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Inhalt archiviert am 2024-04-22

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Projekt-Erfolgsstorys - Dehnbare Schaltkreise für die Mode

Intelligente Kleidungsstücke, die Ihre Gefühle kommunizieren oder Ihre Gesundheit überwachen können, wo immer Sie sich befinden, sind eine vielversprechende Entwicklung. Allerdings hatten sie bisher ein großes Manko: Nur allzu oft hat man das Gefühl, als trüge man kleine Computer. Aber was wäre, wenn es dehnbare, atmungsaktive und sogar waschbare winzige elektronische Platinen gäbe? Europäische Forscher sind dabei zu beweisen, dass dies möglich wäre.

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Wasserdichte Jacken, die Wasser wirklich hassen, Hosen aus recycelten Plastikflaschen, Launische Kleidungsstücke, die unsere Gefühle in Farben ausdrücken. Das alles mag ziemlich seltsam klingen, aber Wissenschaft und Technik können alltägliche Dinge wie das Anziehen oder die Beleuchtung Ihres Hauses zu einem "atmosphärischen Abenteuer" machen. Und genau darum geht es in dem von der Europäischen Kommission mitfinanzierten Projekt Stella ("Stretchable electronics for large area applications"). Stella hat neue Verfahren, Technologien und neue Anwendungen für elektronische Platinen entwickelt. Als erstes verwarf man aber die althergebrachte Vorstellung, dass elektronische Schaltungen auf oder in eine Platte gebaut werden müssen - also auf einer festen Unterlage. Die Projektpartner entwickelten dehnbare Kupferplatinen (stretchable copper boards, SCB) mit mäandernden Kupferspuren, die in einen weichen Kunststoff (thermoplastisches Polyurethan) eingebettet sind. Dies bedeutet, man kann komplexe elektronische Systeme problemlos auf Textilien anbringen, so einfach wie einen Aufkleber auf einem T-Shirt. Das Besondere daran: Man kann SCB sowohl als Substrat für Mikroelektronik als auch integriert in Textilien verwendet. Zur Demonstration entwickelte die TU Berlin als Stella-Partner ein sogenanntes "interaktives Kleid" mit dem Namen KLight, bei dem integrierte Lichter per SCB-Technologie je nach Körperbewegung ein- und ausgeschaltet werden. Das Kleid wurde 2009 auf der Techtextil-Messe mit dem Avantex-Preis für innovative Produkte ausgezeichnet. Projektkoordinator Dr. Christopher Klatt, Leiter der Abteilung Physik und Simulation der Freudenberg Forschungsdienste, sagte zu diesem Erfolg: "Heutzutage reicht es nicht, fantastische neue Technologien zu entwickeln oder ihre Funktionsfähigkeit in Demonstrationen nachzuweisen. Um eine breite Marktakzeptanz zu erreichen, muss man seine professionelle Arbeit zur Zuverlässigkeit mit etwas Glamour und Öffentlichkeitsarbeit kombinieren." Mehr als Glamour Das mag so sein, aber Stella war definitiv nicht nur schöner Schein. Die Hauptschwerpunkte des Projekts lagen auf praktischen und wichtigen Anwendungen in der Medizin- und Automobiltechnik. In diesen Bereichen wurden die entwickelten Technologien tatsächlich eingesetzt, um die aktuellen Herausforderungen anzugehen. Ein patentiertes Pflaster der Firma Urgo nutzt Stellas SCB, um den Druck von Kompressionsverbänden zu prüfen, denn nur mit dem richtigen Druck erhält man die bestmögliche schmerzlindernde und heilende Wirkung, insbesondere bei chronischen Fällen und zur Verhinderung von venösen und lymphatischen Erkrankungen. Dank des flexiblen und komfortablen Designs passt sich das Urgo-Pflaster dem Verband perfekt an und kann den ausgeübten Druck überwachen. Diese bahnbrechende Entwicklung verfügt über ein großes kommerzielles Potenzial und wird derzeit intern im Hinblick auf ähnliche Produkte bewertet. Auch der Industriepartner Philips Applied Technologies konnte die SCB-Technologie für einen guten Zweck nutzen. Gemeinsam mit der TU-Berlin und Quality Products Int (QPI) wurde eine dehnbare Weste zur Überwachung der Körperaktivität entwickelt, die mithilfe eines verstellbaren Velcro®-Riemens leicht angepasst werden kann. In den Bereichen Sport, Gesundheit und Wellness gibt es einen potenziell großen Markt für das Produkt. "Die Kombination von Sensoren mit einem körpernahen Funknetzwerk (Body Area Network), eingebettet in dehnbare Soft-Touch-Materialien, bietet vielfältige Möglichkeiten für die Überwachung und für Frühwarnsysteme/Detektoren mit verbessertem Tragekomfort", bemerken die Projektpartner zu dieser neuen Entwicklung. Stella hat sich auch in neue Bereiche des Gesundheitswesens mit einem winzigen Gerät für