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Projekt-Erfolgsstorys - Nano-Medikamente gegen Krebs

Europäische Forscher berichten über vielversprechende vorläufige Ergebnisse in der verbesserten Krebstherapie mit krebsaufspürenden Nanoteilchen. Das neue Wirkstofftransportsystem verspricht eine sicherere, wirksamere Tumorbehandlung mittels photodynamischer Therapie (PDT).

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Die photodynamische Therapie bietet eine effektive Behandlung für viele Krebsarten: Hier wirkt eine Kombination aus Photosensibilisator, Rotlicht und in Krebszellen und im Gewebe vorhandenem Sauerstoff. Der Photosensibilisator ist eine chemische Substanz, die durch Licht aktiviert werden kann. Einmal angeregt, reagiert die Chemikalie mit Sauerstoff und verursacht in diesem Zustand den Tod der Tumorzellen, in denen sich der Photosensibilisator ansammelt. Die PDT ist bereits eine wirksame Behandlung - kann aber weiter verbessert werden. Derzeit beeinträchtigt die Gabe der fotosensibilisierenden Wirkstoffe das gesunde Gewebe des Patienten ebenso wie die tumorerkrankten Bereiche. Die Ärzte müssen eine hohe Dosis des Arzneimittels einsetzen, um den Tumor gut unter Kontrolle zu bekommen - was die Behandlung aber verteuert. Eine hohe Dosierung führt auch zu stärkeren Nebenwirkungen, mehr Komplikationen und längeren Krankenhausaufenthalten. Das EU-finanzierte Projekt Nanophoto ist eine Initiative zur gezielten Entwicklung von Nanosystemen zur Verbesserung der photodynamischen Therapie und Diagnose von Krebs. Das kreative Forscherteam arbeitet an einem Nanoteilchen-Wirkstofftransportsystem, das sich wie ein winziger krebsaufspürender Marschflugkörper verhält, sich an den Tumor anheftet und dann die Wirkstoffladung an genau der richtigen Stelle verabreicht. "Hauptziel sollte die Entwicklung eines biokompatiblen Nanosystems sein, das auf seiner Oberfläche mit einem Agens - etwa Liganden oder Antikörpern - bedeckt ist, die Krebszellen auf selektive Weise erkennen können", erklärt Dr. Elena Reddi, Koordinatorin des Nanophoto-Projekts. Hat der Wirkstoff die angezielte Krebszelle erreicht, läuft die PDT im Weiteren ganz normal ab. Photo-Stimulation aktiviert die Wirkstoffe, die den Krebs angreifen. Da die Wirkstoffbereitstellung zielgerichteter erfolgt, kann eine viel kleinere Dosis eingesetzt werden. Somit entstehen geringere Kosten: zum einen, da weniger Arzneimittel verbraucht werden, und zum anderen gibt es auch weniger Nebenwirkungen und die Patienten müssen nicht so lange im Krankenhaus bleiben. Vielversprechende Aussichten, für deren Realisierung allerdings noch Herausforderungen zu meistern sind; hauptsächlich, was die Biokompatibilität der Nanoteilchen und das Risiko angeht, dass das Immunsystem des Blutes die Teilchen angreift, noch bevor sie ihr Ziel erreichen können. So wurde im Rahmen des Nanophoto-Projekts ein überaus zielgerichteter Forschungsplan entwickelt, um drei Erfolg verheißende Nanoteilchen-Kandidaten, und zwar Liposomen, organisch modifizierte Kieselsäure (Ormosil) und Poly-(Lactid-co-glycoloid)-Kopolymer bzw. PLGA, zu charakterisieren und testen. Diese potenziellen Transportsysteme führen im Nanophoto-Projekt den Wirkstoff mTHPC (Meta-tetrahydroxyphenylchlor) mit sich, der unter den Bezeichnungen Foscan und Temoporfin vermarktet wird. Dieses Medikament ist ein von Nanophoto zur Validierung des Konzepts ausgewählter Photosensibilisator. Das fertige System kann dann an eine große Vielzahl therapeutischer und diagnostischer Drogen angepasst werden. Das Konzept ist genial und könnte den Weg für den gezielten Transport einer breiten Palette von Wirkstoffen sowie zur Behandlung vieler Erkrankungen bereiten: auch wenn es eine schwierige technische Herausforderung ist. Die bisherigen Fortschritte können sich allerdings sehen lassen. Bereits in der ersten Hälfte des auf drei Jahre angelegten Projekts konnte das Nanophoto-Team beachtliche Erfolge einfahren. "Wir haben schon einige Nanoteilchen-Träger (nano-carrier) identifiziert, die eine mindestens dreifach gesteigerte Wirkstoffanreicherung im Tumor im Vergleich zu den Standard-Formulierung erzeugen konnten, die derzeit bei der klinischen PDT eingesetzt werden", erläutert Dr. Reddi. Listige Teilchen Diese Carrier sorgen für eine dramatisch wirksamere anschließende PDT-Behandlung, da die pharmakokinetischen oder aktiven Eigenschaften von mTHPC deutlich verbessert werden, wenn es von Nanoteilchen-Trägern verabreicht wird. Das Medikament übertrifft sozusagen alle Erwartungen, wenn es denn mithilfe des Nanophoto-Systems transportiert wird. Ferner verriet Dr. Reddi, dass die Ergebnisse auf erhebliche Chancen bei der Reduzierung von Nebenwirkungen wie etwa der Lichtempfindlichkeit der Haut bei mit PDT behandelten Patienten hoffen lassen. Die Stabilität ist ein wesentliches Merkmal bei intravenös eingesetzten Wirkstoff-Nanoteilchen, da eine längere Zirkulation im Blutkreislauf unbedingt notwendig ist, um zu sichern, dass die Tumoren ausreichend den erforderlichen Medikamenten ausgesetzt sind. Zu diesem Zweck arbeitete Nanophoto auf die Entwicklung sogenannte "PEGylierter" Nanoteilchen hin, was laut Dr. Reddi den bisher wichtigsten Durchbruch des Projekts darstellt. Hierbei handelt es sich schlicht um die Beschichtung der Träger mit Polyethylenglykol (PEG), eine außerordentlich nützliche chemische Formulierung, deren primäre Neuheit darin besteht, dass nicht vom Immunsystem erkannt wird. So kann man bei Nanophoto mit Tarnkappen versehene Teilchen erschaffen. "PEGylierte Nano-Carrier mit Tarnkappeneigenschaften, die für eine neue mTHPC-Formulierung verwendbar sind, werden zu einer wesentlichen Verbesserung der klinischen PDT-Behandlung beitragen", betont Dr. Reddi. Das Team entdeckte sogar einen direkten Zusammenhang zwischen der Dichte der PEG-Ketten auf der Nanopartikeloberfläche und dem Erfolg beim Unterdrücken der Immunantwort. Beim Forschen begegnete man allerdings auch unerwarteten Herausforderungen. Waren die Nanoteilchen Blutserum, insbesondere Ormosil, ausgesetzt, kam es zu Undichtigkeiten. Zur Verhinderung dieser Leckage verband das Team den Wirkstoff mTHPC mithilfe kovalenter molekularer Bindungen mit dem Nanoteilchen. Die Substanz behielt so die Fähigkeit, Sauerstoff in Krebszellen anzuregen. In den ersten 18 Monaten konnte das Konsortium demonstrieren, dass die drei Nanoteilchen den Wirkstoff transportieren können, die PEGylierung die Biokompatibilität verbessert und die Tumoren dreimal mehr Wirkstoff als bei der üblichen Verabreichung aufnehmen. Wenn das nicht nach Erfolg klingt: Die Kliniker könnten also die Arzneimitteldosen um zwei Drittel reduzieren und dennoch mit der PDT den gleichen therapeutischen Nutzen erzielen. Nanophoto ist ein translationales Forschungsprojekt, was heißt, dass der Ergebnisse der Grundlagenforschung auf klinische Anwendungen zu übertragen sind: raus aus dem Labor in die reale Welt; von der Petrischale hin zum Patienten. Nanophoto vereint Wissenschaftler und Kliniker eines großen Spektrums von Disziplinen sowie Handelspartner in der Arbeit an synthetischen und zellulären Assays bis hin zu vorklinischen Tierversuchen. Das Projekt konnte in kurzer Zeit eine ganze Reihe von Erfolgen verzeichnen. Das aus fünf Partnern bestehende Konsortium hat bereits Dutzende Zeitschriften- und Konferenzbeiträge veröffentlicht und es wird seine Arbeit bis Mitte 2011 fortsetzen, sodass das Team die verbleibenden Herausforderungen bewältigen kann. "Jetzt stehen wir der enormen Herausforderung gegenüber, diesen Nanosystemen die Fähigkeit zu verleihen, den Wirkstoff noch gezielter in die Krebsgewebe einzubringen, indem ein aktiver Zielmechanismus ausgenutzt wird. Dies erreichen wir durch das Bedecken der Nano-Carrier mit Molekülen, die Krebszellen aufspüren können, sich an diese binden und dann die Wirkstoffladung in sie einbringen", so die Koordinatorin des Projekts. Das Nanophoto-Projekt erhielt Finanzmittel aus dem Gesundheitsprogramm des Siebten Rahmenprogramms (RP7) für Forschung.