaments auf einer Anzahl von neuen politischen Gebieten, während die Anzahl der Entscheidungsprozesse auf drei reduziert wurde. Diese Änderungen machen den Prozess der Gesetzgebung in der Gemeinschaft transparenter und verständlicher. Schließlich bestätigte der Europäische Rat, daß in einer Union mit 15 Ländern nicht alle Staaten den gleichen Grad der Integration realisieren wollen oder können. Aus diesem Grunde sollen Mehrheitsgruppen von Mitgliedstaaten, die eine engere Kooperation wünschen, unter gewissen Umständen die Möglichkeit hierzu im Rahmen der EU erhalten.