Einlegesohlen vorgewagt, dass der in Europa stetig wachsenden Zahl der Diabetiker zugutekommen soll. Ein unkontrollierter Diabetes kann zu Nervenschäden und Durchblutungsstörungen führen, durch die der Patient sein Empfinden für Hitze, Kälte oder Schmerz verlieren kann. Oftmals sind auch die Muskeln im Fußbereich betroffen, was zu Gehbehinderung, Geschwüren sowie Gangränen führen kann und eventuell eine Amputation erforderlich macht - in Europa werden noch rund 40.000 Fußamputationen pro Jahr durchgeführt. Die Freudenberg Forschungsdienste und der Gummispezialist nora systems GmbH, beides Stella-Partner, entwickelten einen Drei-Punkt-Drucksensor, der unauffällig in den Schuh passt. Da Diabetiker das Auftreten von Fußproblemen oder -schmerzen nicht fühlen können, erkennt die Einlegesohle mit der Stella-Technik für sie die kleinsten Veränderungen, sogar die Abnutzung der Einlegesohle selbst. Tests haben außerdem gezeigt, dass die Druckbelastung und der Schweiß in den Schuhen den SCB nichts anhaben kann. Auch Babys und Autos Stella-Forscher von IMEC und Verhaert befassten sich außerdem mit der Gesundheit von Säuglingen. Mithilfe eines Atmungsmonitors in einem leichten Stoff, der an Schlafanzügen befestigt werden kann, können die Brust- und Bauchbewegungen von Babys viel besser gemessen werden als mit der bisher eingesetzten Technik. Die integrierten Sensoren mit der SCB-Technologie von Stella dürften billiger, robuster und empfindlicher für die Atemmuster von Säuglingen (Aufzeichnung der Brust/Bauch-Dehnung) sein als die Technologie, die bisher den neusten Stand der Technik darstellte. Auch für den riesigen Markt im Bereich für intelligente Fahrzeugtechnologien bietet Stella vielfältige Möglichkeiten. Dafür soll demonstriert werden, dass die Herstellung biegsamer elektronischer Schaltungen möglich ist, die den wachsenden Bedarf der Automobilhersteller für leichte, energieeffiziente "eingebettete Flächenheizungen" erfüllen können. Das Team arbeitete an zweidimensionalen (2D), dehnbaren Polymer-Leiterplatten (stretchable polymer circuit boards, SPB), die dann in dreidimensionale (3D) Formen gebracht werden - bei diesem Vorgang können herkömmliche Leiterplatten leicht zu Bruch gehen. Diese passen dann gut in, auf oder unter diverse Autobauteile. Mit dieser Proof-of-concept-Studie konnten die Forscher zeigen, dass ihre 3D-Schaltungen sich für die Innenbeleuchtung in Fahrzeugen eignete, zum Beispiel als weißes Licht emittierende Dioden (LED) für Leselampen und eine blaue Version als Alarmsignal. Die von ihnen entwickelte Technologie bestand strenge Prüfungen, mit denen die realen Bedingungen im Fahrzeug simuliert wurden. "Die Herstellung von 3D-förmigen Schaltungen mithilfe etablierter Verfahren zur Fertigung flacher 2D-Platinen ist für viele Anwendungen attraktiv, nicht nur bei Autos", erklärt Dr. Klatt. "Anfragen vom Markt lassen uns hoffen, dass SPB-Technologie in einer Vielzahl von marktfähigen Produkten Verwendung finden wird." Spin-off und Nachbereitung Überzeugt von dem großen Marktpotenzial haben mehrere Teammitglieder vom Fraunhofer IZM ein Spin-off-Unternehmen mit dem Namen Stretchable Circuits gegründet, um "innovative Produktkonzepte mithilfe dehnbarer Elektronik in Textilien zu realisieren". Mehrere Stella-Partner werden sich auch an einem Nachfolgeprojekt mit dem Namen PLACE-IT (Platform for large area conformable electronics by integration) beteiligen, in dem es um die Einrichtung einer Industrieplattform für dünne, leichte und flexible Optoelektronik für verschiedene Produktdesigns und körpernahe Anwendungen gehen soll. Stellen Sie sich eine Lampe vor, die sich beliebig formen oder sogar mit der Umgebung vermischen lässt, oder leuchtende Vorhänge, die das Tageslicht nachahmen. Diese Beleuchtungsarten mit energieeffizienten und organischen LEDs könnten dank der von europäischen Forschern entwickelten Technologien flexibler Substrate vielleicht schon bald möglich sein. "Das ist eine Erfolgsgeschichte, auf die wir stolz sein können", betont Dr. Klatt. "Die Demonstrationsobjekte sind fertig und am Horizont sind bereits erste Produkte zu sehen." Das "Integrierte Projekt" Stella erhielt 7 Mio. EUR an EU-Mitteln aus dem Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten Forschungsrahmenprogramms. Das Projekt endete zwar im Jahr 2010, aber die Partner verbreiten ihre Ergebnisse weiterhin auf Veranstaltung wie dem Flex-Stretch-Workshop III, der im November 2011 stattfinden soll.